ambossIconambossIcon

Glaukom

Letzte Aktualisierung: 14.4.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das Glaukom (im Volksmund auch „grüner Star“ genannt) ist eines der wichtigsten Krankheitsbilder der Augenheilkunde. Jede 10. Person in Deutschland ist gefährdet, im Laufe ihres Lebens ein Glaukom zu entwickeln. Ca. 15–20% der Erblindungen in Deutschland sind auf dieses Krankheitsbild zurückzuführen. Das Glaukom kann je nach Ursache akut oder chronisch auftreten und davon abhängig auch unterschiedliche Symptome zeigen. Am häufigsten tritt das chronische Glaukom auf. Die akute, massive Erhöhung des Augeninnendrucks wird als akutes Glaukom bezeichnet.

Das chronische Glaukom ist durch eine initial symptomarme, chronisch-progrediente Schädigung des Sehnerven infolge eines zunehmenden Nervenfaserverlusts gekennzeichnet. Oft ist dies durch eine Erhöhung des Augeninnendrucks bedingt. In fortgeschrittenen Stadien kommt es zu Gesichtsfeldausfällen bis zur Erblindung. Therapie der Wahl ist die Augeninnendrucksenkung (medikamentös, ggf. operativ).

Die Akutform äußert sich mit akuten, stärksten Augenschmerzen in Verbindung mit einer Visuseinschränkung und vegetativen Reaktionen. Entscheidend ist eine sofortige augenärztliche Vorstellung mit rascher Einleitung einer adäquaten medikamentösen und/oder operativen Therapie zur Senkung des Augeninnendrucks, um eine Erblindung zu verhindern.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Definitiontoggle arrow icon

Glaukom

  • Gruppe häufiger, i.d.R. chronisch-progredienter (seltener auch akuter), neurodegenerativer Erkrankungen mit Verlust retinaler Ganglienzellen und derer Axone (Optikusneuropathie) und ggf. entsprechenden Gesichtsfelddefekten
    • Unterschiedliche Risikofaktoren, Symptome und Pathophysiologie für die einzelnen Glaukomerkrankungen
    • Therapie: Primär akute/chronische Augeninnendrucksenkung (medikamentös und ggf. operativ)

Chronisches Offenwinkelglaukom (Glaucoma chronicum simplex) [1][2]

Engwinkelglaukom [4]

Okuläre Hypertension

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren für das chronische Offenwinkelglaukom [1][6]

  • Höheres Alter
  • Familiäre Belastung
  • Okuläre Hypertension
  • Myopie
  • Pseudoexfoliationsmaterial (PEX)
  • Männliches Geschlecht
  • Normaldruckglaukom: Nächtliche arterielle Hypotonie, vaskuläre Dysregulation
  • Glucocorticoidtherapie
  • Papillenmorphologische Kriterien: Erhöhte Cup-to-Disc Ratio (CDR) , Seitendifferenz der CDR , Papillenrandblutung

Risikofaktoren für den akuten primären Winkelblock [4]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Pathophysiologietoggle arrow icon

Physiologische Grundlagen [7]

  • Normaler Augeninnendruck zwischen ca. 10 und 21 mmHg gewährleistet optimale Funktion der optischen Abbildung (z.B. stabile Wölbung der Hornhaut und Netzhaut, stabile Abstände von Hornhaut, Linse und Retina)
  • Bildung des Kammerwassers durch das Ziliarkörperepithel
  • Fluss des Kammerwassers von der Hinterkammer durch die Pupille (1. physiologischer Widerstand ) in die Vorderkammer durch pulsatile Verdrängung der Iris von der Linse bei ausreichend hohem Druck in der Hinterkammer
  • Abfluss des Kammerwassers zu ca. 85% durch das Trabekelwerk (2. physiologischer Widerstand) in den Schlemm-Kanal und dann über ca. 20–30 Sammelkanäle in die episkleralen Kammerwasservenen
  • Zu 15% uveoskleraler Abfluss in den allgemeinen venösen Kreislauf

Pathophysiologische Veränderungen

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Symptomatiktoggle arrow icon

Akutes Glaukom (z.B. akuter primärer Winkelblock, Glaukomanfall)

  • Starke Augen- und Kopfschmerzen
  • Gerötetes Auge
  • Mittelweite, ggf. entrundete Pupille
  • Tastbar steinharter Bulbus (insb. im Seitenvergleich auch für Ungeübte zu ertasten)
  • Visuseinschränkung durch Hornhautödem mit Wahrnehmung von Halos
  • Vegetative Symptome durch Vagusreiz (Erbrechen, Übelkeit)

Chronisches Glaukom (Offenwinkelglaukom) [1]

