Zusammenfassung
Diese SOP enthält Empfehlungen zur Einleitung und Aufrechterhaltung einer intensivmedizinischen Analgosedierung bei Erwachsenen.
- Für die praktische Durchführung einer Analgosedierung in anderen Situationen siehe
- Für allgemeine Informationen zur Analgosedierung siehe: Analgosedierung
Bei der praktischen Umsetzung der Empfehlungen sind individuelle Besonderheiten der behandelten Person sowie klinikinterne Standards unbedingt zu beachten!
Eine adäquate Analgesie und Anxiolyse soll intensivmedizinischen Patient:innen die Möglichkeit geben, aktiv an ihrer Behandlung und Genesung mitzuwirken! [1]
Material und Medikamente
Einleitung der Analgosedierung
- Für Material und Medikamente siehe: Material und Medikamente zur Durchführung einer endotrachealen Intubation
- Auswahl des Injektionsanästhetikums [2][3]
- Propofol: Bei fehlenden Kontraindikationen Wirkstoff der 1. Wahl
- Esketamin: Bei hämodynamischer Instabilität empfohlen
- Etomidat: Bei schwerer kardiovaskulärer Insuffizienz empfohlen, jedoch nicht bei Sepsis
- Thiopental: Zur Reduktion des zerebralen Sauerstoffumsatzes im Neurointensiv-Bereich erwägen
Aufrechterhaltung der Analgosedierung
| Basismedikamente zur Aufrechterhaltung der Analgosedierung in der Intensivmedizin [1] | ||
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| Aspekt | Wirkstoffe | Hinweise |
| Analgesie |
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| Sedierung und adjuvante Substanzen |
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Vorbereitung
Allgemeine Vorbereitungen
- Evaluierung der Indikation bzw. möglicher Kontraindikationen, siehe
- Identifikation möglicher Risikofaktoren, insb.
- Erstellung eines Behandlungsplans
- Festlegung des individuellen Sedierungsziels
- Abschätzung der voraussichtlichen Sedierungsdauer
- Kommunikation der geplanten Maßnahmen im Team
| Festlegung des individuellen Sedierungsziels im Rahmen einer intensivmedizinischen Analgosedierung | |||
|---|---|---|---|
| Bezeichnung | Indikation | Beispiele | Ziel-RASS |
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Optimierung des Settings
- Situation im Raum
- Bett optimal positionieren
- Beatmungsgerät und Monitor ausrichten
- Material zur Atemwegssicherung einsatzbereit, insb.
- Laryngoskop bzw. Videolaryngoskop: Lichtquelle bzw. Bildschirm testen
- Endotrachealtubus: Dichtigkeitsprüfung des Cuffs
- Absaugung: Funktionsprüfung
- Siehe auch: Vorbereitung einer endotrachealen Intubation
- Beatmungsgerät und Monitor
- Voreinstellung der Beatmungsparameter überprüfen
- Alarmgrenzen überprüfen und ggf. anpassen
Eine Analgosedierung kann zu einer Beeinträchtigung von Atemantrieb und Kreislauffunktion führen, weshalb insb. bei kritisch kranken Personen ein vorausschauendes Handeln erforderlich ist!
Patient:in
- Basismonitoring anschließen
- Einliegende Gefäßzugänge überprüfen
- Konnektionen dicht?
- Hinweise auf defekten Zugang (Paravasat)?
- Dreiwegehähne in korrekter Position?
- Anlage weiterer Gefäßzugänge bei Bedarf, siehe
- Lagerung
- Kopf in verbesserter Jackson-Position („Schnüffelposition“)
- Ggf. Oberkörperhochlagerung zur Präoxygenierung
Venöse Zugänge sollten gut zugänglich sein und während der Einleitung der Analgosedierung engmaschig auf ihre Funktion hin überprüft werden!
Ablauf/Durchführung
Einleitung der Analgosedierung
Sicherheitscheck
- Indikation zur Durchführung einer Analgosedierung gegeben?
- Überwachung der Analgosedierung (Hämodynamik, Atmung/Beatmung) adäquat?
- EEG-Monitoring sinnvoll bzw. erforderlich?
- Alarmgrenzen am Monitor bzw. am Respirator korrekt eingestellt?
- Peripherer Venenverweilkatheter funktionsfähig und ausreichend?
- Medikamente für die intensivmedizinische Analgosedierung aufgezogen und beschriftet?
- Material und Medikamente für Komplikationen einer Analgosedierung vorhanden?
Praktische Durchführung
- Vorgehen in Abhängigkeit von der klinischen Gesamtsituation, siehe
- Besonderheiten
- Bei schwerer respiratorischer Insuffizienz ggf. NIV zur Präoxygenierung durchführen
- Bei schwerer kardiovaskulärer Insuffizienz Dosisreduktion des Injektionsanästhetikums erwägen
Aufrechterhaltung der Analgosedierung
Analgesie
| Analgesieverfahren in der Intensivmedizin | |
|---|---|
| Verfahren | Umsetzung |
| Regionalanästhesie | |
| Intermittierende Analgesie |
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| Kontinuierliche Analgesie |
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| Adjuvante Verfahren |
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Eine intensivmedizinische Analgosedierung kann und soll nach Möglichkeit durch nicht-pharmakologische Maßnahmen und regionalanästhesiologische Verfahren unterstützt werden!
Insb. wenn keine bedarfsadaptierte Titration der Medikamente erfolgt, kann es bei langfristiger und kontinuierlicher Applikation von Opioiden zu einer Toleranzentwicklung kommen!
