Abstract
Die Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata) ist die häufigste autoimmun vermittelte chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Kennzeichnend sind im Gewebe verteilte (örtlich disseminierte) herdförmige ZNS-Läsionen, die primär durch Demyelinisierung von Nervenfasern und durch sekundäre axonale Schäden entstehen. Die genaue Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Je nach Lage der Läsionen sind vielfältige neurologische Symptome möglich. Häufige Erstsymptome sind Sehstörungen infolge einer Optikusneuritis sowie Sensibilitätsstörungen. Man unterscheidet schubförmige von progredienten Verlaufsformen, die beide durch eine Zunahme von Läsionen im Verlauf gekennzeichnet sind (zeitliche Dissemination). Am häufigsten ist die schubförmig-remittierende Multiple Sklerose, bei der neurologische Defizite schubweise auftreten und sich jeweils vollständig oder unvollständig zurückbilden. Diese Form kann in eine sekundär chronisch-progrediente Verlaufsform übergehen. Daneben gibt es auch eine primär progrediente Verlaufsform ohne zwischenzeitliche Remissionen. Mit der Zeit kommt es häufig zur Akkumulation dauerhafter Behinderungen. Die Diagnose wird bei entsprechender Symptomatik und Dynamik insb. über den MRT-Nachweis der Läsionen in Gehirn und Rückenmark sowie passende Laborbefunde gestellt. Akute Erkrankungsschübe werden mit hochdosierten Glucocorticoiden behandelt. Zur verlaufsmodifizierenden Therapie der Multiplen Sklerose sind zahlreiche immunsuppressive und immunmodulatorische Wirkstoffe zugelassen. Eine kurative Therapie existiert bisher nicht.
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Epidemiologie
- Verbreitung
- Weltweit etwa 2,5 Millionen Erkrankte, Verteilung regional unterschiedlich [1]
- Insb. gemäßigte Breiten der nördlichen und südlichen Hemisphäre, dabei insb. bei Europäer:innen bzw. deren Nachfahren
- In Deutschland etwa 225.000 Erkrankte [2]
- Deutliche Zunahme der Krankheitsprävalenz in den letzten Jahren [3]
- Inzidenz: Etwa 18 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner:innen pro Jahr [2]
- Prävalenz: Etwa 300 Fälle/100.000 Einwohner:innen [2]
- Geschlecht: ♀ > ♂ (2–3:1) bei RRMS [4]
- Manifestationsalter: Häufigkeitsgipfel um 30. Lebensjahr (RRMS), selten auch im Kindesalter oder nach dem 55. Lebensjahr auftretend
- PPMS: Häufigkeitsgipfel später (um 40. Lebensjahr)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Definitionen und klinische Verlaufsformen
Definitionen
- Schub: Neu aufgetretene oder sich deutlich verschlechternde Symptome einer Multiplen Sklerose, die
- Mind. 24 Stunden bestehen
- Mind. 30 Tage nach Beginn eines vorherigen Schubes auftreten
- Nicht im Rahmen einer Infektion oder erhöhter Körpertemperatur auftreten
- Uhthoff-Phänomen („Pseudoschub“): Passagere Verschlechterung der Symptomatik im Zusammenhang mit erhöhter Körpertemperatur (etwa bei Fieber, körperlicher Anstrengung, heißen Bädern oder heißem Wetter)
- Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS): Läsionen im MRT einer asymptomatischen Person, die mit jenen einer Multiplen Sklerose vereinbar sind [6]
Klinische Verlaufsformen bzw. Phänotypen
- Klinisch isoliertes Syndrom (KIS, englisch CIS): Erste klinische Manifestation einer möglichen Multiplen Sklerose (typische Frühsymptome: Sensibilitäts- oder Gangstörung, einseitige Optikusneuritis), bei der Diagnosekriterien der Multiplen Sklerose aber nicht erfüllt sind
Multiple Sklerose - Klinische Verlaufsformen | ||
---|---|---|
MS-Verlaufsform | Charakteristika | Häufigkeit bei Erstdiagnose |
Schubförmig remittierende MS (RRMS ) | Auftreten neurologischer Defizite im Rahmen von Schüben, die sich vollständig oder unvollständig zurückbilden, zwischen den Schüben keine Behinderungszunahme | 85% [3][7] |
