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Nosokomiale Pneumonie

Letzte Aktualisierung: 3.11.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die nosokomiale Pneumonie (engl. hospital-acquired pneumonia, HAP) ist eine infektiöse Erkrankung des Lungenparenchyms, die >48 h nach Krankenhausaufnahme auftritt und meist durch Bakterien verursacht wird. Wichtige Risikofaktoren sind eine invasive Beatmung, Intensivstationsaufenthalte mit Antiinfektivagabe, Schluckstörungen und ein hohes Lebensalter. Die Abgrenzung zur ambulant erworbenen Pneumonie und Pneumonie unter Immunsuppression ist essenziell, da sich die Erregerspektren und damit auch die therapeutischen Strategien deutlich unterscheiden.

Die Diagnose basiert auf klinischen und radiologischen Kriterien: Fieber, Leukozytose oder -penie, eitriger Auswurf und neu aufgetretene oder progrediente pulmonale Infiltrate im Röntgen-Thorax. Ergänzend erfolgt stets eine mikrobiologische Diagnostik zum Erregernachweis und eine Beurteilung möglicher Organdysfunktionen. Die kalkulierte Antiinfektivatherapie richtet sich nach dem individuellen Infektionsrisiko für multiresistente Erreger (MRE, inkl. MRSA) und/oder Pseudomonas aeruginosa sowie dem Schweregrad der Erkrankung (Vorliegen eines septischen Schocks). Die Therapie dauert i.d.R. 7–8 Tage und wird gemäß mikrobiologischen Befunden sowie Resistenztestung gezielt angepasst.

Die HAP ist mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität verbunden, insb. bei kritisch kranken Personen und ventilationsassoziierter Pneumonie.

Siehe auch: Pneumonie, ambulant erworbene Pneumonie, Pneumonie im Kindes- und Jugendalter

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Definitiontoggle arrow icon

Von der HAP abzugrenzen ist die Pneumonie unter Immunsuppression: Diese liegt vor, sobald eine schwere Immunsuppression bei Pneumonie besteht – unabhängig davon ob die Pneumonie nosokomial oder ambulant erworben wurde!

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Epidemiologietoggle arrow icon

Die nosokomiale Pneumonie ist die zweithäufigste nosokomiale Infektion in Deutschland!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren [6][7]

Nosokomiale Pneumonie – Allgemeine Risikofaktoren
Risikofaktoren Prädisposition
Mikrobielle Besiedelung der oberen Luftwege
  • Patienteneigenschaften
    • Alter >65 Jahre
    • Multimorbidität (insb. Lungenerkrankungen, neurologische Erkrankungen)
    • Langer Krankenhausaufenthalt
  • Invasive Beatmung [8][9]
  • Antiinfektive Vortherapie (Selektion resistenter Erreger)
  • Medikamentöse Magensaftalkalisierung
(Mikro‑)Aspiration oropharyngealer Sekrete
Direkte Übertragung pathogener Erreger

Insb. invasiv beatmete Personen haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer nosokomialen Pneumonie!

Risikofaktoren für HAP mit multiresistenten Erregern und Pseudomonas aeruginosa [1]

Die wichtigsten Risikofaktoren für eine HAP mit MRE sind eine vorangegangene Antibiotikatherapie und der Aufenthalt in einem Krankenhaus mit hoher MRE-Prävalenz! [10]

Erregerspektrum

Die häufigsten Erreger der nosokomialen Pneumonie sind gramnegative Stäbchen (bspw. E. coli, Klebsiellen, P. aeruginosa) und S. aureus!

Das Erregerspektrum ist abhängig von den individuellen Risikofaktoren für eine HAP mit MRE und P. aeruginosa. Dies ist insb. für die Auswahl einer geeigneten kalkulierten Antiinfektivatherapie von Bedeutung!

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Diagnostiktoggle arrow icon

Allgemeine Vorgehensweise bei klinischem V.a. HAP

Bei Arbeitsdiagnose HAP

Für die Arbeitsdiagnose einer nosokomialen Pneumonie sind zunächst klinische und radiologische Kriterien entscheidend. Ein Erregernachweis kann die Diagnose untermauern, darf aber den Therapiebeginn nicht verzögern!

Anamnese und klinische Untersuchung

Bildgebung

Labordiagnostik

Bei V.a. HAP sollte immer eine Sepsis mittels Sepsis-Scores und Lactatwert ausgeschlossen werden!

