Abstract
Weichteilinfektionen umfassen eine heterogene Gruppe von Krankheitsbildern, von denen im Folgenden eine begrenzte Auswahl näher dargestellt wird. Klinisch äußern sie sich meist lokal durch Schmerzen, Rötung und Überwärmung; als Komplikation ist eine systemische Ausbreitung mit Fieber und Krankheitsgefühl bis hin zur Sepsis möglich. Infektionen im Bereich der Haut werden meist durch Staphylokokken verursacht, gelegentlich auch durch Streptokokken oder seltene Keime.
Therapeutisch sind bei lokal begrenzten Infektionen meist topische Maßnahmen ausreichend, bei schweren Befunden oder systemischer Beteiligung ist hingegen häufig eine systemische Antibiotikatherapie notwendig. Diffuse, nicht abszedierende Infektionen werden in der Regel konservativ behandelt. Bei abszedierenden, eitrigen oder abgekapselten Prozessen ist allerdings eine chirurgische Sanierung (z.B. Abszessentlastung, Wunddébridement) indiziert.
Allgemein
- Kardinalzeichen einer Entzündung
- Rubor = Rötung
- Calor = Überwärmung
- Tumor = Schwellung/Ödem
- Dolor = Schmerz
- Functio laesa = eingeschränkte Funktion
- Risikofaktoren zur Ausbildung von lokalen Infektionen: Immunschwäche, Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen, Stase
- Komplikationen
- Therapie
- Diffuse Entzündungen: Meist konservativ
- Lokalisierte, abgekapselte, eitrige Entzündungen: Chirurgische Versorgung
„Ubi pus, ibi evacua“ – „Wo Eiter ist, dort entleere ihn“ (alter ärztlicher Lehrspruch)!
Empyem
Definition
- Empyem: Eiteransammlung innerhalb eines schon bestehenden Hohlraums (bspw. Pleuraempyem, Gelenkempyem, Gallenblasenempyem)
Ätiologie
- Erreger: Je nach Lokalisation, z.B. Staphylococcus aureus, E. coli, Streptococcus pneumoniae
- Pathogenese: Bakterielle Infektion → hämatogene, lymphogene oder direkte Aussaat (z.B. als Komplikation einer Pleuritis, Pneumonie oder iatrogen nach z.B. Thorakotomie, Pleurapunktion oder Arthroskopie)
Klinik
- Reduzierter Allgemeinzustand
- Fieber
- Lymphknotenschwellung
- Ggf. Schmerzen und Functio laesa
Therapie
Pleuraempyem
- Chirurgische Sanierung
- Thoraxdrainage oder
- Thorakoskopie und Ausräumung der Empyemhöhle mit Resektion und Dekortikation
- Systemische Antibiotikatherapie, bspw. Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor wie Ampicillin/Sulbactam
- Für weitere Informationen siehe auch: Pleuraempyem
Gelenkempyem
- Notfallmäßige operative Sanierung (inkl. Materialgewinnung zur mikrobiologischen Diagnostik) mit Säuberung und Drainage
- Zusätzliche systemische kalkulierte Antibiotikatherapie mit
-
Cephalosporin, bspw. Cefazolin i.v.
- Plus Aminoglykosid, bspw. Gentamicin i.v.
- Oder Clindamycin i.v.
- Die intravenöse Therapie sollte für etwa vier Tage erfolgen und dann oralisiert werden. Anwendungszeitraum: 4–6 Wochen.
- Ggf. Umstellung der Antibiotika nach Resistogramm.
-
Cephalosporin, bspw. Cefazolin i.v.
