Zusammenfassung
Die Colitis ulcerosa (CU) ist gemeinsam mit dem Morbus Crohn als chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) klassifiziert. Die Erkrankung manifestiert sich typischerweise bei jüngeren Erwachsenen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Das Leitsymptom sind meist blutig-schleimige Durchfälle, oft in Kombination mit Bauchschmerzen und Fieber. Die Diagnose kann nur durch gemeinsame Betrachtung verschiedener Befunde gestellt werden. Neben der typischen Anamnese können erhöhte Entzündungswerte, bildgebende Auffälligkeiten (z.B. sonografische Darmwandverdickung) sowie endoskopische und histopathologische Veränderungen Hinweise auf das Vorliegen der Erkrankung liefern. In der Koloskopie zeigt sich oft das typische Muster einer Entzündung, die im Rektum beginnt und sich ohne Unterbrechung in den restlichen Dickdarm ausbreitet.
Die Therapie der Erkrankung erfolgt bei leichten und mittelschweren Schüben zumeist mit Aminosalicylaten, bei schwereren Schüben kommen auch Glucocorticoide und Immunsuppressiva zum Einsatz. Bei distaler Kolitis können die Substanzen lokal (per Zäpfchen, Einlauf oder Schaum) gegeben werden, wohingegen ausgedehnte Befunde systemisch behandelt werden müssen. Aufgrund des erhöhten Risikos für ein kolorektales Karzinom sollten regelmäßige Kontrollkoloskopien durchgeführt werden. Beim Nachweis von Dysplasien, aber auch bei nicht-beherrschbaren Schüben oder dem Auftreten von Komplikationen (z.B. toxisches Megakolon) kann die Erkrankung durch eine Proktokolektomie behandelt und sogar geheilt werden.
Für pädiatrische Inhalte siehe: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen im Kindes- und Jugendalter
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Epidemiologie
Ätiologie
Risikofaktoren
- Genetische Prädisposition
- Positive Familienanamnese: Wichtigster unabhängiger Risikofaktor
- Genloci: > 200 Loci assoziiert mit CED [5][6]
- Intestinales Mikrobiom: Reduzierte Diversität des Mikrobioms (Dysbiose) [7]
- Medikamente [6]
- Nikotinkonsum: Ehemalige Raucher:innen [6]
- Ernährung [8]
- Hoher Verzehr von rotem Fleisch, Softdrinks und saccharosehaltigen Lebensmitteln [9]
- Geringer Verzehr von Gemüse, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D
- Infektionen: Infektiöse Durchfallerkrankungen [6]
Protektive Faktoren
- Stillen: ≥6 Monate gestillt → bis zu 25% niedrigeres Risiko für spätere CU
- Appendektomie in der Kindheit [10]
- Risiko für CU um ca. 70 % reduziert
- Bei Erkrankung: Weniger schwere Verläufe
- Nikotinkonsum: Aktive Raucher:innen
Genetische Faktoren haben den größten Einfluss auf die Entstehung einer Colitis ulcerosa!
Klassifikation
Montreal-Klassifikation der Colitis ulcerosa
- Richtet sich nach Ausdehnung der Erkrankung
| Montreal-Klassifikation: Ausdehnung der Colitis ulcerosa (nach Silverberg et al.) [11] | ||
|---|---|---|
| Einteilung | Ausdehnung | Beschreibung |
| E1 | Proktitis | Limitiert auf das Rektum |
| E2 | Linksseitenkolitis | Befall bis zur linken Flexur |
| E3 | Ausgedehnte Kolitis | Ausdehnung über die linke Flexur hinaus bis zur Pankolitis |
Schweregrade der Colitis ulcerosa [12]
| Schweregradeinteilung der Colitis ulcerosa | ||||
|---|---|---|---|---|
| Leichte Colitis ulcerosa (liegt vor, wenn alle Kriterien erfüllt sind) | Mittelschwere Colitis ulcerosa (liegt vor, wenn alle Kriterien erfüllt sind) | Schwere Colitis ulcerosa (liegt vor, wenn Anzahl der Diarrhöen und ein weiteres Kriterium erfüllt sind) | Fulminante Colitis ulcerosa | |
| Anzahl blutiger Diarrhöen |
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| Temperatur |
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| Herzfrequenz |
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| Hb |
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| CRP |
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| BSG |
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Pathophysiologie
- Genetische und umweltbedingte Faktoren → Gestörte Barrierefunktion und verändertes Darmmikrobiom → Verstärkte Interaktion zwischen Darminhalt und Immunsystem → Dysregulierte Immunantwort mit Gewebsschädigung
Symptomatik
Intestinale Symptomatik
- Leitsymptom: Blutige, schleimige Durchfälle
- Weitere mögliche Symptome
- Bauchschmerzen
- Tenesmen (schmerzhafter Stuhldrang)
- Fieber
Extraintestinale Symptomatik
- Leber/Gallengänge: Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
- Gelenke: Arthritis, Spondylitis ankylosans, Sakroiliitis
- Hautveränderungen: Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum, Pyostomatitis vegetans [14]
- Auge: Iritis, Episkleritis, Uveitis
Die primär sklerosierende Cholangitis tritt in starker Assoziation mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auf. Ca. 75% der Betroffenen leiden an einer Colitis ulcerosa, ca. 10% an Morbus Crohn!
Verlauf
- Chronisch-intermittierend
- Häufigste Form
- Exazerbationen im Wechsel mit vollständiger Remission
- Chronisch-kontinuierlich
- Keine vollständige Remission
- Krankheitsintensität variiert
- Akut-fulminant
- Plötzliches Auftreten
- Starke Durchfälle, Dehydratation, Schock
Verlaufs- und Sonderformen
Backwash-Ileitis
- Kurzbeschreibung
- Entzündung des terminalen Ileums bei einer Colitis ulcerosa
- Typischerweise sind nur einige Zentimeter proximal der Ileozökalklappe (Bauhin-Klappe) befallen
- Der Pathomechanismus ist nicht abschließend geklärt
- Epidemiologie: Ca. 10–20% der Colitis-ulcerosa-Fälle
- Differenzialdiagnostik: Klinisch ist die Backwash-Ileitis zwar kaum relevant, kann aber die Differenzialdiagnose zum Morbus Crohn erschweren
Diagnostik
Diagnostisches Vorgehen (Übersicht)
Erstdiagnostik
- Basisdiagnostik
- Anamnese
- Körperliche Untersuchung
- Blut- und Stuhluntersuchung
- Ausbreitungsdiagnostik und Aktivitätsbeurteilung: Abdomensonografie
- Diagnosesicherung: Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien zur histologischen Untersuchung
- Bei unklarer Kolitis: Erweiterte Diagnostik zur Abgrenzung eines Morbus Crohn
- Ösophagogastroduodenoskopie
- Hydro-MRT
- Kapselendoskopie: Bei V.a. Morbus Crohn mit Dünndarmbefall trotz unauffälligem Hydro-MRT
Reevaluierung
- Indikationen
- Beschwerdepersistenz oder unerklärliche Symptome unter Therapie
- Therapierefraktärer Schub
- Vor Beginn oder Änderung einer immunsuppressiven Therapie
- Basisdiagnostik: Entsprechend der Erstdiagnostik, insb. Stuhluntersuchung
- Abdomensonografie: Bei jedem Schub und jeder Verlaufsuntersuchung indiziert
- Ileokoloskopie
- Unklare oder therapierefraktäre Fälle
- Vor und nach Therapieänderung
- Bei Kolonstenose
- Krebsvorsorge 6–8 Jahre nach Erkrankungsbeginn (siehe: Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa)
Anamnese
- Symptome
- Infektionen
- Kontakte mit infektiösen Durchfallerkrankungen (inkl. kürzlicher Reiseanamnese)
- Impfstatus
- Genuss- und Suchtmittel: Insb. Rauchen
- Ernährung
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Gewichtsverlust
- Medikamente: Insb.
- Vorgeschichte: Insb. Operationen
- Familienanamnese: Insb. CU bei erstgradiger Verwandtschaft
Körperliche Untersuchung
- Bei Erstdiagnose und Auftreten spezifischer Symptome: Komplette körperliche Untersuchung, inkl.
