Zusammenfassung
Das Glaukom (im Volksmund auch „grüner Star“ genannt) ist eines der wichtigsten Krankheitsbilder der Augenheilkunde. Jede 10. Person in Deutschland ist gefährdet, im Laufe ihres Lebens ein Glaukom zu entwickeln. Ca. 15–20% der Erblindungen in Deutschland sind auf dieses Krankheitsbild zurückzuführen. Das Glaukom kann je nach Ursache akut oder chronisch auftreten und davon abhängig auch unterschiedliche Symptome zeigen. Am häufigsten tritt das chronische Glaukom auf. Die akute, massive Erhöhung des Augeninnendrucks wird als akutes Glaukom bezeichnet.
Das chronische Glaukom ist durch eine initial symptomarme, chronisch-progrediente Schädigung des Sehnerven infolge eines zunehmenden Nervenfaserverlusts gekennzeichnet. Oft ist dies durch eine Erhöhung des Augeninnendrucks bedingt. In fortgeschrittenen Stadien kommt es zu Gesichtsfeldausfällen bis zur Erblindung. Therapie der Wahl ist die Augeninnendrucksenkung (medikamentös, ggf. operativ).
Die Akutform äußert sich mit akuten, stärksten Augenschmerzen in Verbindung mit einer Visuseinschränkung und vegetativen Reaktionen. Entscheidend ist eine sofortige augenärztliche Vorstellung mit rascher Einleitung einer adäquaten medikamentösen und/oder operativen Therapie zur Senkung des Augeninnendrucks, um eine Erblindung zu verhindern.
Definition
Glaukom
- Gruppe häufiger, i.d.R. chronisch-progredienter (seltener auch akuter), neurodegenerativer Erkrankungen mit Verlust retinaler Ganglienzellen und derer Axone (Optikusneuropathie) und ggf. entsprechenden Gesichtsfelddefekten
- Unterschiedliche Risikofaktoren, Symptome und Pathophysiologie für die einzelnen Glaukomerkrankungen
- Therapie: Primär akute/chronische Augeninnendrucksenkung (medikamentös und ggf. operativ)
Chronisches Offenwinkelglaukom (Glaucoma chronicum simplex) [1][2]
- Definition: Chronisch-progrediente Optikusneuropathie mit pathognomonischer Veränderung der Papille und ggf. Gesichtsfelddefekten, die zur Erblindung führen können. Der Kammerwinkel ist anatomisch offen. Oft, aber nicht immer besteht ein erhöhter Augeninnendruck (>21 mmHg) [1][2]
- Normaldruckglaukom: Kein erhöhter Augeninnendruck [3]
- Primäres Offenwinkelglaukom: Idiopathische Erhöhung des Abflusswiderstandes im Trabekelmaschenwerk
- Sekundäres Offenwinkelglaukom: Erhöhung des Abflusswiderstandes, meist durch Verlegung des Trabekelmaschenwerks , bspw. durch
- Pseudoexfoliationsmaterial (PEX): Ablagerung weißlich-flockenartigen Materials auf der Linse und im Kammerwinkel (Pseudoexfoliationsglaukom)
- Melanin-Dispersion: Verlegung des Trabekelwerks durch Irispigment (Pigmentdispersionsglaukom)
- Steroide
- Entzündungszellen
- Erythrozyten
- Linsenprotein
Engwinkelglaukom [4]
- Definition: Abflussbehinderung durch eine Verengung des Kammerwinkels mit nachfolgend erhöhtem Augeninnendruck und Schädigung des Sehnervs
- Primäres Engwinkelglaukom: Einengung bis hin zur Verlegung des Kammerwinkels durch Irisbasis
- Akuter primärer Winkelblock (Glaukomanfall): Akute massive Erhöhung des Augeninnendrucks durch eine Verlegung des Kammerwinkels
- Chronisches Engwinkelglaukom: Chronische, moderate Erhöhung des Augeninnendrucks durch eine Verengung des Kammerwinkels
- Sekundäres Engwinkelglaukom: Verlegung des Kammerwinkels durch okuläre Vorerkrankungen, z.B.
- Rubeosis iridis: Neovaskularisationsglaukom
- Seclusio pupillae mit Iris bombée
Okuläre Hypertension
- Definition: Wiederholt erhöht gemessener Augeninnendruck >21 mmHg ohne Nachweis einer glaukomatösen Schädigung des Sehnervs
- Je höher der Augeninnendruck, desto höher das Risiko eines Offenwinkelglaukoms!