Gallenblasenempyem
- Cholezystektomie
- Ggf. CT-gestützte Punktion und Drainage
- Zusätzliche systemische Antibiotikatherapie
- Ceftriaxon (ggf. Anpassung nach Resistogramm)
Phlegmone
Definition
- Phlegmone: Tiefe, bis zur Faszie oder Muskulatur reichende, diffuse, nicht-abszedierende, eitrige Infektion (chirurgische Versorgung i.d.R. notwendig)
- Cellulitis: Synonym der Phlegmone im englischen Sprachgebrauch
- Begrenzte Phlegmone: Begrenzte Infektion von Dermis und Subkutis, i.d.R. durch S. aureus (meist ohne notwendige chirurgische Versorgung)
Ätiologie
- Erreger
- Meist Staphylococcus aureus und/oder hämolysierende Streptokokken der Gruppe A
- Seltener: Gramnegative Bakterien, Anaerobier, B-Streptokokken [1]
- Mischinfektionen häufig
- Pathogenese: Durch Eintrittspforten (bspw. Bagatellverletzungen oder Ulzera) breiten sich Bakterien im Bindegewebe aus und bewirken eine Entzündung
Klinik
- Unscharf begrenzte, teigige, flächige, progredient dolente Rötung und Überwärmung mit Ödem
- Bei der Phlegmone zusätzlich: Eiter
- Ggf. Ulkus oder Wunde im Sinne einer Eintrittspforte
- Keine oder geringe Allgemeinsymptome bei der begrenzten Phlegmone, ausgeprägte Allgemeinsymptome bei der Phlegmone
- Sonderform V-Phlegmone: Entzündung der Sehnenscheiden des Daumens und des Kleinfingers
Diagnostik
- Klinik
- Abstrich aus dem Rand der Phlegmone, mit mikrobieller Kultur und Resistogramm
- Sonografie zur Beurteilung der Ausbreitung
- Bei Phlegmone zusätzlich
- Laborchemische Untersuchung: erhöhte Entzündungswerte
- Blutkulturen
- Biopsie zur Erregerdifferenzierung (z.B. im Rahmen des Débridements)
Differenzialdiagnosen
Therapie [2]
- Begrenzte Phlegmone: Systemische Antibiotikatherapie
- Leichte bis mittelschwere Infektion[2]
- Clindamycin i.v.
- Im Verlauf Oralisierung auf Clindamycin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Clindamycin (pädiatrisch)
- Mittelschwere bis schwere Infektion bzw. Lokalisation im Hand- oder Gesichtsbereich [2]
- Isoxazolyl-Penicillin, z.B. Flucloxacillin i.v.
- Im Verlauf Oralisierung auf Flucloxacillin
- oder Cephalosporine der 2. Generation, z.B. Cefuroxim i.v.
- Im Verlauf Oralisierung auf Cefuroxim
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefuroxim (pädiatrisch)
- oder Cefazolin i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefazolin (pädiatrisch)
- Isoxazolyl-Penicillin, z.B. Flucloxacillin i.v.
- Leichte bis mittelschwere Infektion[2]
- Phlegmone
- Systemische Antibiotikatherapie: Substanzen und Dosierung wie bei begrenzter Phlegmone – mittelschwere bis schwere Infektion
- und chirurgische Sanierung: Débridement, ggf. Entfernen von Fremdkörpern
Follikulitis, Furunkel und Karbunkel
Definitionen
- Follikuläre Pyodermien
- Oberflächliche Follikulitis: Auf Haarfollikelausgang begrenzte Infektion
- Follikulitis/Perifollikulitis: In den Haarfollikel eindringende Infektion, ggf. mit begleitender Inflammation (Perifollikulitis)
- Furunkel: Ausbreitung der Entzündung auf den ganzen Follikel mit zentraler Einschmelzung
- Karbunkel: Konfluierende Furunkel
Epidemiologie
Ätiologie
- Erreger
- Meist Staphylococcus aureus
- Seltener Streptokokken, gramnegative Erreger, Pilze
- Risikofaktoren
- Feuchtwarme Klimazonen
- Okklusion
- Atopisches Ekzem, Hautläsionen
- Mangelernährung
- Diabetes mellitus
- Schlechte Hygiene (Schmierinfektionen)
Klinik
- Oberflächliche Follikulitis: Follikuläre Pusteln
- Follikulitis/Perifollikulitis: Follikuläre Pusteln mit umgebendem Erythem, einzeln oder multipel, insb. im Bart- und Kopfhaarbereich (superficial und profund möglich)
- Gramnegative Follikulitis: Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, charakterisiert durch Entzündungen des Haarfollikels und den Nachweis von gramnegativen Bakterien [3]
- Komplikation nach z.B. Epilation
- Komplikation nach langfristiger Antibiotikatherapie bei Acne vulgaris oder Rosazea
- Oft chronischer Verlauf
- Häufigste Erreger: Enterobacteriaceae, Pseudomonas aeruginosa, Proteus spp.