- Orale und perianale Inspektion
- Digital-rektale Untersuchung (spätestens im Rahmen der Koloskopie)
- Beachtung extraintestinaler Manifestationen
Labordiagnostik
- Blutbild
- Eisenhaushalt
- Ferritin
- Bestimmung der Transferrinsättigung bzw. des löslichen Transferrinrezeptors
- Entzündungsparameter
- Nierenfunktion: Retentionsparameter
- Leberfunktion
- Antikörper (im Einzelfall, keine Routinediagnostik!)
- pANCA↑ (60–70%) [15][16]
Bei milder oder moderater Colitis ulcerosa und/oder distalem Befallsmuster können die Laborparameter normal ausfallen!
Stuhldiagnostik
- Mikrobiologische Stuhluntersuchung
- Bei Erstdiagnostik z.A. einer infektiologischen Ursache
- Bei schweren oder refraktären Schüben
- Fäkale Entzündungsmarker
-
Calprotectin oder Lactoferrin
- Bei Erstdiagnostik
- Überwachung der Remission
- Bei Verdacht eines neuen Schubes [17]
-
Calprotectin oder Lactoferrin
Bildgebung
- Sonografie [18]
- Indikationen
- Bei Erstdiagnose
- Zur Überwachung des Therapieansprechens
- Bei schwerem Schub zum Ausschluss von Komplikationen
- Typische Befunde
- Kolonwandverdickungen mit erhaltener Wandschichtung
- Hypervaskularisation der Kolonwand
- Dilatation des Kolons auf ≥6 cm als Zeichen eines toxischen Megakolons
- Indikationen
- Hydro-MRT: Dünndarmdiagnostik bei unklarer Kolitis
- Wandungen des proximalen Dünndarms unauffällig
- In seltenen Fällen Backwash-Ileitis
- Röntgen mit Doppelkontrasteinlauf
- Verlust der Haustrierung („Fahrradschlauch“-Aspekt)
- „Kragenknopfulzera“
Endoskopie
Ileokoloskopie bei Colitis ulcerosa
Indikation und Durchführung
- Indikationen
- Erstdiagnostik: Zur Diagnosestellung und Ausbreitungsdiagnostik
- Verlaufsdiagnostik
- In unklaren Fällen
- Vor und nach Therapieänderung
- Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa
- Bei Kolonstenose inkl. ausgiebiger Biopsie-Entnahme aus stenosiertem Abschnitt, zusätzlich bildgebende Diagnostik (i.d.R. CT- oder MR-Kolonografie)
- Durchführung
- Inkl. Stufenbiopsie
- Mitbetrachtung des Ileums zur Abgrenzung vom Morbus Crohn
- Bei starker Entzündung Sigmoidoskopie statt vollständiger Koloskopie
Bei der Endoskopie sollte das Ileum möglichst immer mitbetrachtet werden!
Befunde und Interpretation
- Typischer Befund
- Entzündlich gerötete Schleimhaut, ödematöse Schleimhautschwellung, Verlust der normalen Gefäßzeichnung
- Kontaktblutungen, fleckige Einblutungen in die Kolonschleimhaut
- Ulzera mit Fibrinbelägen
- Zusätzlich bei fortgeschrittener Krankheit
- Pseudopolypen durch verbleibende intakte Schleimhautinseln
- Schleimhautzerstörung mit Haustrenverlust („Fahrradschlauch“-Aspekt)
- Ausbreitungsmuster
- Allgemein: Kontinuierliche Ausbreitung vom Enddarm in Richtung proximal
- Proktitis
- Linksseitenkolitis
- Ausgedehnte Kolitis
- Sonderfälle
- Backwash-Ileitis: Kurzstreckige Beteiligung des terminalen Ileums möglich
- Unter Therapie: Diskontinuierliche Ausprägung möglich
- Allgemein: Kontinuierliche Ausbreitung vom Enddarm in Richtung proximal
Die Colitis ulcerosa beginnt meist distal im Rektum und breitet sich von dort kontinuierlich aufsteigend im Dickdarm aus!
Ösophagogastroduodenoskopie
- In unklaren Fällen: Zur Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen (insb. Morbus Crohn, siehe auch: Differenzialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa)
- Durchführung: Inkl. Biopsien zur histopathologischen Untersuchung
Die Diagnose einer Colitis ulcerosa soll durch eine Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und typischen laborchemischen, sonografischen, endoskopischen und histologischen Befunden gestellt werden!
Zum Vergleich: Normalbefunde
Endoskopische Scores
Die beiden hier genannten Scores werden häufig in klinischen Studien zur Erfassung der Krankheitsaktivität eingesetzt. Im klinischen Alltag spielen sie nur eine sehr untergeordnete Rolle [19][20][21] .
Mayo Clinic Endoscopic Subscore [22]
| Mayo Clinic Endoscopic Subscore | ||
|---|---|---|
| Beurteilung | Beschreibung | Punktwert |
| Normalbefund oder aktuell keine Krankheitsaktivität | Normaler Aspekt | 0 |
| Milde Erkrankung | Mukosa gerötet, verminderte Gefäßzeichnung, nur leicht verminderte Belastbarkeit (geringe Blutungsneigung) | 1 |
| Moderate Erkrankung | Mukosa stark gerötet, Gefäßzeichnung vollständig aufgehoben, deutlich verminderte Belastbarkeit (deutliche Blutungsneigung), Erosionen | 2 |
| Schwere Erkrankung | Ulzerationen, Spontanblutungen | 3 |
| Interpretation: Qualitative Einstufung der Erkrankungsschwere (Berücksichtigung der Punktwerte im Rahmen des vollständigen Mayo-Scores) | ||
Ulcerative Colitis Endoscopic Index of Severity (UCEIS) [23][24]
| Ulcerative Colitis Endoscopic Index of Severity | ||
|---|---|---|
| Kriterium | Ausprägung | Punktwert |
| Gefäßzeichnung | Normal | 0 |
| Teilweiser Verlust | 1 | |
| Kompletter Verlust | 2 | |
| Blutungen | Keine | 0 |
| Mukosal aufgelagert | 1 | |
| Luminal (mild) | 2 | |
| Luminal (mittel bis stark) | 3 | |
| Erosionen/Ulzerationen | Keine | 0 |
| 1 | ||
| Oberflächliche Ulzerationen | 2 | |
| Tiefe Ulzerationen | 3 | |
| Interpretation: UCEIS = Summe der Einzelpunktwerte | ||
Pathologie
Allgemeines zur histopathologischen Diagnostik [4][25][26]
- Beruht auf Zusammenschau von Einzelbefunden bzgl.
- Veränderungen der Mukosaarchitektur
- Zellgehalt der Mukosa
- Ausmaß (ausgeprägt, diffus) und topografische Verteilung histopathologischer Kriterien (siehe auch: Ileokoloskopie bei Colitis ulcerosa)
- Sensitivität und Spezifität bei aktiver Erkrankung: >70%
Normalbefunde in der Histopathologie der Schleimhautbiopsien schließen eine aktive Colitis ulcerosa aus!
Histopathologische Kriterien zur Diagnosestellung
- Veränderungen der Mukosaarchitektur
- Diffuse chronische Entzündung in der gesamten Lamina propria mucosae (mit Lymphozyten- und Plasmazellinfiltration)
- Störung der Kryptenarchitektur in Form, Orientierung und Größe bzw. Kryptenatrophie (kann im Frühstadium fehlen!)
- Paneth-Zell-Metaplasien distal der rechten Kolonflexur
- Entzündliche Polypen
- Selten: Fibrose der Submukosa
- Zellgehalt der Mukosa
- Plasmozytose im basalen Schleimhautstroma (auch als Frühzeichen!)
