ambossIconambossIcon

Scharlach

Letzte Aktualisierung: 23.11.2023

Abstracttoggle arrow icon

Beim Scharlach handelt es sich um eine Exotoxin-vermittelte Allgemeinerkrankung durch β-hämolysierende Gruppe-A-Streptokokken. Sie tritt meist bei Kindern im Alter von 4–10 Jahren im Rahmen einer Tonsillopharyngitis auf. Scharlach ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der (Streptokokken‑)Tonsillitis, in deren Rahmen ebenfalls ein Exanthem auftreten kann. Auch ein Auftreten ohne Tonsillitis, nach Tonsillektomie oder (selten) auch ohne Exanthem ist möglich.

Für die Diagnosestellung muss neben Fieber (und ggf. Tonsillopharyngitis) mindestens ein typisches Zusatzkriterium erfüllt sein. Charakteristische Scharlachsymptome sind Wangenrötung, periorale Blässe, Enanthem des Gaumens mit „Erdbeer-“ oder „Himbeerzunge“ und ein feinfleckiges Exanthem, das in den Leisten am stärksten ausgeprägt ist. Nach etwa einer Woche beginnt eine Hautschuppung an Stamm und Gesicht sowie eine Hautschälung an Handflächen und Fußsohlen. Bei untypischen Scharlachformen kann der Erregernachweis die Verdachtsdiagnose erhärten. I.d.R. ist zur Verringerung der Symptomdauer und der Infektiosität eine Antibiotikatherapie mit Penicillin indiziert. Scharlach wird durch verschiedene Toxintypen ausgelöst, wiederholte Infektionen sind daher möglich.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Häufigkeit
  • Altersgipfel: Kinder im Alter von 4–10 Jahren
  • Kontagiosität: Abhängig von der Therapie und dem klinischen Verlauf [1]
    • Mit wirksamer Antibiotikatherapie: 1 Tag
    • Ohne Antibiotikatherapie: ≤21 Tage
    • Symptomlose Keimträger sind selten infektiös

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Erreger

Primärer Infektionsfokus

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Inkubationszeit

  • 2–4 Tage

Prodromalstadium

Exanthemstadium (innerhalb von 48 h nach Krankheitsbeginn)

  • Wangenrötung mit perioraler Blässe (Facies scarlatinosa)
  • Enanthem am weichen Gaumen
  • Im Verlauf „rote Himbeer- oder Erdbeerzunge
  • Initial blassrotes feinfleckiges makulopapulöses Exanthem (sandpapier- oder samtartiges Gefühl bei Palpation)
    • Ausbreitung auf Kopf-Hals-Bereich, Stamm und Extremitäten
    • Deutlichste Ausprägung in der Leiste und in den anderen Gelenkbeugen
    • Nach 1–2 Tagen scharlachrote Verfärbung, Konfluenz an vielen Stellen zu einem diffusen Erythem mit positiver Diaskopie
    • I.d.R. kein Juckreiz
    • Dermographismus albus
    • Petechien möglich (positiver Rumpel-Leede-Test)
    • Pastia-Linien (lineare Petechien oder intensivrote Exanthemareale im Achsel- und Leistenbereich) [2][3]
    • Abblassen des Exanthems nach 3–4 Tagen bis zu 1 Woche, Entfieberung etwas zeitverzögert
  • Kleieförmige Schuppung der Haut in der 2.–4. Erkrankungswoche, insb. von Gesicht, Stamm, Achseln und Leiste
  • Palmoplantar eher groblamelläre Desquamation (handschuhartige Ablösungen)
  • Sonderformen
    • Scarlatinella („Atypischer Scharlach“): Heute häufiger als der klassische Scharlach
    • Wundscharlach

Zur Diagnosestellung muss neben Fieber (und ggf. Tonsillopharyngitis) mindestens ein typisches Zusatzkriterium erfüllt sein (Facies scarlatinosa, Enanthem, Himbeerzunge", Scharlach-Exanthem, Desquamation)!

Diagnostiktoggle arrow icon

Klinik

  • Typische Anamnese und Klinik sind diagnostisch wegweisend – Scharlach ist eine Blickdiagnose!
  • Nachweis einer erhöhten Kapillarfragilität

Antigennachweis

Labordiagnostik

Nach stattgehabter Scharlacherkrankung

  • Keine routinemäßigen Verlaufskontrollen des Rachenabstrichs
  • Keine routinemäßigen Blut- und Urinuntersuchungen oder kardiologische Diagnostik (EKG)

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Das feinfleckige Exanthem ist unspezifisch und kann schnell mit anderen Exanthemen verwechselt werden. Bei Vorliegen der klassischen Symptome (insb. Tonsillopharyngitis, Wangenröte mit perioraler Blässe und Enanthem) lässt sich Scharlach gut von anderen Erkrankungen abgrenzen. In Zweifelsfällen wie bspw. bei der infektiösen Mononukleose sollte ein Streptokokken-A-Schnelltest zur Diagnosesicherung erfolgen.