-
Furunkel/Karbunkel: Knallharter Nodus (ca. 0,5–2 cm), im Verlauf fluktuierend und zentral nekrotisierend, spontane Eiterentleerung, Allgemeinsymptome möglich, narbige Abheilung, insb. fazial, nuchal, axillär, anogenital und im Bereich der Oberschenkel
- Gesichtsfurunkel (insb. Furunkel/Karbunkel der Zentrofazialregion)
- Aufgrund der topografischen Nähe zur Augen- und Hirnregion besteht ein erhöhtes Komplikationsrisiko, weshalb immer eine i.v. antibiotische Therapie erforderlich ist!
- Komplikationen: Orbitalphlegmone, Meningitis, Sinus-cavernosus-Thrombose
- Gesichtsfurunkel (insb. Furunkel/Karbunkel der Zentrofazialregion)
Diagnostik
- Klinische Diagnose (Blickdiagnose)
- Ggf. Abstrich mit Kultur und Antibiogramm
- Blutkulturen bei Sepsisverdacht
- Diagnostik bez. Panton-Valentin-Leukozidin: Im Falle rezidivierender, sich schnell ausbreitender bzw. schwer verlaufender Furunkulose bei ansonsten gesunden Personen.
Differenzialdiagnosen
- Ecthyma simplex
- Superinfektion kleiner Verletzungen (z.B. Insektenstiche) meist durch β-hämolysierende Streptokokken
- Es zeigen sich münzgroße, scharf begrenzte und oberflächliche Ulzera, die wie ausgestanzt wirken und narbig abheilen. Betroffen sind insb. die Unterschenkel von Kindern. [1]
- Acne vulgaris
- Rosazea
- Nichtinfektiöse Follikulitiden (bspw. arzneimitteltoxisch)
Therapie [2]
- Allgemeine Maßnahmen
- Ruhigstellung, Vermeidung unnötiger Manipulation
- Ggf. lokale Kühlung
- Therapie prädisponierender Faktoren (Risikofaktoren)
- Hygienemaßnahmen zur Prävention von Schmierinfektionen (für MRSA-Infektion siehe auch: Hygiene-Aspekte bei MRSA)
- Medikamentöse Therapie der follikulären Pyodermien
- Topische Antiseptika (bspw. Polyhexanid, Polyvidon, Octenidin oder Chlorhexidin)
- Ggf. Bäder oder Umschläge mit synthetischem Gerbstoff
- Indikation: Disseminierte Infektion
- Synthetischer Gerbstoff
- Ggf. topische Zugsalbe
- Ggf. topische Antibiotika
- Indikation: Ausgeprägte Follikulitis
- Z.B. Fusidinsäure
- Ggf. systemische Antibiotika
- Indikation: Furunkel/Karbunkel mit starker Rötung bzw. Induration der Umgebung, faziale bzw. zervikale Lokalisationen, starke Ausbreitung von Follikulitiden, Immunsuppression, Sepsis
- Mittel der 1. Wahl: Cephalosporine der 1. Generation i.v. [2]
- Initial Cefazolin i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefazolin (pädiatrisch)
- Im Verlauf Oralisierung auf Cefalexin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefalexin (pädiatrisch)
- Initial Cefazolin i.v.
- Bei Penicillinallergie : Clindamycin i.v. [2]
- Im Verlauf Oralisierung auf Clindamycin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Clindamycin (pädiatrisch)
- Bei Streptokokkeninfektion
- Penicillin G
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Penicillin G (pädiatrisch)
- Im Verlauf Oralisierung auf Penicillin V
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Penicillin V (pädiatrisch)
- oder Erythromycin i.v.
- Im Verlauf Oralisierung auf Erythromycin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Erythromycin (pädiatrisch)
- Penicillin G
- Ggf. Therapieumstellung oder Erweiterung nach Resistogramm
- Ggf. systemische Retinoide [3]
- Indikation: Gramnegative Follikulitis nach langfristiger Antibiotikatherapie bei Acne vulgaris oder Rosazea (Therapie der 1. Wahl)
- Isotretinoin (Off-Label Use)
- Ggf. Abszessspaltung
- Indikation: Fluktuierender Abszess
Bei ausgeprägten Befunden oder Furunkeln/Karbunkeln, insb. im Gesicht, ist immer eine intravenöse Antibiotikatherapie indiziert!