- Reduktion der Anzahl von Becherzellen bzw. des Mucingehalts der Einzelzellen
- Hypertrophie der Muscularis mucosae
Einordnung der Entzündungsaktivität
- Gewebeinfiltration neutrophiler Granulozyten in Stroma und Epithel: Zeichen entzündlicher Aktivität mit der Folge von
- Kryptitis, Kryptenabszessen
- Erosiven und ulzerösen Läsionen
Zum Vergleich: Normalbefunde
Risikoläsionen
Intraepitheliale Neoplasien/Dysplasien
Allgemein
- Definition: Eindeutig neoplastische Läsionen des Epithels, die auf die Basalmembran begrenzt sind und keine Invasion in die Lamina propria aufweisen
- Prognose: Stark erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines syn- oder metachronen kolorektalen Karzinoms
Dysplasien sind der zuverlässigste Marker für ein erhöhtes intestinales Malignomrisiko!
Diagnostik
- Histopathologische Graduierung
- Makroskopische Differenzierung (durch Endoskopie)
- Polypoide Läsionen
- Nicht-polypoide Läsionen [27]
- Unsichtbare dysplastische Läsionen
Vorgehen
- Makroskopisch und histopathologisch unklarer Befund
- Endoskopische Kontrolle nach 3–6 Monaten
- Evtl. Intensivierung der antiinflammatorischen Therapie
- Makroskopisch sichtbare Läsion mit IEN
- Endoskopische Resektion
- Nachsorge: Jährliche Kontrollkoloskopien
- Endoskopisch nicht-resezierbare Läsion: Proktokolektomie
- Endoskopische Resektion
- Makroskopisch nicht-sichtbare IEN: Erneute Abklärung in spezialisiertem Zentrum
- In Zentrum sichtbar: Endoskopische Resektion
- In Zentrum nicht sichtbar
- HGIEN → Empfehlung zur Proktokolektomie
- LGIEN → Erneute endoskopische Kontrolle mit Biopsie-Entnahme in 3–6 Monaten
- Histologisch bestätigtes Adenokarzinom: Proktokolektomie
- Sonderfall: Sporadische Adenome
- Endoskopische Polypektomie [28]
- Kontrollkoloskopien nach Krankheitsaktivität (Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa)
Differenzialdiagnosen
- Morbus Crohn, siehe: Differenzialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
- Exsudativ-entzündliche Diarrhö
- Infektiöse Kolitis
- Divertikulitis
- Appendizitis
- Ischämische Kolitis
- Mikroskopische Kolitis
- Andere infektiöse oder nicht-infektiöse Ursachen der Diarrhö
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Grundlagen
- Medikamentöse Therapie: Basiert auf Immunsuppression, viele verschiedene Optionen (für Details siehe: Medikamentenklassen in der Colitis-ulcerosa-Therapie)
- Schubtherapie (syn. Remissionsinduktion): Behandlung des Erstauftretens einer CU oder einer akuten Verschlechterung bei bekannter Erkrankung
- Erhaltungstherapie (syn. Remissionserhaltung): Langfristige Behandlung zur Reduktion der Schubfrequenz [29]
- Chirurgische Therapie: Entfernung der betroffenen Darmanteile bis zur totalen Kolektomie (für Details siehe: Chirurgische Therapie der Colitis ulcerosa)
- Auswahl der konkreten Therapieoption: Abhängig von
- Schweregrad der CU und Befallsmuster nach Montreal-Klassifikation der Colitis ulcerosa
- Häufigkeit von Schüben
- Ansprechen/Nebenwirkungen vorangegangener Behandlungen
- Präferenz der Betroffenen bzgl. Applikationsform und Wirkeintritt (siehe: Medikamentenklassen in der Colitis-ulcerosa-Therapie)
- Lebenssituation und Komorbiditäten (siehe: CU: Medikamentenauswahl je nach Lebenssituation und Komorbiditäten)
- Konsequente Mitbehandlung extraintestinaler Manifestationen, bspw.
- Physikalische Therapie bei Arthritiden
- Ophthalmologische Mitbehandlung bei Uveitis
- Dokumentation und Wundbehandlung bei Hautveränderungen
Therapieprinzipien
- Leichte bis mittelschwere Colitis ulcerosa
- I.d.R. ambulante Therapie möglich
- Bevorzugt orale oder rektale Applikation der Medikamente
- Schwere Colitis ulcerosa
- Stationäre Therapie empfohlen
- Lokaltherapie nicht ausreichend
- Abwägung zwischen konservativer und chirurgischer Therapie erforderlich
- Einbeziehung abdominalchirurgischer Expertise in die Therapieentscheidungen
- Fulminante Colitis ulcerosa
- Akute Lebensgefahr, frühzeitig OP-Indikation
Übersicht der medikamentösen CU-Therapie
- Schubtherapie: Therapie nach Schwere und Befallsmuster (siehe: Schweregrade der Colitis ulcerosa und Montreal-Klassifikation der Colitis ulcerosa)
- Stufentherapie, bis klinische Remission erreicht ist
- Beispiel: Prednisolon i.v. bei ausgedehntem Kolitisschub unter Mesalazin-Dauertherapie
- Übergang zur Erhaltungstherapie: Sobald Remission erreicht ist
- Auswahl des Medikaments zur Erhaltungstherapie
- Reduktion der Medikamente, die nicht zur Erhaltungstherapie vorgesehen sind (insb. Glucocorticoide!)
- Beispiel: Langsame Reduktion von Prednisolon, zeitgleich Beginn einer Therapie mit Azathioprin
- Erhaltungstherapie
- Langfristige Therapie mit der niedrigsten wirksamen Stufe
- Beispiel: Alleinige Therapie mit Azathioprin
- Bei erneutem Schub
- Remissionsinduktion mit der Stufe, die beim letzten Schub erfolgreich war
- Ggf. im Anschluss Eskalation der remissionserhaltenden Therapie
- Beispiel: Erneute Induktion mit Prednisolon, danach Erhaltungstherapie mit Infliximab
| Übersicht der medikamentösen CU-Therapie | ||||
|---|---|---|---|---|
| Leichte bis mittelschwere CU | Schwere CU | Fulminante CU (ASUC) | ||
| Schubtherapie | 1. Stufe |
|
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| 2. Stufe |
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| 3. Stufe |
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| Erhaltungstherapie | 1. Stufe |
| ||
| 2. Stufe |
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| Für Dosierungen und weitere Informationen siehe Colitis ulcerosa - Schubtherapie und Colitis ulcerosa - Erhaltungstherapie | ||||
Systemisch und lokal wirksame Glucocorticoide sollten nicht und Calcineurin-Inhibitoren nur in Ausnahmefällen zur Remissionserhaltung eingesetzt werden!
Bei Therapieversagen sollten vor einer Therapieumstellung die Diagnose sowie die Krankheitsaktivität reevaluiert und andere Ursachen/Komplikationen ausgeschlossen werden. Die bisherige Therapie soll zunächst optimiert werden, bevor alternative Wirkprinzipien oder chirurgische Verfahren zum Einsatz kommen!
Definitionen der Remission
- Klinisch
- Keine Diarrhö
- Kein sichtbares Blut im Stuhl
- Keine extraintestinalen Symptome der Colitis ulcerosa
- Laborchemisch
- Normalisierung der Biomarker in Stuhl und Serum
- Endoskopisch: Keine makroskopische Entzündung (mukosale Heilung) [31][32][33][34]
- Histologisch: Keine mikroskopische Entzündung
Medikamentöse Schubtherapie
Leichter bis mittelschwerer Schub einer Colitis ulcerosa
Proktitis
- 1. Wahl: Mesalazin-Suppositorium (siehe auch: Aminosalicylate bei Colitis ulcerosa)
- 1. Eskalation
- 2. Eskalation: Weitere Therapie siehe: Schwerer Schub einer Colitis ulcerosa
Linksseitenkolitis
- 1. Wahl: Mesalazin oral und rektal (siehe auch: Aminosalicylate bei Colitis ulcerosa)
- 1. Eskalation
- Zusätzlich: Budesonid MMX
- 2. Eskalation: Weitere Therapie siehe: Schwerer Schub einer Colitis ulcerosa
Ausgedehnte Kolitis
- 1. Wahl: Mesalazin oral und rektal (siehe auch: Aminosalicylate bei Colitis ulcerosa)
- 1. Eskalation: Weitere Therapie siehe: Schwerer Schub einer Colitis ulcerosa
Therapieversagen kann – insb. bei rektal anzuwendenden Präparaten – auf einer niedrigen Therapieadhärenz beruhen! Eine umfangreiche Aufklärung über Anwendung und Nutzen der Therapie ist daher essenziell!