Epidemiologie
- Chronisches Glaukom [1][5]
-
Prävalenz: 2,9% der europäischen Bevölkerung zwischen 40 und 80 Jahren, die Mehrheit davon mit chronischem Offenwinkelglaukom
- 950.000 Erkrankte in Deutschland
- Zunehmend mit dem Alter
- Zweithäufigste Ursache für Blindengeldbezug Erwachsener in Deutschland (nach der altersbedingten Makuladegeneration (AMD))
-
Prävalenz: 2,9% der europäischen Bevölkerung zwischen 40 und 80 Jahren, die Mehrheit davon mit chronischem Offenwinkelglaukom
- Akuter primärer Winkelblock [4]
- Inzidenz in Europa: Ca. 2,5–4:100.00 pro Jahr
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren für das chronische Offenwinkelglaukom [1][6]
- Höheres Alter
- Familiäre Belastung
- Okuläre Hypertension
- Myopie
- Pseudoexfoliationsmaterial (PEX)
- Männliches Geschlecht
- Normaldruckglaukom: Nächtliche arterielle Hypotonie, vaskuläre Dysregulation
- Glucocorticoidtherapie
- Papillenmorphologische Kriterien: Erhöhte Cup-to-Disc Ratio (CDR) , Seitendifferenz der CDR , Papillenrandblutung
Risikofaktoren für den akuten primären Winkelblock [4]
- Kurze Bulbuslänge (häufig bei Hyperopie)
- Flache vordere Augenkammer
- Verdickte Augenlinse
- Höheres Lebensalter
- Südasiatische Herkunft
- Weibliches Geschlecht
- Bei entsprechender Disposition (insb. flache vordere Augenkammer): Mydriasis
- Medikamente : α1AR-Agonisten, β2AR-Agonisten, Anticholinergika, Antihistaminika, Sulfonamide, serotonerge Wirkstoffe
- Dunkelheit oder sympathische Reaktion (z.B. Schreck, Angst)
Pathophysiologie
Physiologische Grundlagen [7]
- Normaler Augeninnendruck zwischen ca. 10 und 21 mmHg gewährleistet optimale Funktion der optischen Abbildung (z.B. stabile Wölbung der Hornhaut und Netzhaut, stabile Abstände von Hornhaut, Linse und Retina)
- Bildung des Kammerwassers durch das Ziliarkörperepithel
- Fluss des Kammerwassers von der Hinterkammer durch die Pupille (1. physiologischer Widerstand ) in die Vorderkammer durch pulsatile Verdrängung der Iris von der Linse bei ausreichend hohem Druck in der Hinterkammer
- Abfluss des Kammerwassers zu ca. 85% durch das Trabekelwerk (2. physiologischer Widerstand) in den Schlemm-Kanal und dann über ca. 20–30 Sammelkanäle in die episkleralen Kammerwasservenen
- Zu 15% uveoskleraler Abfluss in den allgemeinen venösen Kreislauf
Pathophysiologische Veränderungen
- Erhöhung des 1. physiologischen Widerstands (sog. Pupillarwiderstand) bei
- Geringer Achsenlänge des Auges (kurzes Auge)
- Großem Linsenvolumen
- Starker Miosis
- Verklebung der Iris und der Linse (hintere Synechien)
- Bei mangelndem Abfluss durch Erhöhung des Pupillarwiderstands: Erhöhung des Hinterkammerdrucks (Pupillarblock) → Vorwölbung der Irisbasis → Einengung des Kammerwinkels bis hin zum Winkelblock→ Erhöhung des 2. physiologischen Widerstands → Druckanstieg
- Erhöhung des 2. physiologischen Widerstands (sog. Trabekelwiderstand)
- Offenwinkelglaukom
- Primär: Idiopathische Abflussstörung im Trabekelwerk (ca. 90% der Glaukome)
- Sekundär: Verlegung des Trabekelwerkes durch z.B. Pseudoexfoliationsmaterial, Pigment, Erythrozyten, Leukozyten, Neovaskularisation bei anatomisch offenem Kammerwinkel
- Akuter Winkelblock