Sekundär progrediente MS (SPMS ) | Progrediente Behinderungszunahme (mit oder ohne aufgesetzten Schüben) nach vorherigem schubförmigen Verlauf | Entsteht definitionsgemäß aus der RRMS |
Primär progrediente MS (PPMS ) | Progrediente Behinderungszunahme seit Krankheitsbeginn (kein vorheriger schubförmiger Verlauf) [8] | 15% |
Konzentrische Sklerose Baló (Syn.: Encephalitis periaxialis concentrica, Morbus Baló) [9]
- Epidemiologie: Selten, insb. im jungen Erwachsenenalter auftretend
- Symptome
- I.d.R. akuter monophasischer Verlauf
- Fokale Defizite entsprechend der häufigen MS-Symptome
- Gehäuft Störung kortikaler Funktionen
- Diagnostische Abgrenzung von normalen MS-Verlaufsformen
- MRT: Wechsel hypo- und hyperintenser konzentrisch ringförmiger Marklagerläsionen
- Liquordiagnostik: Häufig keine oligoklonalen Banden
- Pathologie (Post mortem): Konzentrische Demyelinisierungsherde
- Therapie
- Glucocorticoid-Schubtherapie entsprechend der Schubtherapie der Multiplen Sklerose
- Keine belastbaren Empfehlungen zu Plasmapherese und verlaufsmodifizierenden Therapieoptionen
- Prognose: Heterogene Verläufe, sowohl komplette Remission als auch zügig letale Verläufe bekannt
Ätiologie
- Die Ursache der Multiplen Sklerose ist noch nicht genau geklärt
- Hypothese: Ausbildung einer Autoreaktivität infolge einer Epstein-Barr-Virus-Infektion [10]
- Weitere Risikofaktoren: Genetische Prädisposition und Umweltfaktoren
- Genetische Prädisposition
- Familiäre Häufung und erhöhtes Erkrankungsrisiko für Familienmitglieder von Betroffenen
- Erkrankungsrisiko assoziiert mit verschiedenen Genorten, u.a. Allelen des humanen Leukozytenantigen-Systems (HLA-System)
- Mögliche weitere Umweltfaktoren
- Vitamin-D-Mangel, bakterielle und virale Infektionen, Übergewicht, Rauchen
- Genetische Prädisposition
Pathophysiologie
Trotz intensiver Forschung sind wesentliche Aspekte der Pathogenese und Pathophysiologie der Multiplen Sklerose noch ungeklärt. Die MS wird als Autoimmunerkrankung angesehen. Es kommt zur Entstehung von ZNS-Läsionen, die klinische Ausfallerscheinungen zur Folge haben.
- Wesentliches Merkmal: ZNS-Invasion autoreaktiver, peripherer T-Lymphozyten, wobei die Ursache der Autoreaktivität unbekannt ist
- Hypothese der peripheren Aktivierung: T-Lymphozyten werden durch unbekanntes Antigen peripher aktiviert, überwinden Blut-Hirn-Schranke und wenden sich etwa infolge von molekularem Mimikry gegen ZNS-Antigene
- Hypothese der zentralen Aktivierung: Unbekanntes infektiöses Agens im ZNS führt zur sekundären Einwanderung von T-Lymphozyten über die Blut-Hirn-Schranke
- Rolle der B-Lymphozyten: Zum Teil noch unklar
- MS-Läsion: Ort im ZNS, an dem es zur herdförmigen entzündlichen Schädigung (Inflammation), zum Verlust der neuronalen Myelinscheiden (Demyelinisierung) und zur axonalen und neuronalen Schädigung (Neurodegeneration) kommt
- Betroffen sind insb. die weiße, aber auch die graue Substanz, je nach Lokalisation kommt es bei größeren Läsionen infolge einer gestörten Erregungsleitung zu unterschiedlichen Symptomen, die das variable Bild der MS prägen
- Läsion ist geprägt von (begrenzter) Remyelinisierung und reaktiver Proliferation von Astrozyten, die zur gliösen Vernarbung führt (namensgebend für „Sklerose“)
- Prädilektionsstellen für Läsionen
- Juxtakortikales und periventrikuläres Marklager
- Hirnstamm
- Kleinhirn
- Rückenmark
- Im Verlauf
- Statt fokalen entzündlichen Läsionen (mit klinischen Schüben) prägt fortschreitende diffuse Entzündungsaktivität die Erkrankung
- Auch unabhängig von Demyelinisierung kommt es zu axonaler Schädigung, ZNS-Atrophie sowie klinisch zur Behinderungszunahme
Symptome/Klinik
Die Multiple Sklerose geht mit individuell unterschiedlichen Verläufen und einer ausgeprägten heterogenen Symptomatik (je nach Ort der Läsion/Läsionen) einher.
