Zusammenfassung
Als Gonarthrose werden alle degenerativen Erkrankungen des Kniegelenks (femorotibial und femoropatellar) bezeichnet, die durch eine fortschreitende Zerstörung des hyalinen Gelenkknorpels gekennzeichnet sind und das gesamte Gelenk – einschließlich Synovia, Gelenkkapsel, Bänder und Knochen – sowie die periartikuläre Muskulatur betreffen. Das Kniegelenk ist die häufigste Lokalisation der Arthrose mit einer weltweiten Prävalenz von über 360 Mio. Betroffenen. Die Erkrankung beruht auf einem multifaktoriellen Prozess, der durch verschiedene prädisponierende Risikofaktoren begünstigt wird. Die Diagnosestellung erfolgt anhand der klinischen Untersuchung und durch bildgebende Verfahren, wobei die konventionelle Röntgenaufnahme als Goldstandard zur Beurteilung und Klassifikation der Gonarthrose gilt. Das multimodale Behandlungskonzept beginnt mit allgemeinen Maßnahmen wie Bewegungstherapie, Patientenedukation und Gewichtsreduktion bei Mehrgewicht, gefolgt von medikamentösen Maßnahmen zur Schmerztherapie. Bei fortgeschrittener Arthrose können operative Verfahren, bspw. die Umstellungsosteotomie, oder eine endoprothetische Versorgung indiziert sein.
Epidemiologie
- Inzidenz [2]
- Weltweit: 29,5 Mio. Menschen (2019)
- Altersgipfel: 45–59 Jahre (weltweit)
- Prävalenz
- Weltweit: Ca. 364,6 Mio. Menschen [2]
- Deutschland: 4.934.000 Menschen [3]
- Altersgipfel: Höheres Erwachsenenalter [2][4]
- Geschlechterverhältnis: ♀ > ♂
- Lebenszeitrisiko: Ca. 45% bis zum 85. Lebensjahr
- Years lived with Disability (YLD): 11,5 Mio. (weltweit) [2]
- Direkte und indirekte Krankheitskosten: 1,0–2,5% des BIP (Länder des Globalen Nordens) [5][6]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Einteilung nach Ätiologie
- Primäre (idiopathische) Gonarthrose
- Sekundäre Gonarthrose
- Multifaktorielle Genese [7]
- Zahlreiche prädisponierende Risikofaktoren
- Siehe auch: Arthrose - Pathophysiologie
Risikofaktoren
- Personenbezogene Risikofaktoren
- Höheres Lebensalter [8]
- Weibliches Geschlecht
- Höheres Körpergewicht und metabolisches Syndrom [9][10]
- Rheumatische Erkrankungen
- Gelenkbezogene Risikofaktoren
- Fehlstellung der unteren Extremität
- Genu varum, Genu valgum und Genu recurvatum
- Malalignment der Patella : Meist femoropatellare Arthrose
- Überbelastung des Kniegelenks
- Verletzung des Kniegelenks
- Osteochondrosis dissecans
- Fehlstellung der unteren Extremität
- Siehe auch: Arthrose - Ätiologie
Klassifikation
Radiologische Klassifikationen [11][12][13]
- Klassifikation nach Kellgren und Lawrence: Nativradiologische Klassifikation der Arthrose für alle Gelenke
- Klassifikation nach Ahlbäck: Nativradiologische Klassifikation der Arthrose spezifisch für das Kniegelenk
| Klassifikation der Gonarthrose nach Ahlbäck (1968) [13] | |
|---|---|
| Stadium | Nativradiologische Veränderungen |
| 1 |
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| 2 |
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| 3 |
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| 4 |
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| 5 |
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Arthroskopische Klassifikation von Knorpelschäden
| ICRS-Klassifikation von Knorpelschäden [14] | |
|---|---|
| Grad | Beschreibung |
| 0 |
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| 1 |
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| 2 |
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| 3 |
|
| 4 |
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Klinische Einteilung
- WOMAC: Evaluation gesundheitsbezogener Lebensqualität
- KOOS [15]
- Ziel: Evaluation von Kniebeschwerden, insb. nach Trauma
- Inhalt: Insg. 42 Fragen
- Bewertungssystem: Likert-Skalierung
- Ergebnis: Bewertung der einzelnen Bereiche auf einer Skala von 0–100
Symptomatik
- Knieschmerzen
- Belastungsabhängige Schmerzen
- Anlaufschmerz bei Bewegungsbeginn
- Dauer- und/oder Nachtschmerz im Verlauf
- Funktionelle Symptome
- Beschwerden bei alltäglichen Bewegungen
- Schongang oder Hinken
- Beugehemmung
- Krepitation
- Schwellung und Verformung
- Instabilität
- Gelenkerguss
- Überwärmung
- Präpatellare Bursitis
- Siehe auch: Allgemeine Symptome einer Arthrose
Leitsymptom der Gonarthrose ist ein belastungsabhängiger Knieschmerz, der in Ruhe nachlässt. Ein spezifisches Frühsymptom gibt es jedoch nicht!