- Primär: Verschluss des Kammerwinkels durch die Iris bei flacher Vorderkammer (Verstärkung durch Mydriasis)
- Sekundär: Verschluss des Kammerwinkels durch z.B. Linsen(sub)luxation oder Rubeosis iridis
- Offenwinkelglaukom
Symptomatik
Akutes Glaukom (z.B. akuter primärer Winkelblock, Glaukomanfall)
- Starke Augen- und Kopfschmerzen
- Gerötetes Auge
- Mittelweite, ggf. entrundete Pupille
- Tastbar steinharter Bulbus (insb. im Seitenvergleich auch für Ungeübte zu ertasten)
- Visuseinschränkung durch Hornhautödem mit Wahrnehmung von Halos
- Vegetative Symptome durch Vagusreiz (Erbrechen, Übelkeit)
Chronisches Glaukom (Offenwinkelglaukom) [1]
- Frühstadium: I.d.R. keine Symptome
- Ggf. unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Brennen und Rötung des Auges (Symptome werden meist übersehen)
- Selten Wahrnehmung von Halos
- Fortgeschrittenes Stadium: Ggf. Wahrnehmung unscharfer Flecken im Gesichtsfeld (bedingt durch progrediente Gesichtsfeldausfälle)
Verlaufs- und Sonderformen
Kongenitales Glaukom [8][9]
- Epidemiologie: In Deutschland sporadisches Auftreten, Inzidenz in westlichen Ländern ca. 1:5.000–38.000
- Pathophysiologie: Trabekelwerk nicht vollständig angelegt oder persistierendes embryonales Gewebe behindert Kammerwasserabfluss (Folge: Vergrößerter Hornhautdurchmesser (>10 mm) und Vergrößerung des Auges)
- Symptome
- Buphthalmus
- Hornhauttrübung
- Lichtempfindlichkeit
- Vermehrte Tränensekretion
- Einteilung
- Primäres kongenitales Glaukom (PCG): Fehlbildung im Trabekelwerk→ Erhöhter Augeninnendruck→ Dehnung von Cornea und Sklera → Vergrößerung des Auges (Buphthalmus)
- Juveniles Glaukom: Auftreten zwischen 3 und 35 Jahren: Häufig vergesellschaftet mit komplexen Fehlbildungen des vorderen Augenabschnittes [8]
- Sekundär: Bspw. Aphakieglaukom nach kindlicher Kataraktchirurgie oder bei Uveitis
- Therapie (PCG): Primär operativ, i.d.R. Kammerwinkelchirurgie (hauptsächlich Goniotomie oder Trabekulotomie)
Diagnostik
Akutes Glaukom [4][6]
Bei Patient:innen mit starken Augen- und Kopfschmerzen, gerötetem Auge und ggf. nicht-lichtreagibler Pupille sollte unbedingt eine Palpation der Augäpfel erfolgen (steinharter Bulbus)! Insb. im Seitenunterschied ist dies auch für selten mit diesem Erkrankungsbild konfrontierte Personen zu diagnostizieren.
Ein akuter Winkelblock (bzw. eine akute starke Erhöhung des Augeninnendrucks) äußert sich i.d.R. mit starken Beschwerden, insb. starken Augen- und Kopfschmerzen, Visusminderung, Augenrötung, Übelkeit und/oder Erbrechen!
- Augeninnendruckmessung: Werte deutlich über 40 mmHg möglich
- Palpation der Augäpfel im Seitenvergleich: Steinharter Bulbus [4]
- Spaltlampenuntersuchung: Flache Vorderkammer, ziliare oder gemischte Injektion (rotes Auge ), mittelweite, ggf. entrundete, lichtstarre Pupille, trübe Hornhaut
- Fundoskopie: Einblick auf den Augenhintergrund erschwert
- Visus: Massiv eingeschränkt
Chronisches Glaukom [5][6]
Da insb. in Frühstadien keine oder lediglich unspezifische Symptome vorhanden sind und selbst in späteren Stadien die Gesichtsfeldausfälle häufig nicht bemerkt werden, wird die Diagnose meist im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung oder Konsultation aus anderem Grund gestellt!