Diagnosekriterien der nosokomialen Pneumonie

Mikrobiologische Diagnostik

Probengewinnung

  • Blutkulturen
  • Respiratorisches Material
  • Ggf. Urin, Pleuraflüssigkeit, Nasenrachenabstrich
  • Zeitpunkt: Möglichst vor Therapieeinleitung oder -umstellung, Verarbeitung innerhalb von 4 h

Probengewinnung von respiratorischem Material bei V.a. HAP [1][12]

Nicht-invasiv Invasiv (bronchoskopisch)
Sputum Tracheobronchiales Aspirat (TBAS) BAL-Flüssigkeit [13]
Indikationen
Relative Kontraindikationen
Probenmenge
  • >1 mL
  • 30–100 mL
Hinweise zum Vorgehen
  • Zunächst Sekret aus dem Tubus absaugen
  • Frischen Katheter mit angeschlossenem Auffanggefäß einführen, dann respiratorisches Material absaugen
  • Vorher keine Kochsalzlösung instillieren
  • Sterile Katheter und Auffanggefäße nutzen
  • Auf ausreichende Sedierung achten
  • Bei beatmeten Personen: Keine Lokalanästhetika
  • Nicht vor der Materialgewinnung über den Arbeitskanal aspirieren
  • Sterile Katheter und Auffanggefäße nutzen

Bei maschinell beatmeten Personen ist eine bronchoskopische Probenentnahme nicht grundsätzlich der nicht-invasiven vorzuziehen!

Erregernachweis

Multiplex-PCR-Verfahren auf bakterielle Erreger sollen bei V.a. HAP nicht routinemäßig eingesetzt werden!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Grundsätze

Bei der nosokomialen Pneumonie sollen Antibiotic-Stewardship-Programme zum Einsatz kommen!

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Kalkulierte antiinfektive Therapietoggle arrow icon

Therapiestrategie

Wirkstoffauswahl

Kalkulierte Antibiotikatherapie bei nosokomialer Pneumonie
Klinische Situation Risikofaktoren für HAP mit MRE und P. aeruginosa Mögliche Wirkstoffe
Kein septischer Schock Keine Risikofaktoren

≥1 Risikofaktor

Septischer Schock Keine Risikofaktoren
≥1 Risikofaktor
Jeweils zusätzlich
Sepsis/septischer Schock plus V.a. MRSA-Pneumonie

Eine vermutete β-Lactam-Allergie soll überprüft und eingeordnet werden, um zu vermeiden, dass weniger wirksame oder nebenwirkungsreichere Antibiotika eingesetzt werden (bspw. mittels PEN-FAST-Score)!

Bei der Substanzauswahl sollen das lokale Erregerspektrum und Resistenzprofil beachtet werden!

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Therapiereevaluationtoggle arrow icon

Therapiereevaluation bei HAP
Diagnosesicherheit der HAP Infiltrat im Röntgen-Thorax Quantitatives Kulturergebnis Vorgehen
Wahrscheinlich
  • Eindeutig
  • Signifikant
  • Therapie fortführen und fokussieren

Möglich *

  • Eindeutig
  • Nicht signifikant
  • Therapie eher fortführen, evtl. verkürzen
Fraglich *
  • Fraglich
  • Jegliches
  • Therapie eher beenden, evtl. verkürzen
Ausgeschlossen *
  • Nicht persistierend
  • Negativ
  • Therapie beenden
Unklar *
  • Eindeutig
  • Negativ
* Zusätzlich keine akute Organdysfunktion vorliegend

Die antimikrobielle Vorbehandlung ist bei der Bewertung mikrobiologischer Befunde im Therapieverlauf stets zu berücksichtigen!

Therapierefraktäre nosokomiale Pneumonie

Besteht der V.a. Therapieversagen, muss unverzüglich eine weiterführende Diagnostik zur Ursachenklärung eingeleitet werden!

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Gezielte antiinfektive Therapietoggle arrow icon

Bakterien

Eine verlängerte Gabe von Breitbandantibiotika und Kombinationstherapien stellen keinen Therapievorteil dar. Sobald ein Erreger nachgewiesen wurde, soll die Therapie gemäß Antibiogramm fokussiert werden!

Wird ein Erreger als intermediär sensibel („I“) eingestuft, muss die Antibiotikadosis angepasst werden. Bei Resistenz gegenüber allen Standardsubstanzen sollte in Rücksprache mit der Infektiologie oder Mikrobiologie ein sensibel getestetes β-Lactam-Antibiotikum mit erweitertem Wirkspektrum („Reserve-β-Lactam“) eingesetzt werden!

MRE

Inhalative Antibiotikatherapie

Inhalative Antibiotika sind nicht als routinemäßige Zusatztherapie zur systemischen Behandlung vorgesehen!

Viren und Pilze

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Präventiontoggle arrow icon

Allgemeine Maßnahmen

  • Schulung und Überwachung von Hygienemaßnahmen (insb. Hände- und Gerätedesinfektion )
  • Situationsgerechtes Ergreifen von Isolationsmaßnahmen
  • Teilnahme an Surveillance-Programmen (bspw. KISS = Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System)
    • Regelmäßige Datenauswertung und -meldung an zuständige Abteilungen
    • Ggf. Korrektur der Hygiene- und Therapiemaßnahmen
  • Einführung von Präventionsbündeln

Nosokomiale Pneumonien erhöhen die Mortalität der Betroffenen, verlängern Krankenhausaufenthalte und verursachen immense Kosten!

Präventionsbündel können bei konsequenter Umsetzung aller Komponenten das Risiko für nosokomiale Pneumonien relevant senken!

Nicht-beatmete Personen [16]

Beatmete Personen [16]

Das Risiko für ventilationsassoziierte Pneumonien steigt mit zunehmender Dauer der maschinellen Beatmung! [18]

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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