Definition
- Verlegung der oberen Atemwege (Atemwegsobstruktion)
- Komplette oder partielle Unterbrechung des Atemflusses
- Subjektive und/oder objektive Luftnot
Für die grundlegenden Prinzipien der Notfallbehandlung siehe: Notfallmanagement - Grundlegende Prinzipien
Ein normal sprechender Patient hat i.d.R. keine kritische Atemwegsobstruktion!
Basisdiagnostik und -maßnahmen
Bei Traumapatienten muss immer eine Beurteilung der Halswirbelsäule erfolgen und im Zweifel die HWS immobilisiert werden! Siehe auch: HWS-Beurteilung bei Traumapatienten.
Patientenbeurteilung [1][2]
Inspektionsbefund | Konsequenz |
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Erstmaßnahmen zur Atemwegssicherung [1][3][4]
Patient ohne Bewusstsein | Patient mit Bewusstsein | |
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Atemwege freimachen |
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Atemwege offenhalten |
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Als Erstmaßnahme sollten nur unmittelbar sichtbare Fremdkörper entfernt werden!
Nach dem Freimachen der Atemwege sollte die schnellstmögliche Gabe von Sauerstoff mit hoher Flussrate erfolgen!
Basisdiagnostik bei Verdacht auf Atemwegsverlegung
Diagnostik | Befund | Verdachtsdiagnose |
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Beurteilung der Vigilanz |
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Beurteilung der Atmung |
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Inspektion der oberen Atemwege |
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Auskultation der Lunge |
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Anamnestische Hinweise |
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HWS-Beurteilung
- Verwendung klinischer Protokolle zur HWS-Beurteilung nach Trauma [5][6], bspw.
- Ziel: Ausschluss einer klinisch relevanten HWS-Verletzung
- Voraussetzung: Wache Personen mit stabilen Vitalparametern
- Entscheidungshilfe bei der Indikationsstellung zur
- Präklinischen Immobilisation der HWS
- Durchführung einer radiologischen Diagnostik
Bei unklarem Befund muss die HWS bis zum Ausschluss einer klinisch relevanten Verletzung immobilisiert werden!
Canadian C-Spine Rule (CCR) [7][8]
Canadian C-Spine Rule (CCR) zur HWS-Beurteilung nach Trauma | ||
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Frage | Befund | Bewertung |
Inklusionskriterien vorhanden? |
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Ausschlusskriterien vorhanden? |
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High-Risk-Faktoren vorhanden? |
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Low-Risk-Faktoren vorhanden? |
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Aktive HWS-Bewegung möglich? |
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Legende | * Gefährliche Unfallmechanismen
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NEXUS-Kriterien [9][10][11]
NEXUS-Kriterien zur HWS-Beurteilung nach Trauma | |
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Kriterium | Positiv bei |
Schmerz |
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Intoxikation |
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Bewusstsein |
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Neurologie |
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Begleitverletzungen |
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Ist keines der NEXUS-Kriterien positiv, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit keine klinisch relevante Verletzung der HWS vor!
Weiterführende Maßnahmen
- Bei der Sicherung der Atemwege werden vier Stufen unterschieden
- Spontanatmung oder assistierte Beatmung über Gesichtsmaske
- Supraglottische Atemwegshilfen
- Endotracheale Intubation
- Koniotomie
- Beurteilung eines potenziell schwierigen Atemwegs: Siehe LEMON-Score
Freihalten der Atemwege unter Spontanatmung/Maskenbeatmung [1][12]
Neben den Basismaßnahmen zum Freihalten der Atemwege stehen verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung. Für die praktische Anwendung siehe: Einlage von Guedel- und Wendltubus - AMBOSS-SOP.
Nasopharyngealer Tubus (Wendl-Tubus)
- Indikation
- Offenhalten der Atemwege bei eingeschränkter Vigilanz
- Verbesserung der Bedingungen zur Maskenbeatmung
- Kontraindikationen
- Verletzungen der Nase oder des Gesichtsschädels
- Nasenbluten
- Schwere Gerinnungsstörungen
- Komplikationen
- Aspiration
- Würgereiz bei wachen Patienten
- Nasenbluten
- Laryngospasmus bei zu langem Tubus
- Durchführung siehe: Einlage eines Wendl-Tubus
Oropharyngealer Tubus (Guedel-Tubus)
- Indikation
- Offenhalten der Atemwege bei tief bewusstlosen Patienten
- Verbesserung der Bedingungen zur Maskenbeatmung
- Beißschutz bei intubierten Patienten
- Kontraindikationen
- Erhaltene Abwehrreflexe
- Kieferverletzungen
- Komplikationen
- Aspiration
- Würgereiz bei oberflächlich bewusstlosen Patienten
- Blutungen in Mund oder Rachen
- Atemwegsverlegung bei falscher Größe
- Durchführung siehe: Einlage eines Guedel-Tubus
Maskenbeatmung (nicht-invasive Ventilation) [4][12]
- Indikation
- Kurzzeitige respiratorische Insuffizienz
- Überbrückung eines Atemstillstands vor Intubation
- Zwischen Intubationsversuchen
- Scheitern anderer Maßnahmen bei indizierter Beatmung
- Relative(!) Kontraindikationen
- Mechanische Verlegung der oberen Atemwege
- Hohes Aspirationsrisiko
- Frontobasale Verletzungen
- Komplikationen
- Insuffiziente Beatmung bei erschwerter Maskenbeatmung
- Gas-Insufflation in den Magen
- Aspiration
- Durchführung siehe: Maskenbeatmung - AMBOSS-SOP
Falsche Anwendung oder unpassende Größe eines Hilfsmittels können ihrerseits zu einer Atemwegsverlegung führen!