Verlauf [3]
- Symptomatik beginnt meist schubförmig (klinisch isoliertes Syndrom, schubförmig remittierende MS) und monosymptomatisch
- Häufige Erstsymptome
- Optikusneuritis
- Sensibilitätsstörungen
- Chronische Erschöpfbarkeit (Fatigue)
- Vollständige oder unvollständige Symptomrückbildung innerhalb von Tagen bis Wochen
- Häufige Erstsymptome
- Auch langsame stetige Behinderungszunahme (mit oder ohne zusätzliche Schubereignisse) möglich
- Ab Krankheitsbeginn (primär progrediente MS)
- Nach schubförmigem Verlauf (sekundär progrediente MS)
Häufige MS-Symptome [3]
- Optikusneuritis (Neuritis nervi optici, NNO): Entzündung des Sehnerven (i.d.R. dessen retrobulbärer Anteil: Retrobulbärneuritis) mit Demyelinisierung → Leitungsstörung
- I.d.R. einseitig, teilweise rezidivierend unter Einbeziehung der Gegenseite
- Afferente Pupillenstörung
- Schmerzen bei Augenbewegung
- Visusminderung bis zur passageren Erblindung
- Zentralskotom (fast immer)
- Farbsinnstörung
- Akutphase: Meist unauffällige Ophthalmoskopie (bei seltenerer Papillitis: Papillenschwellung)
Eine Optikusneuritis ist ein häufiges Frühsymptom der Multiplen Sklerose, kann aber auch andere Ursachen haben!
Retrobulbärneuritis: „Patient sieht nichts“ (Zentralskotom) „… und Arzt sieht auch nichts.“ (unauffällige Ophthalmoskopie)
- Störung der Okulomotorik
-
Doppelbilder durch Augenmuskelparesen
- Häufigkeit: N. abducens (VI) > N. trochlearis (IV) > N. oculomotorius (III)
- Internukleäre Ophthalmoplegie (INO), ein- oder beidseitig
-
Doppelbilder durch Augenmuskelparesen
- Affektion weiterer Hirnnerven
- Sensibles Defizit im Versorgungsbereich des N. trigeminus (V)
- Fazialisparese
- Trigeminusneuralgie
- Sehr selten: Affektion kaudaler Hirnnerven
- Sensibilitätsstörungen
- Parästhesien (insb. Kribbeln, Brennen)
- Hypästhesien (inkl. Pallhypästhesien, selten Thermhypästhesie)
- Dysästhesien
- Erloschene Bauchhautreflexe
- Lhermitte-Zeichen (positives Nackenbeugezeichen): Beim Vornüberbeugen des Kopfes kommt es zu elektrisierenden Missempfindungen entlang der Wirbelsäule von kranial nach kaudal absteigend
- Sensible Ataxie
- Motorische Störungen
-
Zentrale Paresen (i.d.R. distal betont; von diskreten Befunden bis hin zur Para- oder Tetraparese)
- Spastische Tonuserhöhung im Verlauf, ggf. auch nur intermittierend mit spastisch-ataktischem Gangbild
- Gesteigerte Muskeleigenreflexe, ggf. kloniforme Reflexe
- Pyramidenbahnzeichen
-
Zentrale Paresen (i.d.R. distal betont; von diskreten Befunden bis hin zur Para- oder Tetraparese)
- Zerebelläre und zentral-vestibuläre Symptome
- Dysmetrie der Extremitäten mit Zieltremor
- Nystagmus
- Dysmetrische Willkürsakkaden
- Ataktische Dysarthrie mit skandierendem Sprechen
- Charcot-Trias I: Kombiniertes Auftreten von Zieltremor, Nystagmus und skandierendem Sprechen (selten!)
- Vegetative Symptome
- Blasenstörungen (Harndrang, Inkontinenz, Harnverhalt)
- Störung der Sexualfunktion
- ♂: Erektile Dysfunktion, nachlassende Libido
- ♀: Verminderte Lubrikation, nachlassende Libido
- Sehr selten: Mastdarmentleerungsstörungen
- Schmerzen
- Kopfschmerzen, insb. Spannungskopfschmerzen, Migräne und unklassifizierte Kopfschmerzen
- Neuropathische Schmerzen
- Trigeminusneuralgie
- Paroxysmale Extremitätenschmerzen
- Muskuloskelettale Schmerzen
- Schmerzen infolge von Spastik
- Rückenschmerzen
- Fatigue
- Asthenie
- Tagesmüdigkeit
- Pathologische Erschöpfbarkeit
- Symptomverschlechterung durch Anstrengung
- Kognitive und psychische Veränderungen
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
- Depressivität
- „Unangemessene Euphorie“
Seltene Symptome
Diagnostik
Diagnostische Prinzipien [3]
- Klinische Verdachtsdiagnose einer chronisch-entzündlichen ZNS-Erkrankung bei Hinweisen aus der Anamnese und/oder passenden neurologischen Untersuchungsbefunden
- Nachweis entzündlicher ZNS-Läsionen mit zeitlicher und örtlicher Dissemination („Streuung“) mittels genauer Anamnese, MRT- und Liquordiagnostik anhand der McDonald-Kriterien
- Ausschluss von Differenzialdiagnosen insb. anhand der MRT und mittels Labordiagnostik
Die MS ist eine Ausschlussdiagnose! Sie darf nur gestellt werden, wenn keine andere Ursache die Befunde besser erklären kann! [3]
Die MS ist keine klinische Diagnose, die durch paraklinische Befunde untermauert wird, sondern eine Diagnose, die i.d.R. von einem klinischen Verdacht ausgeht, aber nur anhand paraklinischer Befunde gestellt werden kann!