  • Frühstadium: I.d.R. keine Symptome
  • Ggf. unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Brennen und Rötung des Auges (Symptome werden meist übersehen)
  • Selten Wahrnehmung von Halos
  • Fortgeschrittenes Stadium: Ggf. Wahrnehmung unscharfer Flecken im Gesichtsfeld (bedingt durch progrediente Gesichtsfeldausfälle)
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

Kongenitales Glaukom [8][9]

  • Epidemiologie: In Deutschland sporadisches Auftreten, Inzidenz in westlichen Ländern ca. 1:5.000–38.000
  • Pathophysiologie: Trabekelwerk nicht vollständig angelegt oder persistierendes embryonales Gewebe behindert Kammerwasserabfluss (Folge: Vergrößerter Hornhautdurchmesser (>10 mm) und Vergrößerung des Auges)
  • Symptome
  • Einteilung
    • Primäres kongenitales Glaukom (PCG): Fehlbildung im Trabekelwerk→ Erhöhter Augeninnendruck→ Dehnung von Cornea und Sklera → Vergrößerung des Auges (Buphthalmus)
    • Juveniles Glaukom: Auftreten zwischen 3 und 35 Jahren: Häufig vergesellschaftet mit komplexen Fehlbildungen des vorderen Augenabschnittes [8]
    • Sekundär: Bspw. Aphakieglaukom nach kindlicher Kataraktchirurgie oder bei Uveitis
  • Therapie (PCG): Primär operativ, i.d.R. Kammerwinkelchirurgie (hauptsächlich Goniotomie oder Trabekulotomie)

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostiktoggle arrow icon

Akutes Glaukom [4][6]

Bei Patient:innen mit starken Augen- und Kopfschmerzen, gerötetem Auge und ggf. nicht-lichtreagibler Pupille sollte unbedingt eine Palpation der Augäpfel erfolgen (steinharter Bulbus)! Insb. im Seitenunterschied ist dies auch für selten mit diesem Erkrankungsbild konfrontierte Personen zu diagnostizieren.

Ein akuter Winkelblock (bzw. eine akute starke Erhöhung des Augeninnendrucks) äußert sich i.d.R. mit starken Beschwerden, insb. starken Augen- und Kopfschmerzen, Visusminderung, Augenrötung, Übelkeit und/oder Erbrechen!

Chronisches Glaukom [5][6]

Da insb. in Frühstadien keine oder lediglich unspezifische Symptome vorhanden sind und selbst in späteren Stadien die Gesichtsfeldausfälle häufig nicht bemerkt werden, wird die Diagnose meist im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung oder Konsultation aus anderem Grund gestellt!

  • Augeninnendruckmessung: Applanationstonometrie nach Goldmann
    • Technik: Unter Lokalanästhesie wird durch das vorsichtige Aufbringen eines sog. Tonometerkölbchens ein Hornhautareal derselben Größe abgeflacht. Mit der hierfür benötigten Kraft wird der Augeninnendruck berechnet
    • Beurteilung: Normwert bis 21 mmHg, bei Glaukom häufig erhöhte Werte (jedoch nicht obligat)
    • CAVE: Berücksichtigung der Hornhautdicke (mithilfe der Pachymetrie)
  • Spaltlampenuntersuchung des vorderen Augenabschnittes
  • Fundoskopie: Beurteilung der Papille in Hinblick auf Vergrößerung der zentralen Exkavation (durch Verschmälerung des neuroretinalen Randsaums) und Größe (Cup-to-Disc Ratio, CDR), Seitenunterschiede, Papillenrandblutungen, lokale Verdünnungen im neuroretinalen Randsaum (Kerben)
  • Gonioskopie: Beurteilung der Weite des Kammerwinkels mittels Kontaktglas zur Differenzierung zwischen Offenwinkel- oder Engwinkelglaukom, Beurteilung sekundärer Veränderungen des Kammerwinkels
  • Perimetrie: Nachweis von Ausfällen (Skotomen) im Gesichtsfeld
    • Bjerrum-Skotom: Typischerweise bogenförmiger, parazentraler Gesichtsfeldausfall, der sich im Verlauf der Erkrankung entwickelt
  • Tagesdruckprofil: Erfassung von Druckschwankungen im Tagesverlauf
  • Optische Kohärenztomografie (OCT) des Sehnervenkopfes: Messung der retinalen Nervenfaserschichtdicke (RNFL) zur Beurteilung der Ausdünnung der Nervenfaserschicht und des zeitlichen Verlaufes einer evtl. fortschreitenden Ausdünnung
  • Veraltet: Heidelberg Retina Tomograf (HRT): Bildgebende Papillendokumentation


Zum Vergleich: Normalbefund

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Therapietoggle arrow icon

Akutes Glaukom

Es ist eine sofortige augenärztliche Behandlung notwendig, da ansonsten eine irreversible Schädigung des Auges droht!