Sedierung
| Medikamente zur Sedierung in der Intensivmedizin | |
|---|---|
| Sedierungsziel | Mögliches Sedierungskonzept |
| Minimale Sedierung |
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| Moderate Sedierung |
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| Tiefe Sedierung |
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Zur Vermeidung von Entzugssyndromen sollte die Beendigung einer länger dauernden sedierenden Therapie ausschleichend erfolgen, bspw. unter Therapie mit einem α2-Rezeptoragonist! [1]
Monitoring bzw. Dokumentation der Analgosedierung
- Indikation: Obligat bei allen Formen der Analgosedierung
- Intervall: Mind. 1x pro Schicht (alle 8 h), bei Bedarf häufiger
- Zur praktischen Durchführung siehe
Im Rahmen des Analgesiemonitorings sollten typische Nebenwirkungen einer Behandlung mit Opioiden (bspw. Übelkeit und Erbrechen, Obstipation) mit erfasst und dokumentiert werden! [1]
Tag-Nacht-Rhythmus
- Hintergrund: Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus begünstigt die Entstehung eines Delirs
- Ziel: Aufrechterhaltung eines normalen Tag-Nacht-Rhythmus im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung
- Prinzipiell auch bei minimaler bis moderater Sedierung möglich
- Bevorzugt über nicht-medikamentöse Maßnahmen zu erreichen
- Maßnahmen zur Delirprophylaxe siehe: Delir auf der Intensivstation
Die Aufrechterhaltung eines normalen Tag-Nacht-Rhythmus sollte im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung nach Möglichkeit immer angestrebt werden!
Sedierungspause
Übersicht [17]
- Definition: Pausierung bzw. deutliche Reduktion sedierender Medikamente im Rahmen einer Analgosedierung
- Alternative Bezeichnungen: Aufwachversuch, Wake-Up Call, Spontaneous Awakening Trial (SAT)
- Ziel: Vermeidung bzw. Korrektur einer Übersedierung
- Empfohlenes Intervall: 1x/d
- Indikation: RASS ≤-2
- Kontraindikationen
- Absolut
- Schweres SHT mit ICP↑
- Schwere kardiale oder pulmonale Instabilität
- Hinweise auf akute kardiale Ischämie
- Körpertemperatur <35 °C
- Relativ
- Leichte bis moderate kardiale oder pulmonale Instabilität
- Körpertemperatur >38 °C
- Absolut
Bei intensivmedizinisch behandelten Personen mit einem RASS ≤-2 soll bei fehlender Kontraindikation 1x/d eine Sedierungspause durchgeführt werden! [1][17]
Durchführung
- Vorbereitende Maßnahmen
- Festlegung des geeigneten Zeitpunktes in Absprache mit der Pflege
- Ausreichende Fixierung des Endotrachealtubus sowie ggf. der Hände sicherstellen
- Material zur notfallmäßigen Sicherung des Atemwegs bereitlegen
- Absaugung überprüfen und Absaugkatheter bereitlegen
- Bei kontinuierlicher Applikation eines Opioidanalgetikums: Dosisreduktion erwägen
- Sedierungspause
- Sedierende Medikamente pausieren (bzw. deutlich reduzieren)
- Kontinuierliche Kontrolle der Sedierungstiefe (Anwesenheitspflicht der Pflege im Zimmer)
- Beendigung der Sedierungspause bei Agitation oder nach max. 2 h
- Sedierung im Anschluss entsprechend anpassen und ggf. reduzieren
- Dokumentation der Sedierungspause
Zur Vermeidung einer akzidentellen Extubation im Rahmen der Sedierungspause muss eine direkte, visuelle Kontrolle durch das Personal der Intensivstation sichergestellt sein!
Komplikationen
Arterielle Hypotonie
- Bedingt durch kreislaufdepressive Wirkung der verwendeten Medikamente
- Auftreten insb. zu Beginn oder bei Vertiefung einer Analgosedierung bzw. bei Hypovolämie
- Behandlung durch Volumengabe und/oder medikamentöse Kreislaufunterstützung
Ein Abfall des Blutdrucks sollte insb. zu Beginn oder bei Vertiefung einer Analgosedierung antizipiert werden!
Delir auf Intensivstation
- Bedingt durch delirogene Wirkung der verwendeten Medikamente
- Auftreten insb. bei inadäquater Analgesie bzw. Sedierungstiefe
- Regelmäßiges und standardisiertes Delirscreening im Rahmen einer Analgosedierung obligat
- Nicht-medikamentöse und medikamentöse Behandlungsoptionen vorhanden (Siehe: Therapie des Delirs)
Folgeschäden durch Immobilisation
- Ausmaß der Immobilisation von Dauer und Tiefe der Sedierung abhängig
- Immobilisation als begünstigender Faktor diverser Folgeschäden
- Prävention bspw. durch regelmäßige Sedierungspausen bzw. frühzeitiges Weaning
Weitere Komplikationen der Analgosedierung
- Propofol-Infusions-Syndrom: Vorgehen siehe: Propofol-Infusions-Syndrom
- Aspiration: Vorgehen siehe: Therapeutisches Vorgehen bei Aspiration
- Blutdruckanstieg: Zum Vorgehen siehe
- Herzrhythmusstörungen: Vorgehen je nach klinischem Bild siehe:
- Herzkreislaufstillstand: Vorgehen bei
- Erwachsenen siehe: Reanimation - AMBOSS-SOP
- Kindern siehe: Reanimation von Kindern - AMBOSS-SOP
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.