- Augeninnendruckmessung: Applanationstonometrie nach Goldmann
- Technik: Unter Lokalanästhesie wird durch das vorsichtige Aufbringen eines sog. Tonometerkölbchens ein Hornhautareal derselben Größe abgeflacht. Mit der hierfür benötigten Kraft wird der Augeninnendruck berechnet
- Beurteilung: Normwert bis 21 mmHg, bei Glaukom häufig erhöhte Werte (jedoch nicht obligat)
- CAVE: Berücksichtigung der Hornhautdicke (mithilfe der Pachymetrie)
- Spaltlampenuntersuchung des vorderen Augenabschnittes
- Fundoskopie: Beurteilung der Papille in Hinblick auf Vergrößerung der zentralen Exkavation (durch Verschmälerung des neuroretinalen Randsaums) und Größe (Cup-to-Disc Ratio, CDR), Seitenunterschiede, Papillenrandblutungen, lokale Verdünnungen im neuroretinalen Randsaum (Kerben)
- Gonioskopie: Beurteilung der Weite des Kammerwinkels mittels Kontaktglas zur Differenzierung zwischen Offenwinkel- oder Engwinkelglaukom, Beurteilung sekundärer Veränderungen des Kammerwinkels
- Perimetrie: Nachweis von Ausfällen (Skotomen) im Gesichtsfeld
- Bjerrum-Skotom: Typischerweise bogenförmiger, parazentraler Gesichtsfeldausfall, der sich im Verlauf der Erkrankung entwickelt
- Tagesdruckprofil: Erfassung von Druckschwankungen im Tagesverlauf
- Optische Kohärenztomografie (OCT) des Sehnervenkopfes: Messung der retinalen Nervenfaserschichtdicke (RNFL) zur Beurteilung der Ausdünnung der Nervenfaserschicht und des zeitlichen Verlaufes einer evtl. fortschreitenden Ausdünnung
- Veraltet: Heidelberg Retina Tomograf (HRT): Bildgebende Papillendokumentation
Zum Vergleich: Normalbefund
Differenzialdiagnosen
- Akutes Glaukom
- Prinzipiell jede Erkrankung, die starke Augenschmerzen verursacht (z.B. Erosio corneae, Skleritis)
- I.d.R. schnelle diagnostische Klarheit durch Anamnese (z.B. Fremdkörper) und Untersuchung des vorderen Augenabschnitts sowie Augeninnendruckmessung
- Chronisches Glaukom
- Gesichtsfeldausfälle anderer Genese (z.B. anteriore ischämische Optikusneuropathie)
- Besonderheiten der Papillenmorphologie: Makropapille
- Glaukomatös erscheinende Papille bei sekundärer zerebraler Erkrankung
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Akutes Glaukom
Es ist eine sofortige augenärztliche Behandlung notwendig, da ansonsten eine irreversible Schädigung des Auges droht!
Verschlechterung der Durchblutung des Sehnerven durch Senkung des Blutdrucks! → Keine systemische Senkung des Blutdrucks während eines akuten Winkelblocks (Glaukomanfalls)!
Akuter primärer Winkelblock (Glaukomanfall) [4]
- Therapieziel: Schnelle Drucksenkung und Schmerzreduktion
- Medikamentös
- Freilegung des Kammerwinkels: Lokale Miotika (z.B. Pilocarpin 1% viertelstündig)
- Senkung der Kammerwasserproduktion
- Carboanhydrasehemmer systemisch i.v. (z.B. Acetazolamid) und lokal (z.B. Dorzolamid)
- Sympatholytika (z.B. Betablocker wie Timolol) als Augentropfen
- Ggf. osmotische Augeninnendrucksenkung: Mannit i.v.