Eine klinisch leichte bis mittelschwere Colitis ulcerosa, die weder auf Mesalazin noch auf lokale Glucocorticoide ausreichend anspricht, muss analog zu einer schweren CU mit systemischen Glucocorticoiden behandelt werden!
Schwerer Schub einer Colitis ulcerosa
- Vorgehen (siehe auch: Glucocorticoide bei Colitis ulcerosa)
- Eskalationstherapie bei leichtem bis mittelschwerem Schub: Glucocorticoide p.o. bei Therapieversagen der Lokaltherapie
- Schwerer Schub: Systemische Glucocorticoide p.o./i.v.
- Fulminanter Schub: Glucocorticoide i.v.
- Evaluation des Therapieerfolgs: Nach 3 Tagen
- Bei Ansprechen: Therapie über mind. 3 Wochen [36]
- Bei fehlendem Ansprechen
- Weitere Eskalation (siehe: Steroidrefraktärer Schub einer Colitis ulcerosa)
- Chirurgische Therapie erwägen
Bei ausbleibendem Erfolg einer medikamentösen Therapie sollte frühzeitig abdominalchirurgische Expertise in die weiteren Therapieentscheidungen einbezogen werden!
Steroidrefraktärer Schub einer Colitis ulcerosa
- Definition
- Verschlechterung unter systemischen Glucocorticoiden
- Ausbleibendes Ansprechen nach 3 Tagen unter systemischen Glucocorticoiden
- Kontraindikationen oder Intoleranzen gegenüber systemischen Glucocorticoiden
- Therapieoptionen bei mittelschwerem bis schwerem Schub
- Anti-IL23-Antikörper (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Anti-TNF-α-Antikörper (siehe auch: Anti-TNF-α-Antikörper bei Colitis ulcerosa)
- Calcineurin-Inhibitoren (siehe auch: Calcineurin-Inhibitoren bei Colitis ulcerosa)
- JAK-Inhibitoren (siehe auch: JAK-Inhibitoren bei Colitis ulcerosa)
- S1PR-Modulatoren (siehe auch: S1PR-Modulatoren bei Colitis ulcerosa)
- Ustekinumab (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Vedolizumab (siehe auch: Vedolizumab bei Colitis ulcerosa)
- Therapieoptionen bei fulminantem Schub: Ggf. auch Proktokolektomie erwägen
- Optionen bei erneutem Therapieversagen [5]
- Mittelschwerer bis schwerer Schub
- Versuch mit Medikament einer anderen Wirkstoffklasse
- Chirurgische Therapie erwägen
- Fulminanter Schub: Chirurgische Therapie
- Mittelschwerer bis schwerer Schub
Es gibt kaum Vergleichsdaten zu den verschiedenen Optionen bei einem steroidrefraktären Verlauf. Die Auswahl sollte daher nach individuellen Gesichtspunkten und lokaler Expertise erfolgen!
Steroidabhängiger Verlauf einer Colitis ulcerosa
- Steroidabhängigkeit liegt vor bei [37]
- Erneutem Schub während der Dosisreduktion der Glucocorticoide
- Therapie mit Glucocorticoiden über >3 Monate
- Erneutem Schub <3 Monate nach Absetzen der Glucocorticoide
- Mehreren Glucocorticoidtherapien in einem Jahr
- Ziel: Vermeidung von Glucocorticoid-Nebenwirkungen
- Therapieoptionen
- Anti-IL23-Antikörper (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Anti-TNF-α-Antikörper (siehe auch: Anti-TNF-α-Antikörper bei Colitis ulcerosa)
- JAK-Inhibitoren (siehe auch: JAK-Inhibitoren bei Colitis ulcerosa)
- S1PR-Modulatoren (siehe auch: S1PR-Modulatoren bei Colitis ulcerosa)
- Thiopurine (siehe auch: Thiopurine bei Colitis ulcerosa)
- Azathioprin
- Alternativ 6-Mercaptopurin
- Ustekinumab (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Vedolizumab (siehe auch: Vedolizumab bei Colitis ulcerosa)
Zusätzliche Maßnahmen bei schwerem Colitis-ulcerosa-Schub
- Thromboseprophylaxe: Niedermolekulares Heparin
- Bei begleitend vorhandener intestinaler Infektion
- CMV: Behandlung nur bei steroidrefraktärem Schub, kein etabliertes zugelassenes Therapieschema
- Ganciclovir i.v. (Off-Label Use) [4] oder
- Valganciclovir p.o. (Off-Label Use) [4]
- Dauer: 2–3 Wochen
- C. difficile: Behandlung bei Nachweis
- Vancomycin p.o. (Erstlinientherapie)
- Fidaxomicin p.o. (bei Rezidiv oder Risikofaktoren )
- Fäkaler Mikrobiomtransfer (FMT) (bei mehrfachen Rezidiven)
- CMV: Behandlung nur bei steroidrefraktärem Schub, kein etabliertes zugelassenes Therapieschema
Starke Schmerzen deuten auf Komplikationen mit chirurgischem Handlungsbedarf hin! Hierzu zählen insb. die Kolonruptur und das toxische Megakolon!
Medikamentöse Erhaltungstherapie
Leichte bis mittelschwere Colitis ulcerosa
- 1. Wahl: Mesalazin rektal oder oral (siehe auch: Aminosalicylate bei Colitis ulcerosa)
- Proktitis: Mesalazin-Suppositorien
- Linksseitenkolitis: Mesalazin-Schaum oder -Einlauf
- Bei ausgedehnter Kolitis: Mesalazin-Tabletten oder -Granulat
- Alternativ: E. coli Nissle 1917 (siehe auch: E. coli Nissle 1917 bei Colitis ulcerosa)
- 1. Eskalation: Mesalazin oral und rektal
- 2. Eskalation: Analog zur schweren CU
Schwere/fulminante Colitis ulcerosa
- Abhängig von Schubtherapie
- Nach Glucocorticoiden oder Calcineurin-Inhibitoren: Substanzklassenwechsel
- Nach anderer Schubtherapie: Fortsetzung des Medikaments der Schubtherapie
- Mögliche Substanzklassen
- Anti-IL23-Antikörper (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Anti-TNF-α-Antikörper (siehe auch: Anti-TNF-α-Antikörper bei Colitis ulcerosa)
- JAK-Inhibitoren (siehe auch: JAK-Inhibitoren bei Colitis ulcerosa)
- S1PR-Modulatoren (siehe auch: S1PR-Modulatoren bei Colitis ulcerosa)
- Thiopurine (siehe auch: Thiopurine bei Colitis ulcerosa)
- Ustekinumab (siehe auch: Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa)
- Vedolizumab (siehe auch: Vedolizumab bei Colitis ulcerosa)
- Bei unzureichendem Ansprechen bzw. erneutem Schub unter Therapie: Substanzklassenwechsel oder chirurgische Therapie
Übersicht der Substanzklassen
Medikamentenklassen in der Colitis-ulcerosa-Therapie [4]
| Medikamentenübersicht | ||||||
|---|---|---|---|---|---|---|
| Substanzklasse | Wirkstoffe | Dauer bis zum klinischen Ansprechen | Applikationsformen | Wirkweise | ||
| Schubtherapie | Erhaltungstherapie | |||||
| 5-Aminosalicylate |
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| Probiotika |
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| — |
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| Glucocorticoide |
| — |
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| — | |||||
| Thiopurine |
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| Biologicals | Anti-TNF-α-Antikörper |
| ||||
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| ||||||
| Integrin-Antagonisten |
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| Interleukin-Antagonisten |
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| Small Molecules | JAK-Inhibitoren |
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| ||||||
| S1PR-Modulatoren |
|
| ||||
| ||||||
| Calcineurin-Inhibitoren |
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| ||||
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| |||||
Medikamentenauswahl (Erhaltungstherapie)
| CU: Medikamentenauswahl je nach Lebenssituation und Komorbiditäten für die Erhaltungstherapie | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Substanzklasse | Schwangerschaft | Stillzeit | Höheres Lebensalter | Kardiovaskuläre Vorerkrankungen | Periphere Arthritis | Uveitis | Pyoderma gangraenosum | PSC | |
| 5-Aminosalicylate | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | (✓) | — | — | — | — |
| Probiotika | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | — | — | — | — | — |
| Thiopurine | ✓ | ✓ | (✓) [30] | ✓ | — | — | — | — | — |
| Anti-TNF-α-Antikörper | ✓ | ✓ | (✓) | (X) | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | — |
| Integrin-Antagonisten | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | — | — | — | — | — |
| Interleukin-Antagonisten | (✓) | (✓) | ✓ | ✓ | (✓) | — | — | — | — |
| JAK-Inhibitoren | x | x | x | x | ✓ | ✓ | (✓) | (✓) | — |
| S1PR-Modulatoren | x | x | (✓) | x | — | — | — | — | — |
| |||||||||
Aminosalicylate und E. coli Nissle 1917
Aminosalicylate
- Wirkung: Nur lokal an der Darmoberfläche, d.h. topisch!