Klassische pädiatrische Exanthemerkrankungen

Scharlach ist eine der sechs „klassischen pädiatrischen Exanthemerkrankungen“:

Weitere Differenzialdiagnosen

Siehe auch: Exantheme im Kindesalter - Gesamtübersicht.

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Antibiotische Therapie [4]

Die antibiotische Therapie hat das Ziel der Symptomverkürzung, Reduzierung der Ansteckungszeit und Vermeidung von Komplikationen!

Symptomatische Therapie

Komplikationentoggle arrow icon

Seit der konsequenten Penicillintherapie treten Komplikationen und Folgeerkrankungen deutlich seltener auf. In Ländern des Globalen Südens kommen insb. die Streptokokken-Folgeerkrankungen noch häufig vor.

Toxinvermittelte Komplikationen

Bakterielle Komplikationen

Immunvermittelte Poststreptokokkenerkrankungen

Ein erhöhtes Risiko für immunvermittelte Streptokokken-Folgeerkrankungen beim Scharlach im Vergleich zu Streptokokken-Lokalinfektionen wäre denkbar, hat sich aber in Studien nicht bestätigt. Die Folgeerkrankungen sind mit dem immunogenen Potenzial des M-Proteins verknüpft und nicht mit den Exotoxinen.

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Präventiontoggle arrow icon

Impfung

Eine Impfung gegen β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A existiert nicht.

Umgebungsprophylaxe

Meldepflichttoggle arrow icon

Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht keine bundesweite Meldepflicht für Scharlach.

  • Arztmeldepflicht nach IfSGMeldeVO und ThürIfKrMVO (nur in Sachsen und Thüringen ): Namentliche Meldepflicht bei Krankheits- oder Todesfällen
  • Labormeldepflicht (nur in Thüringen ): Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis
  • Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 (6) IfSG

Patienteninformationentoggle arrow icon

Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Scharlach (Video frei verfügbar)

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. RKI-Ratgeber Streptococcus pyogenes-Infektionen.Stand: 25. Januar 2023. Abgerufen am: 31. Juli 2023.
  2. Höger: Kinderdermatologie: Differenzialdiagnostik und Therapie bei Kindern und Jugendlichen. Schattauer 2011, ISBN: 3-794-52730-5.
  3. White et al.: Levenes Farbatlas der Dermatologie. 5. Auflage Thieme 2004, ISBN: 3-131-39245-2.
  4. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 7. Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2018, ISBN: 978-3-132-40790-9.
  5. Helwig, Cremer:Scharlach - eine klar definierte akute Streptokokken-Infektion mit Exotoxin-bedingtem Exanthem und EnanthemIn: Kinder- und Jugendarzt. Band: 09, Nummer: 12, 2009, p. 809-815.
  6. Reinhardt et al.: Therapie der Krankheiten im Kindes- und Jugendalter. 8. Auflage Springer 2007, ISBN: 3-540-71898-2.
  7. Simon: Pädiatrie. 7. Auflage Schattauer 1995, ISBN: 3-794-51647-8.
  8. Kliegman et al.: Nelson Textbook of Pediatrics. 19. Auflage Elsevier 2011, ISBN: 978-1-437-70755-7.
  9. Wigger, Stange: Medikamente in der Pädiatrie: Inklusive Neonatologie/ Intensivmedizin. 4. Auflage Urban & Fischer 2013, ISBN: 3-437-21454-3.
  10. S2k-Leitlinie Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln – Tonsillitis.Stand: 1. August 2015. Abgerufen am: 11. August 2016.
  11. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 6 . Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2013, ISBN: 978-3-131-44716-6.
  12. Hoffmann et al.: Pädiatrie: Grundlagen und Praxis. 4. Auflage Springer 2014, ISBN: 3-642-41865-1.
  13. Speer, Gahr: Pädiatrie. 4. Auflage Springer 2013, ISBN: 3-642-34268-x.
  14. Koletzko, Harnack: Kinder- und Jugendmedizin. 14. Auflage Springer 2012, ISBN: 3-642-11378-8.
  15. Streptococcus-pyogenes-Infektionen, RKI-Ratgeber für Ärzte.Stand: 12. März 2009. Abgerufen am: 3. August 2017.
  16. Töpfner, Berner:ScharlachIn: Kinder- und Jugendarzt. Band: 14, Nummer: 05, 2014, p. 223-231.
  17. S3-Leitlinie Halsschmerzen.Stand: 1. Oktober 2020. Abgerufen am: 6. Mai 2022.

Icon of a lockNoch 3 weitere Kapitel kostenfrei zugänglich

Du kannst diesen Monat noch 3 Kapitel kostenfrei aufrufen. Melde dich jetzt an, um unbegrenzten Zugang zu erhalten.
 Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.