- Ggf. Analgetika und Antiemetika
- Operativ
- Manipulation: Ca. 30-sekündige zentrale Komprimierung der Hornhaut → Evtl. passagere Abflussverbesserung
- Ambulante Notfallsituation (außerhalb einer ophthalmologischen Einrichtung): Gabe von Analgetika, ggf. Antiemetika, Carboanhydrasehemmer i.v. oder p.o. falls vorhanden, zügige Behandlungsübernahme durch eine ophthalmologische Facheinrichtung
Neovaskularisationsglaukom (sekundärer Winkelblock) [11][12][13]
- Therapieziel: Schnelle Drucksenkung, Schmerzreduktion und Beseitigung der Ursache
- Medikamentös
- Senkung der Kammerwasserproduktion
- Bspw. Sympatholytika (z.B. Betablocker wie Timolol) als Augentropfen
- Bei stark erhöhtem Augeninnendruck: Carboanhydrasehemmer i.v. (z.B. Acetazolamid)
- Kontraindiziert: Lokale Miotika (z.B. Pilocarpin) → Verstärkung des Reizzustandes, Förderung der Bildung von Synechien und Miosis
- Senkung der Kammerwasserproduktion
- Behandlung der Netzhautischämie
- Panretinale Laserkoagulation: Goldstandard zur Reduktion der vaskulären Wachstumsreize
- Intravitreale Anti-VEGF-Injektion: Temporäre Reduktion der vaskulären Wachstumsreize und damit Versuch der Freilegung des Kammerwinkels [14]
- Retinale Exokryokoagulation: Reduktion der vaskulären Wachstumsreize
- Operativ
- Indikation: Unzureichende medikamentöse Drucksenkung
- Verfahren: Zyklodestruktive Eingriffe zur Verminderung der Kammerwasserproduktion
Chronisches Glaukom [5][6][15][16]
- Therapieziel: Verhinderung von (weiteren) Schäden am Sehnerv durch Augeninnendrucksenkung
- Medikamentöse Therapie: Bevorzugt topische Anwendung
- Am häufigsten verwendet: FPR-Agonisten oder Betablocker (insb. Timolol)
- Parasympatholytika wie Pilocarpin gelten wegen cholinerger Nebenwirkungen nur noch als Mittel der ferneren Wahl
- Initial häufig Monotherapie; Kombination verschiedener Substanzklassen bei hohem Ausgangsdruck, fortgeschrittenen Schäden oder bei im Verlauf nicht reguliertem Augeninnendruck/Progression der Gesichtsfeldausfälle
- Ggf. chirurgische Therapie
Medikamentöse Therapie
Medikamentöse Therapie bei chronischem Glaukom | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Substanzklasse | Wirkstoffe | Applikationsform und -intervall | Kammerwasser | Nebenwirkungen | |||
Produktion | Abfluss | Systemisch | Lokal | ||||
Prostaglandin-F-Rezeptor-Agonisten (FPR-Agonisten) |
|
| — | ↑↑↑↑ |
|
| |
Rho-Kinase-Inhibitor [17] |
|
| ↓ | ↑↑↑ |
| ||
Betablocker |
|
| ↓↓↓ | — |
|
| |
β1AR-Antagonist |
| ||||||
α2AR-Agonisten |
|
| ↓↓ | — |
| ||
Carboanhydrasehemmer |
|
| ↓ | — | — | ||
| ↓↓ | ∅ |
| — |
Chirurgische Therapie [18][19][20]
- Verbesserung des Kammerwasserabflusses
- Laserverfahren, z.B. selektive Lasertrabekuloplastik
- Operative Verfahren , z.B. Trabekulektomie , Kanaloplastik , Trabekulotomie , tiefe Sklerektomie , iStent inject
- Verminderung der Kammerwasserproduktion: Zyklodestruktive Eingriffe
Komplikationen
- Chronisches Glaukom
- Progredienter irreversibler Gesichtsfeldverlust, ggf. mit Verlust der Fahrtauglichkeit
- Erblindung des Auges bei zu später oder inadäquater Therapie oder bei nicht ausreichend therapierbarer Erkrankung
- Akutes Glaukom: Je länger das akute Glaukom unbehandelt bleibt, desto höher ist die Komplikationsrate!
- Ischämie und Atrophie des N. opticus → Gesichtsfeldausfälle, Visusminderung bis zur Erblindung
- Druckschädigung des M. sphinkter pupillae → Mittelweite, lichtstarre Pupille
- Synechien zwischen Iris und Trabekelwerk des Kammerwinkels
- Synechien zwischen Linse und Iris
- Ischämie und Nekrose der Iris
- Katarakt (sog. Glaukomflecken)
- Gefäßverschlüsse
- Glaucoma absolutum: An Glaukom erblindetes Auge mit je nach Glaukomform möglichen Begleitbefunden (ödematöse Hornhaut, erhöhter Augeninnendruck, Rubeosis iridis, chronische Entzündung); bei chronischen Schmerzen ggf. Enukleation notwendig
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prävention
Screening [1]
Ein Glaukom-Screening der Bevölkerung wird von den augenärztlichen Berufsverbänden empfohlen. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen beinhalten keine derartigen Untersuchungen.