- Vorteile
- Gut belegte Wirksamkeit und günstiges Sicherheitsprofil
- Lokale Wirkung ohne systemische Immunsuppression
- Karzinompräventiver Effekt
- Für Erhaltungstherapie geeignet
- Nachteile
- Bei schwerer CU nicht ausreichend wirksam
- Geringe Therapieadhärenz bei rektaler Applikation
- Seltene schwerwiegende Nebenwirkungen: Bspw. tubulo-interstitielle Nephritis
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen: ∼2 Wochen [38]
- Dauer bis zur klinischen Remission: ∼8 Wochen [34]
- Bei erfolgreichem Remissionserhalt
- Therapie über mind. 2 Jahre
- Dauertherapie zur Karzinomprävention möglich
- Therapieadhärenz beachten und ggf. Darreichungsform anpassen [39]
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Kontrollen unter immunsuppressiver Therapie bei CU
Mesalazin
- Oral : Magensaftresistente, retardierte Präparate erreichen distale Darmabschnitte
- pH-unabhängige Präparate: Methylcellulose-Umhüllung, bspw. PENTASA®-Präparate
- pH-abhängige Präparate: Eudragit-Umhüllung
- Multimatrix-Präparate (MMX): Ab terminalem Ileum über gesamtes Kolon, bspw. Mezavant®-Präparate
- Galenische Formen
- Tabletten, bspw. Asacol® 800 mg magensaftresistente Tabletten
- Mikrogranula, bspw. Salofalk® Granu-Stix® 3 g magensaftresistentes Retardgranulat
- Rektal : Erzielt höhere Wirkstoffkonzentrationen im Rektum
- Anwendung
- Teils schwierige Anwendung [39]
- Genauer Wirkbereich unklar
- Galenische Formen
- Suppositorien, bspw. PENTASA 1g Zäpfchen
- Schaumpräparate, bspw. Salofalk® 1 g Rektalschaum
- Klysmen für Einläufe, bspw. Claversal® 4 g/60 g Klysmen
- Anwendung
Die verschiedenen Mesalazin-Produkte unterscheiden sich hinsichtlich ihres Hauptwirkortes!
Sulfasalazin
- Wirksamkeit: Vergleichbar mit Mesalazin
- Vorteil gegenüber Mesalazin: Wirkung bei peripherer Spondylarthritis
- Nachteil gegenüber Mesalazin
- Mehr Nebenwirkungen, deshalb nur selten eingesetzt
- Nur oral verfügbar
- Keine Retardpräparate
E. coli Nissle 1917
- Vorteile: Effektivität und Nebenwirkungen vergleichbar mit Aminosalicylaten
- Nachteil: Kein karzinompräventiver Effekt
- Galenische Form: Hartkapseln
In der Remissionserhaltung kann E. coli Nissle 1917 als Alternative zu Aminosalicylaten verwendet werden!
Glucocorticoide
Topische Glucocorticoide
- Vorteile
- Schnelle lokale Wirkung
- Geringe systemische Nebenwirkungen
- Nachteile
- Keine Erhaltungstherapie möglich
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen: ∼3 Wochen [34]
- Dauer bis zur klinischen Remission: ∼8 Wochen [34]
Systemische Glucocorticoide
- Vorteile
- Schnelle Wirkung
- Orale Einnahme möglich
- Nachteile
- Keine Erhaltungstherapie möglich
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen: <1 Woche [40]
- Dauer bis zur klinischen Remission: ∼2 Wochen [34]
Glucocorticoidnebenwirkungen sind zahlreich und teils schwerwiegend, insb. bei langfristiger und systemischer Gabe. Daher eignen sich Glucocorticoide nicht für eine Erhaltungstherapie und sollten immer so kurz wie möglich gegeben werden!
Thiopurine
- Vorteile
- Gut belegte Wirksamkeit
- Orale Gabe
- Nachteile
- Verzögerte Wirkung
- Potenzielle Langzeitnebenwirkungen
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen: ∼11 Wochen [34]
- Dauer bis zur klinischen Remission: ∼15 Wochen [34]
- Therapiedauer
- Kombination mit Infliximab: Nur vorübergehend
- Monotherapie: Langfristig möglich
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
- Besondere Risiken
- Lymphoproliferative Erkrankung bei EBV-seronegativen Personen
- Knochenmarktoxizität
- Auf hämatologische Besonderheiten in der Vorgeschichte sollte geachtet werden
- Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von Aminosalicylaten
- Vermeiden einer gleichzeitigen Gabe mit Allopurinol oder Febuxostat
- Risiko für nicht-melanozytären Hautkrebs [57]
Bei gleichzeitiger Einnahme von Thiopurinen und Aminosalicylaten sollte das Blutbild engmaschig kontrolliert werden, da Aminosalicylate über eine Hemmung der Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) zu hämatotoxischen Nebenwirkungen führen können!