Kontraindikationen für eine Beatmung mit Maske sind in der Notfallsituation immer als relativ zu betrachten; Vorrang hat stets die Oxygenierung!
Supraglottische Atemwegshilfen [1][13]
- Grundtypen
- Larynxmaske
- Larynxtubus
- Ösophagotrachealer Tubus (bspw. Combitube®)
- Indikationen
- Atemwegssicherung bei niedrigem Aspirationsrisiko
- Sekundäre Atemwegssicherung bei erschwerten Intubationsbedingungen
- Primäre Atemwegssicherung bei fehlender Intubationserfahrung
- Relative Kontraindikationen
- Erhöhtes Aspirationsrisiko
- Starke Schwellung
- Trauma im Kiefer-Gesichtsbereich
- Komplikationen
- Aspiration
- Blutungen in Mund oder Rachen
- Dislokation mit Atemwegsverlegung
- Magenüberblähung
- Durchführung siehe: Anlage supraglottischer Atemwegshilfen - AMBOSS-SOP
Im Notfall stellt die Anlage einer supraglottischen Atemwegshilfe immer eine (passagere) Option zur Oxygenierung dar und bestehende Kontraindikationen sind als relativ zu betrachten!
Bei Notfällen sollten supraglottische Atemwegshilfen mit Drainagekanal (2. Generation) verwendet werden, da über diese auch eine Magensonde gelegt werden kann! [4]
Intubation [1][14]
- Indikationen zur Notfallintubation
- Akute respiratorische Insuffizienz
- Hypoxie
- Atemfrequenz <6/min oder >29/min
- Voraussetzung: Nicht-invasive Ventilation (NIV) nicht möglich
- Bewusstlosigkeit mit erhöhtem Aspirationsrisiko
-
Polytrauma mit
- GCS <9 oder
- Hämodynamische Instabilität (systolischer Blutdruck <90 mmHg) oder
- Sauerstoffsättigung <90% (trotz Sauerstoffgabe)
- Siehe auch: Intubationskriterien bei Polytrauma
- Akute respiratorische Insuffizienz
- Komplikationen
- Erschwerte Intubation oder unmögliche Intubation
- Verletzungen und Blutungen (Sichteinschränkung!)
- Siehe auch: Komplikationen der Intubation
- Durchführung siehe: Rapid Sequence Induction - AMBOSS-SOP
Rasch reversible Ursachen einer Vigilanz- oder Atemstörung sollten vor der Intubation ausgeschlossen werden!
Eine notfallmäßige Intubation hat eine hohe Komplikationsrate und sollte innerklinisch stets von einer erfahrenen Person durchgeführt werden!
Koniotomie
- Definition: Durchtrennung des Lig. cricothyroideum medianum zur Schaffung eines künstlichen Atemweges
- Indikation: „cannot ventilate, cannot intubate“-Situation
- Fehlende oder stark eingeschränkte Spontanatmung plus
- Unmögliche oder ineffektive Oxygenierung über Maskenbeatmung oder supraglottische Atemwegshilfen plus
- Unmögliche endotracheale Intubation (inkl. Videolaryngoskopie)
- → Koniotomie als finale lebensrettende Option
- Techniken
- Chirurgische Techniken
- Punktionskoniotomie
- Durchführung siehe: Koniotomie - AMBOSS-SOP
Die Entscheidung zur notfallmäßigen Koniotomie muss klar kommuniziert und rechtzeitig getroffen werden!
Differentialdiagnostik
Differenzialdiagnostische Hinweise auf die Ursache einer Atemwegsverlegung
Differenzialdiagnostische Hinweise auf die Ursache einer Atemwegsverlegung | ||
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Verdachtsdiagnose | Hinweise | Initiale Therapie |
Anatomische Atemwegsverlegung (Zunge) |
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Lokale Entzündung |
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Beidseitige Parese des N. recurrens |
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