Diagnostik
Für die allgemeine Diagnostik bei Arthrose siehe: Arthrose-Diagnostik
Anamnese
- Lebensalter und Körpergewicht
- Zeitverlauf und Art der Symptome
- Vorverletzungen der Kniebinnenstrukturen
- Vor-OPs der unteren Extremität beidseits
- Begleiterkrankungen und Vormedikation
- Einschränkungen im privaten oder beruflichen Alltag
Körperliche Untersuchung
- Inspektion
- Palpation des Kniegelenks
- Druckschmerz
- Erguss
- Schwellung
- Überwärmung
- Funktionsprüfung
- Beweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode
- Krepitation oder Blockierung bei Bewegung
- Prüfen der Bandstabilität (in Streck- und Flexionsstellung)
- Patellaverschieblichkeit, bspw. Zohlen-Zeichen
- Siehe auch: Orthopädische Untersuchungen des Knies
Apparative Diagnostik
Labordiagnostik
- Indikation: V.a. entzündliche oder rheumatische Genese
- Labor
- Entzündungsparameter, bspw. CRP, BSG
- Ggf. Biomarker, bspw. Abbauprodukte des Knorpels
- Synovialpunktion, siehe: Synovialanalyse
Bildgebende Diagnostik
- Konventionelle Röntgenaufnahme
- Indikation: Ausgangsuntersuchung, insb. bei geplanter operativer Therapie
- Ziel: Abbildung aller Kompartimente
- Durchführung
- Kniegelenk in 3 Ebenen
- Ggf. Spezialprojektionen, bspw. Rosenberg-Aufnahme oder Ganzbeinstandaufnahme
- Befund: Arthrosezeichen, periartikuläre Verkalkung, Einteilung in Schweregrade
- Ggf. Schnittbildaufnahme
- Ggf. Sonografie, bspw. bei einer Baker-Zyste oder Erguss
In der primärärztlichen Diagnostik ist eine Röntgenaufnahme nur dann sinnvoll, wenn eine operative Therapie diskutiert wird oder es Hinweise auf andere Differenzialdiagnosen gibt!
Diagnostische Kriterien [17][18]
- EULAR-Kriterien für eine Gonarthrose [19]
- Risikofaktoren
- Symptomatik
- Radiologische Diagnostik
- Labordiagnostik
- Ausschluss von Differenzialdiagnosen
- NICE-Kriterien für eine Arthrose [20]
- Alter >45 Jahre und
- Belastungsabhängige Beschwerden und
- Morgendliche Gelenksteife <30 min
- ACR-Kriterien für eine Gonarthrose [21]
| Kriterien für eine Gonarthrose des ACR (1986) | |||
|---|---|---|---|
| Klinisch | Klinisch und laborchemisch | Klinisch und radiologisch | |
| Befund |
|
|
|
Für die Erstdiagnose im Alltag eignen sich insb. die klinischen Kriterien für eine Gonarthrose des ACR und des NICE!