Biologicals
Anti-TNF-α-Antikörper bei Colitis ulcerosa
- Vorteile
- Schnelle Wirkung
- Für Erhaltungstherapie geeignet
- Subkutane Gabe möglich
- Nachteile
- Erhöhtes Infektions- und Malignomrisiko
- Keine orale Einnahme möglich
- Infliximab: Hohe Immunogenität
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen
- Infliximab: 1–2 Wochen [41]
- Adalimumab: ∼2 Wochen [43]
- Golimumab: ∼2 Wochen [44]
- Dauer bis zur klinischen Remission
- Infliximab: 8 Wochen [36]
- Adalimumab: 8 Wochen [36]
- Golimumab: 6 Wochen [36]
- Therapiedauer bei erfolgreichem Remissionserhalt: Langfristige Therapie
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
- Besondere Risiken
- Kontraindikationen einer Anti-TNF-α-Therapie beachten
- Erhöhtes Melanomrisiko
- Risiko für systemischen Lupus erythematodes oder lupusähnliche Syndrome
- Primäres Therapieversagen: Von Beginn an keine ausreichende Wirkung
- Therapieversagen durch hohe Ausscheidung möglich
- Wechsel auf anderen Anti-TNF-α-Antikörper nicht sinnvoll
- Optionen
- Spiegelbestimmung und ggf. Dosiserhöhung des Anti-TNF-α-Antikörpers
- Substanzklassenwechsel: Calcineurin-Inhibitoren, Anti-IL23-Antikörper, JAK-Inhibitoren, S1PR-Modulatoren, Ustekinumab oder Vedolizumab
- Chirurgische Therapie
- Sekundäres Therapieversagen: Wirkungsverlust nach anfänglich guter Wirkung
- Häufige Ursache: Bildung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA)
- Therapeutisches Drugmonitoring: Bestimmung von Talspiegel und ADA (für Details siehe: Möglichkeiten für den Umgang mit sekundärem Wirkverlust unter Anti-TNF-α-Therapie)
Interleukin-Antagonisten bei Colitis ulcerosa
- Vorteile
- Günstiges Sicherheitsprofil
- Geringe Immunogenität
- Für subkutane Erhaltungstherapie geeignet
- Ustekinumab: Schubtherapie als einmalige i.v. Gabe
- Nachteile
- Keine orale Einnahme möglich
- Wenig Langzeitdaten zur Sicherheit
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen
- Ustekinumab: ∼2 Wochen [46]
- Guselkumab: ∼1–2 Wochen [47]
- Mirikizumab: ∼2 Wochen [48]
- Risankizumab: ∼4 Wochen [49]
- Dauer bis zur klinischen Remission
- Ustekinumab: ∼8 Wochen [36]
- Guselkumab: ∼12 Wochen [36]
- Mirikizumab: ∼12 Wochen [48]
- Risankizumab: ∼12 Wochen [49]
- Therapiedauer bei erfolgreichem Remissionserhalt: Langfristige Therapie
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
Vedolizumab bei Colitis ulcerosa (Integrin-Antagonist)
- Vorteile
- Darmselektive Wirkung mit günstigem Sicherheitsprofil
- Geringe Immunogenität
- Für subkutane Erhaltungstherapie geeignet
- Nachteile
- Keine orale Einnahme möglich
- Keine Wirkung bei extraintestinalen Manifestationen
- Therapiedauer bei erfolgreichem Remissionserhalt: Langfristige Therapie
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
Small Molecules
JAK-Inhibitoren bei Colitis ulcerosa
- Vorteile
- Orale Einnahme
- Schnelle Wirkung
- Für Erhaltungstherapie geeignet
- Kurze Halbwertszeit [58]
- Nachteile
- Kontraindiziert in Schwangerschaft und Stillzeit
- Erhöhte Rate an Infektionen (insb. Herpes zoster) [58]
- Erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen bei (für Details siehe: Rote-Hand-Brief zu Januskinase-Inhibitoren)
- Alter ≥65 Jahre
- Aktiven oder ehemaligen Raucher:innen
- Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen oder venöse Thromboembolien
- Risikofaktoren für maligne Erkrankungen
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen
- Tofacitinib: ∼2 Wochen [50]
- Filgotinib: ∼1–2 Wochen [51]
- Upadacitinib: <1 Woche [52]
- Dauer bis zur klinischen Remission
- Tofacitinib: ∼8 Wochen [50]
- Filgotinib ∼10 Wochen [59]
- Upadacitinib: ∼8 Wochen [60]
- Therapiedauer bei erfolgreichem Remissionserhalt: Langfristige Therapie
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
- Besondere Risiken
- Risiko für Blutbildveränderungen
- Risiko für Hyperlipidämie
- Risiko für nicht-melanozytären Hautkrebs
S1PR-Modulatoren bei Colitis ulcerosa
- Vorteile
- Orale Einnahme
- Schnelle Wirkung
- Für Erhaltungstherapie geeignet
- Nachteile
- Kontraindiziert in Schwangerschaft und Stillzeit
- Wenig Langzeitdaten zur Sicherheit
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen
- Dauer bis zur klinischen Remission
- Therapiedauer bei erfolgreichem Remissionserhalt: Langfristige Therapie
- Allgemeinmaßnahmen, siehe: Colitis ulcerosa: Management bei Immunsuppression
- Besondere Risiken
- Hepatotoxizität
- Selten Bradykardie und AV-Block
- Makulaödem
Calcineurin-Inhibitoren
- Vorteile
- Schnelle Wirkung
- Gut belegte Wirksamkeit
- Nachteile
- Hohe Rate an Nebenwirkungen [37]
- Nicht für Erhaltungstherapie geeignet
- Off-Label-Therapie
- Dauer bis zum klinischen Ansprechen
- Ciclosporin: ∼5–7 Tage [36]
- Tacrolimus: ∼1–2 Wochen [55]
- Dauer bis zur klinischen Remission
- Ciclosporin: ∼1 Woche [36]
- Tacrolimus: ∼2–4 Wochen [55]
- Erhaltungstherapie: Nur in Ausnahmefällen
Chirurgische Therapie
Indikationen für eine chirurgische Therapie der Colitis ulcerosa [4]
- Absolute Indikationen für eine chirurgische Therapie
- Gedeckte und offene Perforationen
- Medikamentös nicht-beherrschbarer, schwerer Schub
- Makroskopische und histopathologisch gesicherte IEN/Dysplasie, bei der eine koloskopische Abtragung nicht möglich ist, siehe: Intraepitheliale Neoplasien bei Colitis ulcerosa
- Kolorektales Karzinom [63]
- Therapierefraktäre Blutung bei Colitis ulcerosa mit
- Massiver initialer Blutung mit Kreislaufinstabilität und Katecholaminbedarf
- Transfusionsbedarf >4 Erythrozytenkonzentrate/24 h
- Bei Kindern: Transfusionsbedarf 45–60 mL Erythrozytenkonzentrat/kgKG/24 h bzw. 30 mL Erythrozytenkonzentrat/kgKG/2–3 d (fortlaufende Blutung)
- Relative Indikationen für eine chirurgische Therapie
- Frustrane medikamentöse Therapieversuche
- Patientenwunsch
Allgemeine Prinzipien [4][64]
- Therapieziele
- Hohe Lebensqualität: Gutes funktionelles Ergebnis, Erhalt der Kontinenz, optimalerweise kein permanentes Stoma
- Vollständige Resektion der Mukosa des Kolons
- Vorteile der chirurgischen Therapie: Definitive Therapie, lebenslange Schubfreiheit kann erreicht werden
- Nachteile der chirurgischen Therapie
- Postoperativ dauerhaft erhöhte Stuhlfrequenz
- Allgemeine OP-Risiken, häufig postoperative Komplikationen (wie Pouchitis) [65]
Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist die Colitis ulcerosa operativ heilbar (Proktokolektomie)!
Präoperatives Management
Allgemeines Management vor darmchirurgischen Eingriffen
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe:
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe auch:
Maßnahmen vor elektiver restaurativer Proktokolektomie
- Präoperative Diagnostik: Ausschluss funktioneller Körperbeschwerden (bspw. Reizdarmsyndrom)
- Präoperative Ernährungstherapie: Bei schwerer Mangelernährung [4]
- Kriterien für Mangelernährung: BMI <19, Kachexie, Gewichtsverlust >10% des KG innerhalb von 6 Monaten vor OP und/oder Serumalbumin <30 g/L
- Durchführung: Über 7 Tage prästationäre, supplementäre, enterale Zufuhr
- Aufklärung über
- Art des Eingriffs
- Mehrzeitiges Vorgehen: Notwendigkeit mehrerer OPs mit Anlage eines passageren Stomas
- Auswirkung der Proktokolektomie auf die Verdauung: Dauerhaft erhöhte Stuhlfrequenz (ca. 6×/Tag und 1×/Nacht), imperativer Stuhldrang, Stuhlschmieren, Stuhlinkontinenz [66]
- Komplikationen der Proktokolektomie und allgemeine Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen (siehe: Intraoperative Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen und postoperative Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen)
- Art des Eingriffs
- Stomatherapie: Stoma anzeichnen
- Umgang mit spezieller Vormedikation
- Bei Steroidtherapie: Präoperative Reduktion einer Steroidtherapie
- Bei Anti-TNF-α-Therapie: Intervall zwischen letzter Anti-TNF-α-Gabe und OP mind. 4 Wochen [4]