Verschlechterung der Durchblutung des Sehnerven durch Senkung des Blutdrucks! → Keine systemische Senkung des Blutdrucks während eines akuten Winkelblocks (Glaukomanfalls)!

Akuter primärer Winkelblock (Glaukomanfall) [4]

  • Therapieziel: Schnelle Drucksenkung und Schmerzreduktion
  • Medikamentös
  • Operativ
    • Verbesserung des Kammerwasserabflusses: Herstellung eines Shunts zwischen Hinter- und Vorderkammer, im Verlauf prophylaktisch i.d.R. auch am kontralateralen Auge [10]
      • Neodymium-YAG-Laseriridotomie
      • Offen-operative Methoden (periphere Iridektomie)
  • Manipulation: Ca. 30-sekündige zentrale Komprimierung der Hornhaut → Evtl. passagere Abflussverbesserung
  • Ambulante Notfallsituation (außerhalb einer ophthalmologischen Einrichtung): Gabe von Analgetika, ggf. Antiemetika, Carboanhydrasehemmer i.v. oder p.o. falls vorhanden, zügige Behandlungsübernahme durch eine ophthalmologische Facheinrichtung

Neovaskularisationsglaukom (sekundärer Winkelblock) [11][12][13]

Chronisches Glaukom [5][6][15][16]

Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Therapie bei chronischem Glaukom
Substanzklasse Wirkstoffe Applikationsform und -intervall Kammerwasser Nebenwirkungen
Produktion Abfluss Systemisch Lokal
Prostaglandin-F-Rezeptor-Agonisten (FPR-Agonisten)
  • Latanoprost
  • Bimatoprost
↑↑↑↑
  • Wenige bis keine
Rho-Kinase-Inhibitor [17]
  • Netarsudil
↑↑↑
  • Bisher keine bekannt
Betablocker

βXAR-Antagonist

  • Timolol
↓↓↓
β1AR-Antagonist
  • Betaxolol
α2AR-Agonisten ↓↓
Carboanhydrasehemmer
  • Dorzolamid
  • Brinzolamid
  • Orale Gabe: 2–4×/d
↓↓

Chirurgische Therapie [18][19][20]

  • Verbesserung des Kammerwasserabflusses
    • Laserverfahren, z.B. selektive Lasertrabekuloplastik
    • Operative Verfahren , z.B. Trabekulektomie , Kanaloplastik , Trabekulotomie , tiefe Sklerektomie , iStent inject
  • Verminderung der Kammerwasserproduktion: Zyklodestruktive Eingriffe
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Präventiontoggle arrow icon

Screening [1]

Ein Glaukom-Screening der Bevölkerung wird von den augenärztlichen Berufsverbänden empfohlen. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen beinhalten keine derartigen Untersuchungen.

  • Indikationen
    • <40 Jahre: Mit Risikofaktor alle 5 Jahre, mit zwei Risikofaktoren alle 2–3 Jahre, mit ≥3 Risikofaktoren jährlich
    • 40– 59 Jahre: Alle 5 Jahre, mit Risikofaktor alle 2–3 Jahre, mit mehreren Risikofaktoren jährlich
    • Ab 60 Jahren: Alle 2–3 Jahre, mit Risikofaktor jährlich
    • Mind. jährliches Screening: Bei Pseudoexfoliationsmaterial, okulärer Hypertension >25 mmHg
  • Risikofaktoren
    • Familiäre Belastung (erstgradige Verwandte)
    • Myopie ab -4 dpt
    • Personen mit dunkler Hautfarbe
    • Personen mit lateinamerikanischer Herkunft
    • Okuläre Hypertension
    • Grenzwertige Papillenexkavation (vertikale CDR ≥0,6)
    • Seitenunterschied der Papillenexkavation (vertikaler CDR-Unterschied ≥0,2)
    • Längerfristige systemische oder lokale Therapie mit Steroiden
  • Durchführung
  • Erweiterte Untersuchungen bei positivem Screeningbefund
  • Beratung und Aufklärung Betroffener: Über
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

AMBOSS-Podcast zum Thematoggle arrow icon

Glaukom: Von Management bis Forschung (August 2020)

Interesse an noch mehr Medizinwissen zum Hören? Abonniere jetzt den AMBOSS-Podcast über deinen Podcast-Anbieter oder den Link am Seitenende unter "Tipps & Links"

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Patienteninformationentoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.