Abstract
Bei einer Zwerchfellhernie liegt eine vergrößerte Öffnung im Zwerchfell vor, sodass Eingeweide in den Thoraxraum durchtreten können. Man unterscheidet traumatische von nicht-traumatischen und angeborene von erworbenen Zwerchfellhernien. Klinisch am häufigsten sind Hiatushernien, bei denen sich Teile des Magens durch den Hiatus oesophageus in den Thorax verlagern können. Die Symptome sind abhängig von der Größe des Defekts und reichen von Symptomfreiheit über Reflux, Erbrechen, retrosternale Schmerzen bis hin zur Ileus-Symptomatik. Bei Verlagerung großer Teile der intraabdominellen Organe ist eine gestörte Atemfunktion bis hin zur Ateminsuffizienz möglich. Der Defekt wird je nach Klinik operativ mittels Naht, Netzeinlage oder Fundoplicatio versorgt.
Im Kapitel Hiatushernie wird dieses Krankheitsbild nochmals detaillierter dargestellt.
Ätiologie
Nicht-traumatische Hernien
Angeborene Hernien
- Ursache: Störung der embryonalen Entwicklung des Zwerchfells
- Zwerchfelldefekt: Kein Bruchsack
- Zwerchfellhernie: Mit peritonealem Bruchsack
- Formen
-
Hernia diaphragmatica lumbocostalis: Bochdalek-Hernie (häufigste Form)
- In den meisten Fällen auf der linken Seite lokalisiert
- Häufig große Defekte mit Verlagerung von Bauchorganen in den Thoraxraum und starker Beeinträchtigung der Lungenfunktion
- Hernia diaphragmatica sternocostalis/parasternalis: Morgagni-Hernie (rechts) und Larrey-Hernie (links)
- Zentrale Zwerchfellhernie (selten)
- Hernien durch den Hiatus aorticus oder durch das Foramen venae cavae (selten)
-
Hernia diaphragmatica lumbocostalis: Bochdalek-Hernie (häufigste Form)
Erworbene Hernien
- Hiatushernie (häufigste Zwerchfellhernie)
- Axiale Hiatushernie (Gleithernie): Häufigste Form
- Paraösophageale Hiatushernie
- Extremvariante: „Upside down stomach“
- Gemischte Hiatushernie
Traumatische „Hernien“
- Traumatische Zwerchfellruptur
Symptome/Klinik
Angeborene Hernien
- Symptome abhängig von der Größe der Hernien und der Menge an nach intrathorakal verlagerten Organen (Enterothorax)
- Bei großen angeborenen Zwerchfellhernien: Atemnot bis hin zur Ateminsuffizienz unmittelbar postnatal
Erworbene Hernien
- Sehr variable Symptome (abhängig von der Größe, jedoch korreliert die Größe nicht immer mit dem Beschwerdebild!)
- Asymptomatisch
- Reflux
- Druckgefühl mit retrosternalen Schmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Bei Passagestörung: Übelkeit und Erbrechen, Stuhl- und Windverhalt, Ileus möglich
- Kardiopulmonale Probleme: Dyspnoe, Tachykardie, Rhythmusstörungen
Traumatische „Hernien“
Verlaufs- und Sonderformen
- Roemheld-Syndrom: Kardiale Symptome wie Tachykardie, Extrasystolen, Angina pectoris durch Verdrängung des Mediastinums und des Herzens durch den Magen, v.a. nach Mahlzeiten
Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung
- Bei Verlagerung großer Anteile intraabdomineller Organe (v.a. bei angeborener Zwerchfellhernie)
- Auskultation
- Darmgeräusche im Thorax
- Abgeschwächtes Atemgeräusch
- Perkussion: Abgeschwächter Klopfschall
- Eingefallenes Abdomen
- Zeichen der Dyspnoe bis hin zur Asphyxie
- Auskultation
Endoskopie (ÖGD)
- Vor allem zur Diagnostik von Hiatushernien
- Zusätzlich Evaluation gastroösophagealer Komplikationen
Bildgebung
- Röntgendiagnostik
- Ösophagusbreischluck: Röntgen-Durchleuchtung nach oraler Kontrastmittelgabe (v.a. bei Hiatushernien)
- Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (Enterothorax möglich)
- Abdomenübersicht
- Sonographie: Darstellung intrathorakaler Organe (v.a. bei angeborener Zwerchfellhernie)
- Evtl. CT
Bei Verdacht auf Zwerchfellhernie äußerste Zurückhaltung bei Pleurapunktionen, da Verletzungen des Darms möglich sind!
Therapie
Konservativ
- Indikation: Axiale Hernien ohne Komplikationen (sowie ggf. begleitend bei operationswürdigen Hernien)
- Bei Refluxbeschwerden: Siehe Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit
Operativ
- Indikation
- Absolut
- Bei Atemeinschränkung (insb. bei angeborenen Hernien/Defekten)
- Bei Komplikationen wie bei Inkarzeration, Ileus, Perforation
- Bei paraösophagealen Hiatushernien (aufgrund der Inkarzerationsgefahr)
- Relativ: Bei asymptomatischen oder leicht symptomatischen Patienten
- Keine Therapie: Asymptomatische axiale Hiatushernie
- Absolut
- Operatives Vorgehen
- Bei traumatischen oder angeborenen Hernien
- Transabdomineller Zugang mit Verschluss durch Naht oder bei großen Defekten mit Kunststoffnetz
- Evtl. transthorakaler Zugang (nur bei traumatischen Hernien ohne Zeichen für abdominelle Verletzungen)
- Postoperative Einlage einer Bülau-Saugdrainage
- Bei erworbenen Hiatushernien (siehe auch: Hiatushernie)
- Meist laparoskopisches Vorgehen
- Fundoplicatio nach Nissen
- Hiatoplastik
- Fundo- oder Gastropexie
- Bei traumatischen oder angeborenen Hernien
Komplikationen
- Bei angeborenen Zwerchfellhernien: Pulmonale Hypoplasie und Gefahr der Ateminsuffizienz (auch postoperativ)
- Kardiale Komplikationen durch Verdrängung
- Refluxösophagitis (mit erhöhtem Risiko eines Ösophaguskarzinoms)
- Einklemmung, Inkarzeration, Magenvolvulus, Ileus, Ulzera, Perforation
- Postoperativ
- Rezidivneigung
- Mageneingangsstenose
- Gas-bloat-Syndrom
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- K44.-: Hernia diaphragmatica
- Inklusive: Hiatushernie (ösophageal) (gleitend), Paraösophageale Hernie (siehe auch: Hiatushernie - Kodierung nach ICD)
- Exklusive: Angeboren: Hiatushernie (Q40.1), Zwerchfellhernie (Q79.0)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.