Differenzialdiagnosen
- Allgemeine Differenzialdiagnosen bei Gelenkschmerzen: Siehe Arthrose - Differenzialdiagnosen
- Intraartikuläre Differenzialdiagnosen
- Meniskusläsion
- Aseptische Knochennekrose (Morbus Ahlbäck)
- Transitorisches Knochenmarködem (transiente Osteoporose)
- Stressfraktur
- Tenosynovialer Riesenzelltumor
- Reaktive Arthritiden, rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis
- Plica mediopatellaris (Plica-Syndrom)
- Benigne Knochentumoren
- Maligne Knochentumoren
- Extraartikuläre Differenzialdiagnosen
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Für allgemeine Therapiehinweise siehe: Arthrose - Therapie!
Therapiealgorithmus
- Allgemeine Maßnahmen
- Medikamentöse Therapie
- Topische Analgetika
- Orale Medikamente
- Intraartikuläre Injektion
- Operative Therapie der Gonarthrose
- Gelenkerhaltende Therapie oder
- Gelenkersetzende Therapie
Konservative Therapie
- Indikation: Symptomatische Gonarthrose
- Ziele
- Reduktion der Schmerzen
- Verbesserung der Kniefunktion und der Lebensqualität
- Verlangsamen des Krankheitsprogresses
- Durchführung: Multimodales Behandlungskonzept
- Allgemeine Maßnahmen
- Ggf. medikamentöse Therapie
- Ggf. Kältetherapie
- Ggf. nuklearmedizinische Therapie
Bei beginnender Gonarthrose können Low-Impact-Sportarten Schmerzen reduzieren sowie Bewegung und Funktion des Kniegelenks steigern!
Allgemeine Maßnahmen
- Basismaßnahmen (starke Empfehlung)
- Patientenedukation
- Bewegung
- Gewichtsreduktion bei hohem Körpergewicht bzw. Gewichtskontrolle
- Landbasierte Bewegungstherapie
- Zur Stärkung der Kraft und/oder der aeroben Ausdauer
- Therapie allein oder in der Gruppe (möglichst unter Aufsicht)
- Hinweis auf initiale Verstärkung der Beschwerden nötig
- Weiterführende Maßnahmen (schwache Empfehlung)
- Wasserbasierte Bewegungstherapie
- Gehhilfen
- Manuelle Therapie plus Bewegungstherapie
- In Ausnahmefällen: Orthopädische Hilfsmittel
- Orthopädische Schuhe oder Einlagen
- Orthesen
- Tapes
- Keine Empfehlung
- Massagetherapie
- Akupunktur
- Vibrationstherapie
- Traktionstherapie
- Elektrotherapie
- Ergotherapie
- Blutegel
- Topische Phytotherapeutika
Medikamentöse Therapie [22]
- Indikation
- Persistierende Beschwerden nach Durchführung der allgemeinen Maßnahmen
- Unterstützung der Bewegungstherapie
- Starke Beschwerden, bspw. bei aktivierter Arthrose
- Anwendung
- So kurz wie möglich in der niedrigstmöglichen Dosis
- Kombination mit allgemeinen Maßnahmen
- Nicht-Opioid-Analgetika
-
NSAR
- Bevorzugt topisch, bspw. Diclofenac
- Alternativ oral, ggf. kombiniert mit einem PPI
- Ggf. Metamizol
- Ggf. Paracetamol
-
NSAR
- Schwache Opioide: Tramadol
- Glucocorticoide: Intraartikuläre Anwendung [23]
- Hyaluronsäure: Intraartikuläre Injektion [24]
- Thrombozytenreiches Plasma (PRP): Intraartikuläre Injektion [25]
- Keine Empfehlung
- Starke Opioide
- Glucosamin [26]
Die medikamentöse Therapie der Gonarthrose sollte mit dem am wenigsten schädlichen Präparat, bspw. einer topischen Behandlung mit NSAR, beginnen und je nach Therapieerfolg und Begleiterkrankungen angepasst werden!