Abszess
Definition
- Abszess: Abgekapselte Gewebseinschmelzung und Eiteransammlung mit umgebender Abszessmembran (in nicht-präformierter Körperhöhle)
Erreger
- Meist Staphylococcus aureus
Klinik
- Rötung, Überwärmung, Druckschmerz, prallelastische Schwellung, ggf. fluktuierend, i.d.R. mit (noch) intakter Hautoberfläche
- Ggf. Allgemeinsymptome: Fieber, reduzierter Allgemeinzustand, Lymphknotenschwellung
Diagnostik
- Klinik (insb. bei kutanem Abszess)
- Sonografie
- Ggf. Abstrich des Eiters mit mikrobieller Kultur und Resistogramm
- Prüfung auf Panton-Valentin-Leukozidin bei rezidivierenden Abszessen ansonsten Gesunder
- Ggf. laborchemische Untersuchung: erhöhte Entzündungswerte bei systemischer Infektion
- Ggf. MRT oder CT mit Kontrastmittel (insb. bei tiefer gelegenen Abszessen): hypodense Raumforderung, randständige KM-Anreicherung
Therapie [2]
- Kutaner Abszess
- Chirurgische Intervention: Immer!
- Abszessspaltung, Spülung der Wunde mit Antiseptika wie Polyvidon oder Octenidin
- Ggf. Ausräumung der Abszesshöhle (z.B. beim Analabszess), ggf. Einlegen einer Drainage
- Ggf. zusätzlich: Systemische antibiotische Therapie bei Haut- und Weichteilabszess
- Indikation: Allgemeinsymptome, Abwehrschwäche, Lokalisation Gesicht, Genital- bzw. Analregion und/oder Hände
-
Cephalosporine der 1. Generation i.v. [2]
- Initial Cefazolin i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefazolin (pädiatrisch)
- Orale Gabe von Cefalexin
- Bei erfolgreicher Drainage und Fehlen von Allgemeinsymptomen auch als initiale Therapie ausreichend
- Als Sequenztherapie nach initialem Ansprechen auf eine i.v.-Therapie
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefalexin (pädiatrisch)
- Initial Cefazolin i.v.
- Bei Penicillinallergie und/oder tiefen Abszessen : Clindamycin i.v. [2]
- Im Verlauf Oralisierung auf Clindamycin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Clindamycin (pädiatrisch)
- Bei Streptokokkeninfektion
- Penicillin G
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Penicillin G (pädiatrisch)
- Im Verlauf Oralisierung auf Penicillin V
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Penicillin V (pädiatrisch)
- oder Erythromycin i.v.
- Im Verlauf Oralisierung auf Erythromycin
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Erythromycin (pädiatrisch)
- Im Verlauf Oralisierung auf Erythromycin
- Penicillin G
- Bei Abszessen mit gramnegativem Erregerspektrum: Insb. bei penetrierenden bzw. postoperativen Abszessen an Darm, Genitaltrakt, Perineum und Axilla zu erwarten
- Ggf. Therapieumstellung oder Erweiterung nach Resistogramm
- Chirurgische Intervention: Immer!
- Tiefer gelegener Abszess
- Systemische Antibiotika: Immer!
- Plus perkutane Punktion mit Drainage oder offene Ausräumung
Nekrotisierende Weichteilinfektionen
Definition
- Nekrotisierende Weichteilinfektionen: Nekrotisierende, tiefe Weichteilinfektion bis unter die Faszie mit fulminantem, lebensbedrohlichem Verlauf (innerhalb von Stunden) und dringender chirurgischer Interventionsnotwendigkeit
- Synonym: nSSTI (= necrotizing Skin and Soft Tissue Infections)
Ätiologie
- Erreger: β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A bei nekrotisierender Fasziitis
- Oftmals Mischinfektion (Anaerobier, gramnegative Bakterien, Staphylococcus aureus, Clostridien)
- Pathogenese: Toxin-vermittelte Mikrothromben mit Minderperfusion und Hypoxie → Nekrose
- Risikofaktoren
- pAVK
- Diabetes mellitus
- Adipositas
- Operationen, Trauma
Verlaufsformen
- Hauptform: Nekrotisierende Fasziitis bzw. Nekrotisierende Myositis, ggf. Gasgangrän
- Verlaufsformen bei speziellen Erregern
- Differenzialdiagnosen bzw. Komplikationen
Klassifikation der nekrotisierenden Fasziitis
- Nekrotisierende Fasziitis Typ I (80%)
- Mischinfektion mit ≥4 aeroben und anaeroben Bakterien
- Fournier-Gangrän ist meist Typ I
- Nekrotisierende Fasziitis Typ II
- Monoinfektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A und/oder (seltener) PVL-bildende S. aureus
- Bei 50% Auftreten des Toxic Shock Syndrome
- Nekrotisierende Fasziitis Typ III
- Wasserkontaminierte Wunden (nach Baden in Gewässern) bzw. nach Verzehr und Kontakt mit Meeresprodukten
- Erreger aus den Bakterienspezies Vibrio und Aeromonas
- Nekrotisierende Fasziitis Typ IV
- posttraumatisch verdreckte Wunden
- Beteiligung von Pilzen, insbesondere Zygomyceten
Klinik der nekrotisierenden Weichteilinfektionen
- Akuter Verlauf
- Ödem, insb. mit initial teigiger Schwellung und Rötung bei ausgeprägten Schmerzen (Hyperästhesie!)