Operationsverfahren
- Restaurative Proktokolektomie (= Proktokolektomie mit ileoanaler Pouch-Anastomose): Goldstandard bei therapierefraktärer Colitis ulcerosa und elektiver OP-Indikation (bspw. bei Epitheldysplasie)
- Proktokolektomie mit terminalem Ileostoma oder Kock-Pouch: Nur in Einzelfällen
- Subtotale Kolektomie
- Primärer Standardeingriff im Notfall
- Elektiv nur in ausgewählten Fällen (u.a. bei therapierefraktärer Colitis ulcerosa und Kinderwunsch)
- Zur Durchführung der Operationsverfahren siehe: Proktokolektomie bzw. subtotale Kolektomie
OP-Zeitpunkt und Verfahrenswahl der chirurgischen Therapie der Colitis ulcerosa
| Befund | Dringlichkeit der OP | Operationsverfahren der Wahl | |
|---|---|---|---|
| Therapierefraktäre Colitis ulcerosa | Steroidrefraktärer Verlauf | Zwei- oder dreizeitige restaurative Proktokolektomie | |
| Therapierefraktärer fulminanter Schub unter intensivierter Medikation | Dringliche OP binnen 24 h bei
| ||
| Therapierefraktäre Colitis ulcerosa bei Kinderwunsch | Je nach klinischem Befund | Subtotale Kolektomie mit ileorektaler Anastomose oder endständigem Ileostoma | |
| Freie oder gedeckte Perforation | Notfall-OP | Subtotale Kolektomie mit Blindverschluss des Rektums und endständiger Ileostomie | |
| Therapierefraktäre Blutung | Dringliche OP binnen 24 h | Subtotale Kolektomie mit Absetzung im oberen Rektum und endständiger Ileostomie | |
| Patientenwunsch | Elektive OP | Restaurative Proktokolektomie | |
| Epitheldysplasien oder Karzinom | Früh-elektive OP | Restaurative Proktokolektomie | |
| Kinder mit aktiver Colitis ulcerosa und Wachstumsstörungen | Elektive OP | Restaurative Proktokolektomie | |
Postoperatives Management
Allgemeines Management nach darmchirurgischen Eingriffen
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe auch
Postoperative Maßnahmen bei Proktokolektomie
- Maßnahmen nach Ileostomieanlage
- Ernährungstherapie
- Insb. in der Frühphase Aufnahme „stopfender“ (z.B. Bananen, Reis oder Kartoffeln) oder quellender Lebensmittel
- Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme: Ca. 3 L/Tag
- Ausreichende Kochsalzaufnahme: 6–9 g/Tag
- Ausreichende Ballaststoffaufnahme: 25–30 g/Tag
- Überwachung von Wasser- und Elektrolytbilanz, insb. bei High-Output-Ileostoma: Kontrolle des Urinvolumens (Ziel: 1 L/Tag), laborchemische Bestimmung der Elektrolyte
- Ernährungstherapie
- Maßnahmen nach Pouchanlage
- Endoskopische Kontrollen (Pouchoskopie)
- Überwachung einer möglichen Mangelernährung
- Regelmäßige Kontrollen der Spiegel von Vitamin D und Vitamin B12, Kontrolle auf Eisenmangel (siehe auch: Diagnosesicherung bei Verdacht auf Eisenmangel)
- Bei länger andauernder Steatorrhö: Bestimmung der Spiegel von Vitamin A und E
- Therapiespezifische Komplikationen (siehe: Komplikationen der Proktokolektomie)
Ernährung und ergänzende Therapien
Ernährung [4]
- Allgemein
- Enterale Ernährung bevorzugen
- Keine Nahrungskarenz (Ausnahme: Toxisches Megakolon)
- Mangelernährung: Erhöhtes Risiko für einen Mikro- (insb. Eisen, 25-OH-Vitamin D, Folsäure, Vitamin B12, Zink, Selen) und Makronährstoffmangel
- Diagnostik: Untersuchungen bzgl. einer Mangelernährung zum Diagnosezeitpunkt und ggf. im Verlauf
- Therapie
- Bei isoliertem Mikronährstoffmangel gezielte Substitution des entsprechenden Stoffes
- Bei Malnutrition Ernährungstherapie
- Ernährungstherapie: Nur in ausgewählten Situationen sinnvoll
- Bei Zeichen einer Malnutrition
- Primär enterale Gabe
- Parenterale Gabe nur bei hoher entzündlicher Aktivität, schwerer Mangelernährung oder unzureichender Kalorienaufnahme durch enterale Ernährungstherapie
- Bei Z.n. operativer Therapie der Colitis ulcerosa
- Engmaschige Überwachung des Wasser- und Elektrolythaushalts bei Betroffenen mit High-Output-Ileostoma
- Regelmäßige Kontrolle der Vitamin D-, Vitamin B12- und Eisenwerte bei Betroffenen mit Pouch
- Bei Zeichen einer Malnutrition
- Prävention: Bis auf Stillen keine evidenzbasierten präventiven Ernährungsmaßnahmen
- Ggf. hilfreiche Maßnahmen
- Gemüse- und Vitamin-D-reiche Ernährung [67]
- Hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren [68]
- Vermeidung von gesättigten Fettsäuren, Transfetten und tierischem Eiweiß [8][69][70]
- Ggf. hilfreiche Maßnahmen
Komplementärmedizin [4]
- Vorgehen
- Wünsche der Betroffenen und eventuelle Verwendung erfragen
- Aufklärung über Datenlage
- Komplementärmedizinische Therapeutika
- Die folgenden Präparate können zusätzlich zur Standardtherapie eingesetzt werden
- Flohsamenschalen (Plantago ovata)
- Curcumin: In Deutschland nur als Nahrungsergänzungsmittel oder als Naturprodukt verfügbar
- Kombination aus Myrrhe, Kamilleblütenextrakt und Kaffeekohle
- Nicht empfohlen
- Trichuris suis (Schweinepeitschenwurm)
- Boswellia serrata (Weihrauch)
- Pflanzliche Präparate wie Granatapfelextrakt, Weizengrassaft, Aloe-vera-Gel oder Sophora
- Die folgenden Präparate können zusätzlich zur Standardtherapie eingesetzt werden
- Weitere mögliche Maßnahmen
Ein großer Teil der Betroffenen greift auch auf komplementärmedizinische Verfahren zurück. Sie sollten darüber aufgeklärt werden, dass komplementäre Verfahren die Standardtherapie nicht ersetzen können!
Zusätzlich unterstützende Maßnahmen
- Körperliche Bewegung
- Achtsamkeitsbasierte Verfahren: Können zur Stressreduktion und zur Verbesserung der Lebensqualität erwogen werden
Psychotherapeutische Verfahren [71]
- Hintergrund: Krankheitsaktivität und psychische Beschwerden können sich gegenseitig beeinflussen [72]
- Indikationen
- Vermehrte psychische Belastung
- Bei schwerem Schub
- Vorgehen
- Erfragen von psychosozialen Faktoren und krankheitsbezogener Lebensqualität
- Aufklärung über den Einfluss psychischer Faktoren
- Psychotherapeutische oder -somatische Mitbehandlung psychischer Komorbiditäten
- Hinweis auf Selbsthilfegruppen und -organisationen für CED-Patient:innen
- Verfahren
- Akzeptanz- und Commitment-Therapie
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Lösungsorientierte Therapie
- Therapieziele
- Reduktion von Angst und Depressivität
- Verbesserung von Fatigue, Stresserleben und Lebensqualität
Selbsthilfegruppen und -organisationen sind eine wichtige Ergänzung des Therapiekonzeptes bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen!
Kinder und Jugendliche
- Für pädiatrische Inhalte siehe: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen im Kindes- und Jugendalter
Management bei Immunsuppression
Allgemein [73]
- Erhöhtes Risiko für opportunistische Infektionen unter immunsuppressiver Therapie (insb. unter Mehrfachimmunsuppression)
- Eine dauerhafte immunsuppressive Behandlung erfordert
- Regelmäßige ärztliche Follow-ups
- Vorbereitendes Infektionsscreening
- Präventive Maßnahmen
- Aufklärung der Betroffenen über das breite Spektrum der Nebenwirkungen
- Lebensstilberatung (z.B. Verzicht auf rohes Fleisch und Rohmilchprodukte)
Vorbereitendes Infektionsscreening [4]
Tuberkulose (Tbc)
- Zeitpunkt: Bei Erstdiagnose und erneut vor Therapie mit Biologicals
- Diagnostik
- Prozedere
- Aktive Tuberkulose
- Einleitung einer Kombinationstherapie mit Tuberkulostatika, siehe auch: Tuberkulosetherapie
- Initiierung einer immunsuppressiven Therapie erst nach Beenden der Tuberkulosetherapie empfohlen!
- Latente Tuberkulose
- Beginn einer Chemoprävention mit Isoniazid
- Initiierung der immunsuppressiven Therapie frühestens 4 Wochen nach Start der Chemoprävention
- Aktive Tuberkulose
Virusscreening
- Zeitpunkt: Bei Erstdiagnose
- Hepatitis B: Screening auf HbsAg und Anti-HBc-Antikörper
- HBsAg-positive Personen → Präventive Therapie mit Nukleosid-/Nukleotid-Analoga
- HBsAg-negative und Anti-HBc-Antikörper-positive Personen → Engmaschige ALT- und HBV-DNA-Kontrollen
- EBV
- EBV-seronegative Erwachsene: Keine Behandlung mit Thiopurinen!
