Abstract
Das Klimakterium bezeichnet die Übergangsphase von der reproduktiven Zeit bis zum Erlöschen der ovariellen Funktion bei der Frau. Menopause bezeichnet dabei den Zeitpunkt der letzten Menstruation. Die hormonelle Umstellung ist geprägt von einem Absinken der Progesteron- und Östrogenspiegel. Klinisch kann diese Umstellung inapparent verlaufen, bei einigen Frauen kommt es aber zu den „typischen Wechseljahresbeschwerden“ mit Schweißausbrüchen, Schlaflosigkeit und depressiver Verstimmung. Während der Wechseljahre erhöht sich auch das Risiko an einer Vaginitis senilis zu erkranken. Dabei handelt es sich um eine akute Entzündung der Vagina als Folge einer Östrogenmangel-induzierten Schleimhautatrophie. Zur Behandlung der Beschwerden können Hormone (Gestagene, Östrogene) substituiert werden. Eine menopausale Hormontherapie geht jedoch mit einem erhöhten Risiko für Endometrium- und Ovarialkarzinome sowie möglicherweise einem erhöhten Risiko für Mammakarzinome einher.
Definition
Das Klimakterium wird in folgende Phasen eingeteilt:
- Prämenopause: Zeitraum zwischen dem Auftreten der ersten klimakterischen, unregelmäßigen Menstruationszyklen und der letzten Menstruation
- Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr
- Menopause: Zeitpunkt der letzten ovariell gesteuerten Menstruation
- Durchschnittlich wird das 52. Lebensjahr angegeben
- Postmenopause: Zwölf Monate nach der letzten Menstruation beginnt die Postmenopause
- Bis zum 65. Lebensjahr. Danach kann der Begriff "Senium" verwendet werden.
- Perimenopause: Zeitraum von etwa ein bis zwei Jahren um die Menopause
Sonderform:
- Primäre prämature Ovarialinsuffizienz: Einsetzen des Klimakteriums vor dem 40. Lebensjahr
Physiologie
Die abnehmende Ovarialfunktion führt zu geringeren Östrogen- und Progesteronspiegeln. Die Blutspiegel der gonadotropen Hormone FSH und LH sind aufgrund des Wegfalls des negativen Feedbacks erhöht (hypergonadotroper Hypogonadismus). Es treten vermehrt anovulatorische Zyklen bis zum vollständigen Erlöschen der Ovarialfunktion auf.
Symptome/Klinik
Jeweils etwa ein Drittel der Frauen fühlt sich durch klimakterische Beschwerden stark, leicht oder gar nicht beeinträchtigt.
- Vegetative Symptome [1]
- Tachykardie
- Schweißausbrüche
- Hitzewallungen
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Obstipation
- Libidoverlust
- Psychische Symptome
- Störung des Nachtschlafs
- Depressive Stimmung und Stimmungslabilität
- Innere Unruhe und Reizbarkeit
- Ängste
Vaginitis senilis (Kolpitis senilis, Östrogenmangelkolpitis)
Die Vaginitis senilis ist eine akute Entzündung meist bei postmenopausalen Frauen, die durch eine Atrophie des Plattenepithels der Vagina aufgrund eines altersbedingten Absinkens des Östrogenspiegels entsteht. Die Folge ist eine verminderte Sekretion, die einerseits zu Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs führen kann, andererseits bakterielle und mykotische Infektionen begünstigt.
- Ätiologie: Östrogenmangel
- Pathophysiologie: Östrogenmangel-bedingte Minderperfusion der weiblichen Genitalien und Schleimhautatrophie mit verminderter Einlagerung von Glykogen
- Klinik
- Starker Juckreiz
- Blutig-seröser Ausfluss
- Vaginaltrockenheit → Dyspareunie
- Erhöhte Infektionsgefahr
- Differenzialdiagnose: Plattenepithelkarzinom der Vagina
- Therapie: Lokale Östrogentherapie
Verlaufs- und Sonderformen
Primäre prämature Ovarialinsuffizienz (veraltet: Klimakterium praecox)
Eine Ovarialinsuffizienz vor dem 40. Lebensjahr wird als primäre prämature Ovarialinsuffizienz bezeichnet (veraltet: Klimakterium praecox, Premature Ovarian Failure). Die Ursachen für diesen hypergonadotropen Hypogonadismus können sehr unterschiedlich sein, präsentieren sich klinisch aber ähnlich. [2][3]
- Prävalenz: 1% (<40. Lebensjahr), 0,1% (<30. Lebensjahr) [4]
- Ätiologie [2][4]
- Genetisch (Chromosomenaberrationen bei ca. 10% der Patientinnen)
- Anlagebedingt: Turner-Syndrom, Swyer-Syndrom, XX-Gonadendysgenesie
- Strahlen- und Chemotherapie
- Operative Entfernung der Ovarien
- Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis), Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus), Hypothyreose etc.