- Ggf. bereits initial ausgeprägte harte Nekrosen palpabel (insb. bei der nekrotisierenden Fasziitis)
- Im Verlauf livide Verfärbung, schnell fortschreitende, ausgedehnte Nekrose der Subkutis mit Zerstörung von Faszien und Muskulatur
- Krepitationen (Hautknistern) bei Berührung möglich (bei Beteiligung von Anaerobiern)
- Fieber, Schüttelfrost, Bild einer Sepsis
- Gefahr der Verbrauchskoagulopathie
- Schock und Multiorganversagen möglich
- Prädilektionsstellen: Extremitäten , Gesicht, Genitale (Fournier-Gangrän )
Diagnostik der nekrotisierenden Weichteilinfektionen
- Klinik
- Labor: Typischerweise Leukozytose, CRP-Erhöhung
- Mikrobiologie
- Blutkulturen
- Gewebebiopsien mit Grampräparat und Bakterienkulturen
- Ggf. Bildgebung (CT oder MRT) zur Befundbestätigung
Therapie [2]
- Allgemeine Maßnahmen
- Immer intensivmedizinische Betreuung
- Volumentherapie wie bei Sepsis
- Radikales chirurgisches Débridement (schnellstmöglich)
- Initial explorative Inzision: Typische Merkmale
- Fauliger Geruch
- Mattgräuliche Faszie und spülwasserfarbene Sekretion
- Fehlende Blutung bei Dissektion der Faszie
- Komplettes Abtragen von nekrotischem Gewebe und nekrotischer Faszie
- Reinigung und Spülung der Wunde
- Häufig Nachresektion notwendig nach 24–36 h und dann täglich bis alle Nekrosen abgetragen sind (sog. „Redébridement“)
- Initial explorative Inzision: Typische Merkmale
- Systemische Antibiotikatherapie nekrotisierender Weichteilinfektionen (sofort) [2]
- Kalkulierte Therapie (ohne vorliegende Erregerdiagnostik): Kombinationstherapie
-
Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Piperacillin/Tazobactam (pädiatrisch)
- oder ein Carbapenem der Gruppe 1, z.B. Meropenem i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Meropenem (pädiatrisch)
- jeweils plus Kombinationspartner Clindamycin i.v.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Clindamycin (pädiatrisch)
-
Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Bei nachgewiesener Monoinfektion mit Streptococcus pyogenes : Gezielte Kombinationstherapie mit Penicillin G plus Clindamycin
- Bei Nachweis eines Gasbrandes (Clostridium perfringens): Antibiotische Therapie bei Gasbrand
- Bei Kontraindikation gegen Clindamycin bzw. Risikofaktoren für MRSA: Linezolid statt Clindamycin i.v.
- Ggf. resistenzgerechte Umstellung der Antibiotika
- Kalkulierte Therapie (ohne vorliegende Erregerdiagnostik): Kombinationstherapie
- Gabe von polyspezifischen Immunglobulinen: Eine Gabe in der Frühphase vor Nekrosenbildung soll einen günstigen Effekt auf den Verlauf haben [4]
- Bei schweren Verläufen mit Sepsis bzw. bei Auftreten eines toxischen Schocksyndroms als adjuvante Therapie empfohlen
Bei der nekrotisierenden Fasziitis handelt es sich um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild!