Operative Therapie
Gelenkerhaltende Therapie
- Arthroskopie
- Lavage und/oder Débridement: Keine Empfehlung
- Knorpelregenerative Verfahren
- Je nach Defektgröße und funktionellem Anspruch: Ggf. Knorpelersatzverfahren erwägen [28]
- Insb. bei fortgeschrittener Arthrose: Keine Empfehlung
- Umstellungsosteotomie
- Ziel: Entlastung des Knorpels durch Achsveränderung
- Typische Indikation: Unikompartimentelle Gonarthrose und extraartikuläre Fehlstellung (insb. >5°)
- Kontraindikation
- Ausgeprägter Meniskusverlust des kontralateralen Kompartiments
- Höhergradige Knorpelschäden des kontralateralen Kompartiments
- Durchführung: Kniegelenknahe Umstellungsosteotomie
- Beispiel: Hohe tibiale Umstellungsosteotomie (medial Open-Wedge oder lateral Closed-Wedge)
- Ggf. zusätzlich Arthroskopie
- Sonderform Mini-Implantat [28]
- Typische Indikation
- Lokal beschränkte Läsionen mit knöcherner Beteiligung
- Versagen anderer operativer Verfahren
- Präoperative Voraussetzungen
- Achsfehlstellung ≤5°
- Kein ausgeprägter Meniskusverlust
- Intakter Bandapparat
- Durchführung: Arthroskopie, ggf. mini-open-Vorgehen
- Typische Indikation
Gelenkersetzende Therapie
Indikationsstellung
- Hauptkriterien
- Knieschmerz >3 Monate
- Fortgeschrittener struktureller Schaden (Gonarthrose)
- Versagen einer konservativen Therapie
- Einschränkung der Lebensqualität >3 Monate und subjektiver Leidensdruck als Folge der Gonarthrose
- Nebenkriterien
- Einschränkung beim Gehen, Stehen oder Treppensteigen
- Einschränkung der Beweglichkeit oder Kraft
- Fehlstellung der Beinachse
- Instabilität des Kniegelenks
- Schwierigkeiten im Alltag
- Notwendige Unterstützung durch andere Personen
- Einschränkungen im Beruf, beim Sport oder im sozialen Leben
- Vermeiden von Folge- und Nebenerkrankungen
- Risikofaktoren
- Erhöhte Blutzuckerwerte
- Erhöhter BMI
- Nicotinkonsum
- Anämie
- Z.n. intraartikulärer Injektion von Glucocorticoiden
- Unbehandelte bzw. unzureichend behandelte psychische Erkrankung
- Aktive entzündlich rheumatische Grunderkrankungen [29]
- Prinzipiell erhöhtes Infektionsrisiko oder Z.n. Infektion des betroffenen Kniegelenks
- Prinzipiell erhöhtes OP-Risiko (ASA-Klassifikation ≥3)
- Unrealistische Ziele bzw. Erwartungen der Betroffenen
Kontraindikationen
- Absolute Kontraindikationen
- Infektion des Kniegelenks
- Allgemeine Kontraindikation für einen elektiven Eingriff
- Relative Kontraindikationen
- Deutlich verkürzte Lebenserwartung infolge anderer Erkrankungen
- BMI ≥40 kg/m2
Entscheidungsfindung
- Medizinische Begründung: Vorhandene Hauptkriterien, keine Kontraindikationen
- Ärztliche Indikationsstellung: Wie wahrscheinlich können Behandlungsziele durch eine Knie-TEP erreicht werden?
- Ziele und Erwartungen der Betroffenen: Können diese mit einer Knie-TEP erreicht werden?
- Entscheidungsfindung: Gespräch zwischen Betroffenen und behandelnden Personen (Shared Decision-making)
Im Rahmen einer partizipativen Entscheidungsfindung wird die Entscheidung für oder gegen die Implantation einer Knie-TEP getroffen!
