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Exantheme im Kindesalter

Letzte Aktualisierung: 19.10.2021

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Exantheme sind im Kindesalter häufig und stellen ein differenzialdiagnostisches Problem dar. Das Erkennen und Einordnen von Exanthemerkrankungen im Kindesalter ist wichtig zur Abgrenzung lebensbedrohlicher Erkrankungen und zur Einleitung prophylaktischer Maßnahmen.

Inkubationszeit und Kontagiosität Exanthem Prodromi Begleiterscheinungen
Auftreten eher im Winter/Frühling

Masern

(Morbilli-Virus)

  • Tiefrotes makulopapulöses, großfleckiges, teils konfluierendes Exanthem
    • Beginn im Gesicht und/oder retroaurikulär
    • Ausdehnung von dort über den ganzen Körper (kraniokaudal)
    • Abblassen des Exanthems nach 4–5 Tagen, teils mit "kleieförmiger" Schuppung
  • Juckreiz möglich
  • Ab Exanthemstadium (nach 3–7 Tagen)
  • Zweigipfliges Fieber: Kurzzeitige Entfieberung zwischen Prodromalstadium und Exanthemstadium

Scharlach

(Exotoxin β-hämolysierender A-Streptokokken)

  • Initial blassrotes makulopapulöses, feinfleckiges Exanthem
    • Ausbreitung auf Kopf-Hals-Bereich, Stamm und Extremitäten
    • Nach 1–2 Tagen scharlachrote Verfärbung und Konfluieren des Exanthems
    • Deutlichste Ausprägung in der Leiste und in den anderen Gelenkbeugen
    • Pastia-Linien (Lineare Petechien oder intensivrote Exanthemareale im Achsel- und Leistenbereich) [1]
    • Kleieförmige Schuppung der Haut in der 2.-4. Erkrankungswoche
  • I.d.R. kein Juckreiz

Röteln

(Rubella-Virus)

  • Hellrotes makulopapulöses Exanthem, mittelgroß (25–50% asymptomatisch) , eher nicht konfluierend
    • Beginn im Gesicht und/oder retroaurikulär
    • Ausdehnung von dort über den ganzen Körper (kraniokaudal)
    • Flüchtig, Rückbildung meist innerhalb von 3 Tagen!
  • I.d.R. kein Juckreiz
  • Geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes
  • Mäßiges Fieber
  • Grippesymptome
  • Nuchale und retroaurikuläre Lymphadenopathie
  • Insb. junge Frauen entwickeln oft eine Polyarthralgie oder Polyarthritis

Ringelröteln, Erythema infectiosum

(Parvovirus B19)

  • Exanthem nur in 15–20% (häufig asymptomatische Infektion)
    • Initial Wangenrötung („slapped cheek“)
    • 1–3 Tage später makulopapulöses, zunächst konfluierendes Exanthem, im Verlauf girlanden- oder netzartig auf proximalen Extremitätenstreckseiten und am Stamm
    • Abblassen des Exanthems nach ca. 5–8 Tagen, Rekurrieren über Monate möglich
  • Milder Juckreiz (15–70%)
  • Nach 1 Woche beschwerdefreiem Intervall Exanthemstadium mit
Auftreten eher im Frühling/Herbst

Exanthema subitum

(HHV6, HHV7)

  • Blassrotes makulöses, feinfleckiges Exanthem
    • Stammbetont, oft im Nacken
    • Oft nur wenige Stunden bis max. 3 Tage zu sehen
  • I.d.R. kein Juckreiz

Ätiologie Exanthem Charakteristika

Handschuh-Socken-Syndrom

(Papular purpuric gloves and socks syndrome)

  • Tiefrotes makulöses bis papulöses Exanthem
    • Initial 2–4 mm große, isoliert stehende Makulae, scharf begrenzt
    • Im Verlauf ödematöses Erythem
    • Vereinzelt Papeln und Petechien
    • Akral betont (auch palmoplantar)
    • Selten am Stamm
  • Starker Juckreiz und Brennen palmoplantar

Infektiöse Mononukleose

(Pfeiffersches Drüsenfieber, „kissing disease“)

  • Morbilliformes (großfleckig makulöses konfluierendes) Exanthem (10%)
    • Auftreten im Gesicht, am Stamm und an den Extremitäten (um den 5. Krankheitstag)
    • Seltener urtikarielle, hämorrhagische, Gianotti-Crosti- oder EEM-artige Exantheme
  • Starker Juckreiz

Gianotti-Crosti-Syndrom

(Acrodermatitis papulosa eruptiva infantilis)