Bei der antibiotischen Therapie nekrotisierender Weichteilinfektionen ist Clindamycin ein bevorzugter Kombinationspartner – neben einer antibakteriellen Wirksamkeit hemmt es auch die Toxinproduktion der bakteriellen Erreger!
Prognose
- Letalität: 15–35%
- Bei Therapiebeginn ≤4 Tage nach Symptombeginn <10%
Eine frühzeitige Therapie ist lebensrettend!
Patienteninformationen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
L02.-: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel
- Inklusive: Eiterbeule, Furunkulose
- Exklusive: Anal- und Rektalregion (K61.‑), Männliche Genitalorgane (äußere) (N48.2, N49.‑), Weibliche Genitalorgane (äußere) (N76.4)
- L02.0: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel im Gesicht
- L02.1: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Hals
- L02.2: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Rumpf
- Bauchdecke, Brustwand, Damm, Leistenbeuge, Nabel, Rücken [jeder Teil, ausgenommen Gesäß]
- Exklusive: Hüfte (L02.4), Mamma (N61), Omphalitis beim Neugeborenen (P38)
- L02.3: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Gesäß
- L02.4: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel an Extremitäten
- Achselhöhle, Hüfte, Schulter
- L02.8: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel an sonstigen Lokalisationen
- Behaarte Kopfhaut, Kopf [jeder Teil, ausgenommen Gesicht]
- L02.9: Hautabszess, Furunkel und Karbunkel, nicht näher bezeichnet
- Furunkulose o.n.A.
L03.-: Phlegmone
- Inklusive: Akute Lymphangitis
- Exklusive: Akute febrile neutrophile Dermatose [Sweet-Syndrom] (L98.2), Eosinophile Zellulitis [Wells-Syndrom] (L98.3), Lymphangitis (chronisch) (subakut) (I89.1), Phlegmone: äußere männliche Genitalorgane (N48.2, N49.‑), äußere weibliche Genitalorgane (N76.4), äußerer Gehörgang (H60.1), Anal- und Rektalregion (K61.‑), Augenlid (H00.0), Mund (K12.20), Nase (J34.0), Tränenapparat (H04.3),
- L03.0-: Phlegmone an Fingern und Zehen
- L03.1-: Phlegmone an sonstigen Teilen der Extremitäten
- L03.10: Phlegmone an der oberen Extremität
- Achselhöhle, Hand o.n.A., Handgelenk, Oberarm, Schulter, Unterarm
- Exklusive: Finger (L03.01)
- L03.11: Phlegmone an der unteren Extremität
- Fuß o.n.A., Hüfte, Knöchelregion, Oberschenkel, Unterschenkel
- Exklusive: Zehe (L03.02)
- L03.10: Phlegmone an der oberen Extremität
- L03.2: Phlegmone im Gesicht
- L03.3: Phlegmone am Rumpf
- Bauchdecke, Brustwand, Damm, Leistenbeuge, Nabel, Rücken [jeder Teil]
- Exklusive: Omphalitis beim Neugeborenen (P38)
- L03.8: Phlegmone an sonstigen Lokalisationen
- Behaarte Kopfhaut, Kopf [jeder Teil, ausgenommen Gesicht]
- L03.9: Phlegmone, nicht näher bezeichnet
L73.-: Sonstige Krankheiten der Haarfollikel
- L73.0: Aknekeloid [Folliculitis sclerotisans nuchae]
- L73.1: Pseudofolliculitis barbae
- L73.2: Hidradenitis suppurativa
- L73.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der Haarfollikel
- Folliculitis barbae
- L73.9: Krankheit der Haarfollikel, nicht näher bezeichnet
Sonstiges
- L01.-: Impetigo
- L01.0: Impetigo contagiosa [jeder Erreger] [jede Lokalisation]
- Folliculitis superficialis [Bockhart]
- L01.0: Impetigo contagiosa [jeder Erreger] [jede Lokalisation]
- M72.-: Fibromatosen
- M72.6-: Nekrotisierende Fasziitis
- J86.-: Pyothorax
- K81.-: Cholezystitis
- Exklusive: Mit Cholelithiasis (K80.‑)
- K81.0: Akute Cholezystitis
- Cholezystitis: eitrig, emphysematös (akut), gangränös (ohne Gallenstein)
- Gallenblasenabszess, Gallenblasenempyem, Gallenblasengangrän (ohne Gallenstein)
- Angiocholezystitis (ohne Gallenstein)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.