- EBV-(Re‑)Infektion: Pausieren einer immunsuppressiven/immunmodulierenden Therapie und ggf. antivirale Therapie in Kooperation mit Infektionsspezialisten
- EBV-assoziierte lymphoproliferativen Erkrankung: Beenden einer Therapie mit Thiopurinen
- VZV
- CMV: Kein Routinescreening
- Diagnostik: Nur bei unzureichendem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie (insb. Steroidtherapie)
- Immunhistochemischer und/oder molekularbiologischer CMV-Nachweis von endoskopisch gewonnenen Gewebeproben aus ulzerierten Läsionen oder
- Molekularbiologischer Nachweis aus Vollblut
- Therapie: Nicht zwingend notwendig, abhängig von der klinischen Situation
- Schwerwiegender Verlauf der CMV-Infektion : Pausieren der immunsuppressiven Therapie
- Wiederaufnahme oder Intensivierung der immunsuppressiven Therapie nach CMV-Erkrankung: Rezidivprophylaxe mit Valganciclovir
- Diagnostik: Nur bei unzureichendem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie (insb. Steroidtherapie)
| Checkliste vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie |
|---|
|
Kontrollen unter immunsuppressiver Therapie bei CU
Allgemein
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen mit fokussierter Anamnese , körperlicher Untersuchung (z.B. Lymphknotenstatus) und Laborkontrollen
- Sonnenschutz und regelmäßige dermatologische Untersuchungen
- Regelmäßiges Zervixkarzinom-Screening bei Frauen
- Berücksichtigung der Impfempfehlungen unter Immunsuppression
- Bei 3-fach immunsuppressiver Therapie: Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe mit Cotrimoxazol
Laborkontrollen [74]
- Zeitpunkt
- Vor Therapiebeginn
- In den ersten 2 Monaten ca. alle 2 Wochen, danach monatlich
- Ggf. im Verlauf in größeren Intervallen ja nach klinischem Ermessen (bspw. alle 8–12 Wochen)
- Bestimmung von
- Infektparameter
- Großes Blutbild
- Nierenparameter
- Transaminasen, Cholestaseparameter
- Lipase
Karzinomfrüherkennung
- Ziel: Reduktion der Colitis-assoziierten Kolonkarzinommortalität
- Beginn: 6–8 Jahre nach Diagnosestellung bzw. Symptombeginn bei allen Betroffenen unabhängig von der Krankheitsaktivität
- Verfahren: Koloskopie
- Entnahme von mind. 2 Biopsien aus jedem Kolonsegment + gezielte Biopsien aus allen suspekten Läsionen
- Überwachungsintervalle
- Krankheitsaktivität beschränkt auf Rektum (E1 nach Montreal-Klassifikation der Colitis ulcerosa): Kontrollkoloskopie alle 5 Jahre (zur Überprüfung des Ausbreitungsmusters)
- Krankheitsaktivität über das Rektum hinaus (E2 und E3 nach Montreal-Klassifikation der Colitis ulcerosa): Kontrollkoloskopie je nach Karzinomrisiko
- Hohes Karzinomrisiko : 1×/Jahr
- Intermediäres Risiko : Alle 2–3 Jahre
- Niedriges Risiko : Alle 4 Jahre
- Zusätzlich vorliegende PSC: Koloskopie 1×/Jahr ab Diagnosestellung (unabhängig von Ausdehnung und Krankheitsaktivität) [75]
- Entnahme von Biopsien alle 10 cm aus 4 Quadranten + gezielte Biopsien aus allen suspekten Läsionen
- Durchführung: Immer in der Remissionsphase
- Chromoendoskopie: Verfahren der Wahl
- Gezielte Biopsien aus allen endoskopisch suspekten Läsionen
- Keine zusätzlichen zufälligen Biopsien!
- Hochauflösende Weißlicht-Endoskopie (HDWLE): Alternativverfahren
- Gezielte Biopsien aus allen endoskopisch suspekten Läsionen
- Keine zusätzlichen zufälligen Biopsien!
- Ausnahme: Zufällige, ungezielte Biopsien sollen nur entnommen werden, wenn die Chromoendoskopie und die HDWLE nicht zur Verfügung stehen!
- Chromoendoskopie: Verfahren der Wahl
Komplikationen
- Blutungen
- Massive Blutungen
- Eisenmangel bei chronischer Blutung im Kolon (siehe: Eisensubstitution bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung)
- Toxisches Megakolon
- Lebensbedrohliche Komplikation mit septischem Krankheitsbild
- Erfordert meist einen Notfalleingriff mit Kolektomie und Anlage einer terminalen Ileostomie
- Perforation
- Assoziierte Erkrankungen
- Kolorektales Karzinom (siehe: Kolorektales Karzinom)
- Amyloidose
- Peritonitis
- Thromboembolische Ereignisse
- Kolonstenose durch Pseudopolypen
- Infektiologische Probleme unter immunsuppressiver Therapie
- Mangelernährung sowie sich daraus ergebende sekundäre Komplikationen, bspw.
- Wachstumsstörungen
- Schwerer Verlauf
- Längere Liegedauer
Komplikationen der Proktokolektomie
- Pouch-Komplikationen
- Insb. Pouchitis
- Außerdem: Pouch-Insuffizienz, Pouch-Nekrose, Pouch-Strikturen, Pouch-Volvulus
- Stoma-Komplikationen
- Wasser- und Elektrolytverlust (siehe: High-Output-Ileostoma)
- Anämie
- Beeinträchtigung der Fertilität [66]
- Perianale Entzündungen
- Diagnostik: Inspektion und ggf. Entnahme eines Abstrichs
- Prävention und Therapie: Analhygiene , Colestyramin, Ernährungsumstellung
- Speziell bei Colitis ulcerosa : Cuffitis
- Definition: Entzündung der belassenen Rektummukosa nach Proktokolektomie analog einer Rezidiv- bzw. Persistenz-Proctitis ulcerosa
- Operationstechnischer Hintergrund: Bei benigner Operationsindikation wird bei der Proktokolektomie eine der Nachtkontinenz dienliche kleine Rektummanschette (<2 cm) oberhalb der Linea dentata belassen
- Symptomatik: Perianale Blutungen, Symptome einer Pouchitis bzw. eines irritablen Pouch-Syndroms
- Diagnostik: Endoskopie und Biopsie-Entnahme
- Therapieoptionen
- Für Informationen zu allgemeinen Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen: Siehe
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Allgemein: Risiko für kolorektale Karzinome↑ (regelmäßige Kontroll-Koloskopien vornehmen!)
- Bei isolierter Proktosigmoiditis oder Linksseitenkolitis
- Gute Prognose
- Normale Lebenserwartung
- Bei Pankolitis
- 20-Jahre-Überlebensrate >80%
Die Colitis ulcerosa ist durch eine Proktokolektomie heilbar!
AMBOSS-Podcast zum Thema
Leitlinienupdate Colitis ulcerosa (März 2020)
Chronische Bauchschmerzen bei Kindern (Oktober 2022)
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Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Colitis ulcerosa
Colitis ulcerosa – Teil 1
Colitis ulcerosa – Teil 2
Mesalazin
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K51.-: Colitis ulcerosa
- K51.0: Ulzeröse (chronische) Pankolitis
- Backwash-Ileitis
- Subtotale ulzeröse (chronische) Kolitis
- Exklusive: Colitis indeterminata (K52.3‑)
- K51.2: Ulzeröse (chronische) Proktitis
- K51.3: Ulzeröse (chronische) Rektosigmoiditis
- K51.4: Inflammatorische Polypen des Kolons
- K51.5: Linksseitige Kolitis
- Hemikolitis, links
- K51.8: Sonstige Colitis ulcerosa
- K51.9: Colitis ulcerosa, nicht näher bezeichnet
- K51.0: Ulzeröse (chronische) Pankolitis
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.