Durchführung
Perioperatives Management
- Optimierung modifizierbarer Risikofaktoren
- Chirurgische Aufklärung
- Precleaning: Anwendung eines lokalen Antiseptikums auf der Haut am Abend vor sowie am Morgen des OP-Tags, bspw. Chlorhexidin oder Octenidin [30]
- Materialkomponenten
- Anästhesieverfahren: Lokalanästhesie plus
- Intraoperatives Vorgehen [31]
- Ggf. Verwendung einer Blutsperre
- Ggf. Einsatz eines Navigationssystems [32]
- Ggf. Verwendung patientenspezifischer Instrumente
- Gabe von Tranexamsäure: I.v. und intraartikulär (Gesamtdosis max. 3 g)
- Verzicht auf Drainagen
- Postoperative Schmerztherapie
- Orale und i.v. Analgesie plus
- Präoperative lokale Infiltrationsanästhesie oder Nervenblockade
Hemi-Endoprothese
- Unikondyläre Endoprothese (Schlittenprothese) [33]
- Typische Indikation: Isoliert mediale oder laterale Arthrose und Therapieversagen
- Präoperative Voraussetzungen
- Achsfehlstellung: ≤15°
- Intaktes VKB/HKB
- Intakter Kollateralbandapparat
- Streckdefizit <15°
- Beschreibung: Unikompartimenteller Ersatz einer Femurkondyle (unikondylär) und der korrespondierenden Tibiagelenkfläche mit Einlage einer Kunststoffgleitfläche zwischen den einzelnen Komponenten
- Varianten
- Unikompartimenteller Hemischlitten (häufigste Variante)
- Bikompartimenteller Hemischlitten
- Bikompartimentelle Prothese
- Patellofemorale Endoprothese [34]
- Indikation: Isolierte patellofemorale Gonarthrose
- Präoperative Voraussetzungen
- Intakter Bandapparat
- Streckdefizit <10°
- Beugung >90°
- Beschreibung: Isolierter Ersatz der Patella
Total-Endoprothese (Knie-TEP)
- Präoperative Voraussetzungen [35]
- Achsfehlstellung: ≤25° Varus und ≤20° Valgus
- Flexionskontraktur ≤20°
- Beschreibung: Ersatz beider Femurkondylen (bikondylär) und der korrespondierenden Tibiagelenkfläche mit Einlage einer Kunststoffgleitfläche zwischen den einzelnen Komponenten
- Varianten
AMBOSS-Pflegewissen: Knie-TEP
Spezielle präoperative Pflege
Siehe AMBOSS-Pflegewissen: Präoperative Pflege
- Ggf. Abnahme von Kreuzblut nach ärztlicher Anordnung: Siehe Blutabnahme zur Blutgruppenbestimmung und Kreuzprobe
- Lagerungsschiene/-kissen für das operierte Bein mit in den OP geben
- Präoperative Hygienemaßnahmen im OP-Gebiet: Es gelten die hausinternen Standards!
Spezielle postoperative Pflege
Siehe AMBOSS-Pflegewissen: Postoperative Pflege
- Regelmäßiges Basismonitoring: Größerer intra- und postoperativer Blutverlust möglich
- Drainagen: Auf Lage und ggf. Sog der Drainage sowie Menge, Farbe und Beimengungen des Sekrets achten
- Flüssigkeitsbilanzierung: Nach ärztlicher Anordnung
Mobilisation/Positionierung
- Erstmobilisation: Nach ärztlicher Anordnung
- Häufig bereits am OP-Tag
- Ggf. Röntgenkontrolle der Gelenkprothese
- Mit Begleitung
- Mit Unterstützung, bspw. Unterarmgehstützen, Gehbock oder Rollator
- Individuelle Belastung des operierten Beines
- Falls keine ärztlichen Angaben vorliegen: Mobilisierung ohne Belastung des operierten Beines!
- Positionierung: Insb. an den ersten postoperativen Tagen schmerzreduzierende und abschwellende Lagerung
- Zu vermeidende Bewegungen des operierten Beines
- Add- und Abduktion im Kniegelenk
- Innen- und Außenrotation im Kniegelenk
- Passives Bewegungstraining
- Ziel: Steigerung der Beweglichkeit des Kniegelenks
- Vorgehen: Einsatz einer CPM-Schiene
- Positionierung im Bett und Einstellung Bewegungsausmaß durch ärztliches Personal oder Physiotherapeut:innen
- Mehrmals täglich empfohlen
Die Schienen sind sehr schwer, weshalb auf rückenschonendes Arbeiten geachtet oder die Schiene ggf. zu zweit ins Bett gehoben werden sollte!