- Klinik: Klimakterische Beschwerden und Sistieren der Menstruation
- Diagnostik [2][3][5]
-
Hypergonadotroper Hypogonadismus
- Östradiol↓ und Progesteron↓
- FSH↑, LH↑ oder normal
- AMH↓
- Alle 3 Jahre: Nüchternblutzucker-, Cortisol- und TSH-Kontrolle
- Ggf. genetische Testung (z.B. Karyotypisierung)
-
Hypergonadotroper Hypogonadismus
- Therapie [1]
Diagnostik
Prämenopause [2][3][6]
Die Blutentnahme sollte zwischen dem 3. und 5. Zyklustag erfolgen.
- Inhibin↓
- Östradiol↓
- Progesteron↓
- FSH↑ oder im Normbereich
- AMH↓
Perimenopause [2][6]
Gekennzeichnet durch starke Schwankungen der Hormonwerte
- Ovulatorische Zyklen: Östradiol↑, FSH↓
- Anovulatorische Zyklen: Östradiol↓, FSH↑
- Progesteron↓
Postmenopause [2][6]
- Inhibin↓: <6 mg/L
- Östradiol↓: <20 pg/mL
- Progesteron↓
- FSH↑: >5 U/L
- LH↑
Therapie
Menopausale Hormontherapie (HRT) [1][2]
Ziel der menopausalen Hormontherapie ist die Linderung der klimakterischen Symptome. Wichtig ist eine ausführliche Aufklärung der Patientin über Risiken, Nutzen und Nebenwirkungen der Therapie. Außer bei Patientinnen mit Z.n. Hysterektomie sollte die Östrogensubstitution als Kombinationstherapie mit einem Gestagenpräparat erfolgen, da sich das Risiko für eine Endometriumhyperplasie mit maligner Entartung unter alleiniger Östrogentherapie erhöht.
- Indikationen
- Primäre prämature Ovarialinsuffizienz
- Starke psychovegetative Einschränkung durch postmenopausale Beschwerden
- Wunsch der Patientin
- Therapieformen [1]
-
Östrogen-Gestagen-Therapie (EPT): Standard (außer bei Patientinnen mit Z.n. Hysterektomie)
- Sequenziell kombinierte EPT (Perimenopause, frühe Postmenopause)
- Kontinuierlich kombinierte EPT (Postmenopause)
- Östrogen-Monotherapie (ET): Standard bei Patientinnen mit Z.n. Hysterektomie
-
Östrogen-Gestagen-Therapie (EPT): Standard (außer bei Patientinnen mit Z.n. Hysterektomie)
- Darreichungsformen
- Transdermal
- Oral
- Vaginal
- Einfluss auf das Risiko von Karzinomen
- Endometriumkarzinom↑ (bei Östrogen-Monotherapie) [1]
- Ovarialkarzinom↑ [1][7]
- Kolorektales Karzinom↓ [1][8]
- Mammakarzinom: Möglicherweise↑ [1]
Nicht-hormonelle Therapie [1][2]
- Pflanzliche Präparate, u.a.
- Cimicifuga: Phytotherapeutikum mit östrogenähnlicher Wirkung [1]
- Isoflavone
- Johanniskraut
- Weitere Therapiemöglichkeiten, u.a.
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Akupunktur [9]
- Tiefenentspannung
- Sport
Weitere medikamentöse Therapieoptionen [1]
Die folgenden Präparate gelten laut aktueller Leitlinienempfehlungen nicht mehr als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung vasomotorischer Beschwerden. Sie sind jedoch eine therapeutische Option, wenn eine menopausale Hormontherapie kontraindiziert ist (Off-Label Use!).
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 77-2023-3/3: Nitro patch is no match for the hot flash
- One-Minute Telegram 65-2022-1/3: 2022 U.S. Preventive Services Task Force: summary of recommendations
Interesse an wöchentlichen Updates zur aktuellen Studienlage im Bereich der Inneren Medizin? Abonniere jetzt das Studientelegramm (Beiträge zur Inneren Medizin in Kooperation mit HOMe sowie zur Überversorgung in der Inneren Medizin mit der DGIM). Zusätzlich haben wir auch das englische One-Minute-Telegram und den AMBOSS-Podcast im Angebot. Alle Links zur Anmeldung findest du am Seitenende unter "Tipps & Links".
Patienteninformationen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- N95.-: Klimakterische Störungen
- Exklusive: Postmenopausal: Osteoporose (M81.0‑), Osteoporose mit pathologischer Fraktur (M80.0‑) Urethritis (N34.2); Vorzeitige Menopause o.n.A. (E28.3), Zu starke Blutung in der Prämenopause (N92.4)
- N95.0: Postmenopausenblutung
- N95.1: Zustände im Zusammenhang mit der Menopause und dem Klimakterium
- Symptome, wie z.B. Hitzewallungen, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz, Konzentrationsschwäche im Zusammenhang mit der Menopause
- Exklusive: Im Zusammenhang mit artifizieller Menopause (N95.3)
- N95.2: Atrophische Kolpitis in der Postmenopause
- N95.3: Zustände im Zusammenhang mit artifizieller Menopause
- Postartifizielles Menopausensyndrom
- N95.8: Sonstige näher bezeichnete klimakterische Störungen
- N95.9: Klimakterische Störung, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.