- Indikationen
- <40 Jahre: Mit Risikofaktor alle 5 Jahre, mit zwei Risikofaktoren alle 2–3 Jahre, mit ≥3 Risikofaktoren jährlich
- 40– 59 Jahre: Alle 5 Jahre, mit Risikofaktor alle 2–3 Jahre, mit mehreren Risikofaktoren jährlich
- Ab 60 Jahren: Alle 2–3 Jahre, mit Risikofaktor jährlich
- Mind. jährliches Screening: Bei Pseudoexfoliationsmaterial, okulärer Hypertension >25 mmHg
- Risikofaktoren
- Familiäre Belastung (erstgradige Verwandte)
- Myopie ab -4 dpt
- Personen mit dunkler Hautfarbe
- Personen mit lateinamerikanischer Herkunft
- Okuläre Hypertension
- Grenzwertige Papillenexkavation (vertikale CDR ≥0,6)
- Seitenunterschied der Papillenexkavation (vertikaler CDR-Unterschied ≥0,2)
- Längerfristige systemische oder lokale Therapie mit Steroiden
- Durchführung
- Fundoskopie zur Beurteilung der Papille
- Messung des Intraokulardrucks
- Erweiterte Untersuchungen bei positivem Screeningbefund
- Gesichtsfeldperimetrie
- Optische Kohärenztomografie der Sehnervenpapille
- Hornhautpachymetrie
- Beratung und Aufklärung Betroffener: Über
- Chronischen Therapie- und Kontrollbedarf
- Fahreignung bei Vorliegen von Gesichtsfeldausfällen
- Familiäres Risiko
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Glaukom: Von Management bis Forschung (August 2020)
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- H40.-: Glaukom
- Exklusive: Absolutes Glaukom (H44.5), Angeborenes Glaukom (Q15.0), Traumatisches Glaukom durch Geburtsverletzung (P15.3)
- H40.0: Glaukomverdacht
- H40.1: Primäres Weitwinkelglaukom
- Glaucoma chronicum simplex, Glaukom (primär) (Restzustand): kapsulär, mit Pseudoexfoliation der Linse, mäßig erhöhter Augeninnendruck, Pigment-
- H40.2: Primäres Engwinkelglaukom
- Engwinkelglaukom (primär) (Restzustand): akut, chronisch, intermittierend, protrahiert
- Primäres Winkelblockglaukom
- H40.3: Glaukom (sekundär) nach Verletzung des Auges
- H40.4: Glaukom (sekundär) nach Entzündung des Auges
- H40.5: Glaukom (sekundär) nach sonstigen Affektionen des Auges
- H40.6: Glaukom (sekundär) nach Arzneimittelverabreichung
- H40.8: Sonstiges Glaukom
- H40.9: Glaukom, nicht näher bezeichnet
- H42.-*: Glaukom bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H42.0*: Glaukom bei endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten
- Glaukom bei: Amyloidose (E85.-†), Lowe-Syndrom (E72.0†)
- H42.8*: Glaukom bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
- Glaukom bei Onchozerkose (B73†)
- H42.0*: Glaukom bei endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten
- H44.- : Affektionen des Augapfels
- H44.5: Degenerationszustände des Augapfels
- Absolutes Glaukom, Atrophie des Augapfels, Phthisis bulbi
- H44.5: Degenerationszustände des Augapfels
- Q15.-: Sonstige angeborene Fehlbildungen des Auges
- Exklusive: Angeborener Nystagmus (H55), Okulärer Albinismus (E70.3), Retinitis pigmentosa (H35.5)
- Q15.0: Angeborenes Glaukom
- Buphthalmus, Glaukom beim Neugeborenen, Hydrophthalmus, Keratoglobus, angeboren, mit Glaukom, Makrokornea mit Glaukom, Makrophthalmus bei angeborenem Glaukom, Megalokornea mit Glaukom
- Q15.8: Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungen des Auges
- Q15.9: Angeborene Fehlbildung des Auges, nicht näher bezeichnet
- Angeboren: Anomalie, Deformität des Auges o.n.A.
- P15.-: Sonstige Geburtsverletzungen
- P15.3: Geburtsverletzung des Auges
- Traumatisches Glaukom
- Subkonjunktivale Blutung
- P15.3: Geburtsverletzung des Auges
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.