Körperpflege/Prophylaxen
- Körperpflege: Bedarfsgerecht, wenn möglich mit Mobilisation verbinden
- Prophylaxen: Bedarfsgerecht, insb
Nachsorge
Nachbehandlungsempfehlung bei Knieendoprothese
- OP-Tag: Vermeidung von Komplikationen
- Kontrolle der Schmerzen
- Hämodynamische Stabilisierung
- Pneumonieprophylaxe
- Dekubitusprophylaxe
- Woche 1–2: Frühmobilisation und Aktivierung
- Vollbelastung im 3-Punkt-Gang und später 2-Punkt-Gang
- Bewegungsausmaß im schmerzarmen Bereich
- Medikamentöse Thromboseprophylaxe für 11–14 Tage, siehe auch: Thromboseprophylaxe - Operative Eingriffe
- Röntgenkontrolle mit Beinachsaufnahme
- Ggf. Beantragen einer geriatrischen Frührehabilitation oder von Rehamaßnahmen
- Woche 2–6: Schmerzadaptierte Bewegung ohne Einschränkung
- Woche 6–12: Bewegung und Belastung unter Alltagsbedingungen
- Woche 12–16: Bewegung und Belastung ohne Einschränkung
- Ab 4. Monat: Sportfähigkeit für Low-Impact-Sportarten
Nach Implantation einer Knieendoprothese besteht ein erhöhtes Thromboserisiko! [36]
Gelenkschonende Low-Impact-Sportarten werden auch postoperativ empfohlen!
Komplikationen
- Intra- und postoperative Komplikationen [37]
- Fraktur
- Blutung, Hämatom- bzw. Serombildung
- Verletzung von Muskeln oder Nerven
- Verletzung des Streckapparats
- Austreten von Zement, freier Gelenkkörper
- Palacos-Embolie
- Wundheilungsstörung oder Wundinfektion
- Thrombose, Lungenembolie
- Pneumonie
- Kardiovaskuläre Komplikationen
- Komplikationen im späteren postoperativen Verlauf
- Persistierende Schmerzen, CRPS
- Hypertrophe Narbe, Keloid
- Bewegungs- und Funktionseinschränkung, Arthrofibrose
- Kniegelenkinstabilität
- Verletzung des Streckapparats
- Heterotope Ossifikation
- Implantatlockerung
- Implantatversagen
- Periprothetische Infektion
- Periimplantäre Fraktur
- Polyethylenabrieb und Metallose
- Inlay-Luxation
- Allergiebedingte Komplikationen (Typ-IV-Reaktion)
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Prothesenstandzeit: Nach 10 Jahren sind 95% der Prothesen noch „sehr gut“
- Beeinflussende Faktoren, bspw. [38]
- Intraoperative Faktoren: Implantat, Positionierung der Prothese, OP-Technik
- Patientenspezifische Faktoren: Aktivitätslevel, Lebensführung
- Beeinflussende Faktoren, bspw. [38]
- Patientenzufriedenheit: 10–20% unzufrieden [39]
Prävention
- Vermeidung von Verletzungen, bspw. durch (sportmedizinische oder berufsbezogene) Beratung bei bestimmten Sportarten
- Anstreben eines Normalgewichts
- Behandlung von Stoffwechselerkrankungen
- Körperliche Bewegung [40]
- Kräftigung der Muskulatur der unteren Extremität
- Steigerung des Bewegungsausmaßes
- Neuromuskuläre Kontrolle
- Patientenedukation, insb. hinsichtlich Selbstmanagement, Eigenverantwortung und Bewältigungsstrategien (sekundäre Prävention)
Im Alltag, beim Sport und im beruflichen Kontext sollen unphysiologische Bewegungen mit übermäßiger Kniebelastung vermieden werden! Regelmäßige Bewegung zur Förderung von Kräftigung und Beweglichkeit wird hingegen empfohlen. [1]
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- M17.-: Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes]
- M17.0: Primäre Gonarthrose, beidseitig
- M17.1: Sonstige primäre Gonarthrose
- Primäre Gonarthrose: einseitig, o.n.A.
- M17.2: Posttraumatische Gonarthrose, beidseitig
- M17.3: Sonstige posttraumatische Gonarthrose
- Posttraumatische Gonarthrose: einseitig, o.n.A.
- M17.4: Sonstige sekundäre Gonarthrose, beidseitig
- M17.5: Sonstige sekundäre Gonarthrose
- Sekundäre Gonarthrose: einseitig, o.n.A.
- M17.9: Gonarthrose, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.