  • Tiefrotes papulöses oder papulovesikuläres konfluierendes Exanthem
    • Prädilektionsstellen: Wangen, gluteal, palmoplantar, Extremitäten, Aussparung des Stamms
  • Juckreiz
Exantheme durch Enteroviren
  • Sehr variable Morphe
    • Meist Beginn makulös oder makulopapulös
    • Im Verlauf urtikariell, vesikulös, hämorrhagisch oder pustulös
  • Juckreiz möglich
  • Auftreten: Perennial
  • Prodromi: Abgeschlagenheit, Fieber und Erkältungssymptome möglich
  • Begleiterscheinungen: Grippale Symptome
Hand-Fuß-Mund-Erkrankung
  • Vesikuläres Exanthem (ovaläre gräuliche Bläschen auf gerötetem Grund)
    • Prädilektionsstellen: Akral (insb. palmoplantar), perioral, Schleimhaut von Lippe, Zunge, Wange
  • I.d.R. kein Juckreiz, Brennen möglich
  • Auftreten: Sommer/Herbst
  • Prodromi: Fieber möglich
  • Begleiterscheinungen:Gutes Allgemeinbefinden, Fieber möglich

Windpocken

  • Primäreffloreszenz: Vesikel auf gerötetem Grund („Tautropfen auf einem Rosenblatt“)
  • Im Verlauf Eintrüben des Blaseninhaltes und krustenschorfbedeckte Erosionen,
    bei Kindern mit Thrombozytopenien ist ein hämorrhagisches Exanthem typisch
  • Heubner'sche-Sternkarte“: polymorphes Bild
  • Beginn Haargrenze, typischerweise Beteiligung von behaartem Kopf und Mundschleimhaut
  • Kraniokaudale Ausbreitung
  • Starker Juckreiz
  • Auftreten: Winter/Frühling
  • Prodromi: Abgeschlagenheit und leichtes Fieber
  • Begleiterscheinungen: Gutes Allgemeinbefinden, leichtes Fieber
Ätiologie Exanthem Charakteristika
Ampicillin-Exanthem
  • Morbilliformes (fleckig makulöses konfluierendes) Exanthem
    • Beginn am Stamm, von dort Generalisierung
    • Meist 1–2 Tage nach Beginn der Antibiotikatherapie
    • Oft im Zusammenhang mit EBV-Infektion
  • Starker Juckreiz
  • Auftreten: Perennial
  • Prodromi: Keine
  • Weitere Charakteristika
    • Diagnosestellung eindeutig: Anamnese und Klinik
    • Pathogenese unklar
Neugeborenen-Exanthem
  • Ca. 2 cm durchmessende Erytheme mit mittig stecknadelkopfgroßen Papeln oder Pusteln (Follikulitis)
    • Generalisiertes Auftreten, Aussparung palmoplantar
    • Spontane Abheilung nach 2–3 Tagen bis Wochen
  • I.d.R. kein Juckreiz
  • Auftreten: Perennial
  • Prodromi: Keine
  • Weitere Charakteristika

Unilaterales laterothorakales Exanthem

(Asymmetrisches periflexurales Exanthem)

  • Wahrscheinlich Viren/postinfektiös
  • Blassrote kleinfleckige Makulae bis flache Papulae
    • Beginn axillär, seltener inguinal, zentrifugale Ausbreitung, unilateral betont
    • In der 2. Woche häufig Seitenüberschreitung
    • Spontane Abheilung innerhalb von 4 Wochen
  • Milder Juckreiz
  • Auftreten: Frühling
  • Prodromi: Infekt der oberen Luftwege (30%)
  • Weitere Charakteristika

Kawasaki-Syndrom

(Mukoku-
tanes Lymphkno-
tensyndrom)

Streptogenes toxisches Schocksyndrom

(Streptogenes TSS)

Staphylococcal scalded skin syndrome

(SSSS)

  • Scarlatiniformes Exanthem (Erythrodermie, wie verbrühte Haut)
    • Häufig Betonung der mechanisch belasteten Hautstellen
    • Im Verlauf große, schlaffe, sterile Blasen
    • Großflächige Ablösung der Epidermis
  • I.d.R. kein Juckreiz

Toxisches Schocksyndrom

(TSS)

  • Generalisiertes blassrotes, makulöses Exanthem, beugenbetont, bis zur Erythrodermie
    • Akrale Rötung und Schwellung, nach 1–3 Wochen Desquamation
  • I.d.R. kein Juckreiz

  • Siehe Kapitel zu den einzelnen Erkrankungen

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. White et al.: Levenes Farbatlas der Dermatologie. 5. Auflage Thieme 2004, ISBN: 3-131-39245-2 .
  2. Fölster-Holst: Exantheme im Kindesalter Teil I: Exantheme durch Viren In: Monatsschrift Kinderheilkunde . Band: 147, Nummer: 11, 1999, doi: 10.1007/s001120050538 . | Open in Read by QxMD .
  3. Fölster-Holst : Exantheme im Kindesalter Teil 2: Bakterien- und medikamenteninduzierte Exantheme, Exantheme nach Knochenmarktransplantation, Exantheme unklarer Ätiopathogenese In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 147, 1999, doi: 10.1007/s001120050553 . | Open in Read by QxMD p. 12.
  4. Altmeyer et al.: Enzyklopädie Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin. 2. Auflage Springer 2010, ISBN: 978-3-540-89542-8 .