Anamnese
- Zeitliche Dynamik der Beschwerden: Beginn, Dauer und Verlauf der Beschwerden?
- Hinweise auf zurückliegende Schübe: Episoden mit Seh-, Sensibilitäts-, Koordinations-, Blasenstörungen und Paresen?
- Familienanamnese: Chronisch-entzündliche ZNS- oder rheumatologische Erkrankungen in der Verwandtschaft?
Neurologische Untersuchung
Aufgrund der örtlichen Dissemination der ZNS-Läsionen kann die Multiple Sklerose ein sehr variables klinisches Erscheinungsbild haben, wenngleich einige Befunde vergleichsweise häufiger vorkommen.
- Ziel: Objektivierung zentraler neurologischer Defizite inkl. gezielter Überprüfung häufiger MS-Symptome
Beim V.a. eine chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung ist eine vollständige neurologische Untersuchung unerlässlich, um die geschilderten zentralen neurologischen Defizite zu objektivieren!
MRT
- Verfahren: Kranielle und spinale MRT
- Indikation
- Erstdiagnose
- Als regelmäßige Verlaufskontrolle
- Änderungen der Krankheitsdynamik
- Aus therapiespezifischer Indikation
- Sequenzen
- Kranielle MRT: FLAIR (axial und sagittal), T2 (axial), T1 (vor und nach Kontrastmittel), Schichtdicke max. 3 mm
- Spinale MRT: T2 (axial und sagittal), T1 (sagittal vor und nach Kontrastmittel), Schichtdicke max. 3 mm sagittal bzw. 5 mm axial
- Befund: Multilokuläre Läsionen
- Lokalisation
- Weiße und graue Substanz
- Supra- und infratentoriell, spinal
- Bevorzugt im periventrikulären Marklager, Balken, juxtakortikal
- Perivenös: Läsion wird von Vene durchzogen (in SWI-Sequenz darstellbar)
- Morphologie
- Ovale oder rundliche Läsionen
- Relativ scharf begrenzt, im späteren Verlauf konfluierend
- Dawson Fingers: Radiologisches Erscheinungsbild „fingerförmig“ in Richtung periventrikuläres Marklager verlaufender Balkenläsionen, typisch für MS
- T1: Läsionen iso- oder leicht hypointens
- Im Verlauf häufig deutlich hypointens („black holes“): Ausdruck einer fortgeschrittenen, prognostisch ungünstigen Gewebedestruktion
- T1 mit KM: Akute Läsionen hyperintens (Gadolinium-Aufnahme als Ausdruck der Schrankenstörung)
- T2 und FLAIR: Läsionen hyperintens (hohe Sensitivität, geringe Spezifität)
- FLAIR: Ist der T2-Wichtung bei der Detektion ventrikel- oder kortexnaher Läsionen überlegen
McDonald-MRT-Kriterien (2017) [11]
- Örtliche Dissemination
- Mind. eine T2-hyperintense Läsion in mind. zwei von vier MS-typischen Regionen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal)
- Zeitliche Dissemination
- MRT mit gleichzeitigem Nachweis von Gadolinium-anreichernden und nicht-anreichernden Läsionen oder
- Verlaufs-MRT mit einer neuen T2- und/oder Gadolinium-anreichernden Läsion
MAGNIMS-Konsensus-Kriterien (2016, Auszug) [12]
- Anpassung der McDonald-Kriterien (Version von 2010) im Hinblick auf die örtliche Dissemination (Auszug)
- Nervus opticus wird als fünfte MS-typische Region definiert
- Mind. drei periventrikuläre Läsionen (statt einer Läsion)
- Erweiterung der juxtakortikalen Region auf kortikal-juxtakortikal (in McDonald-Kriterien 2017 berücksichtigt)
- Berücksichtigung symptomatischer infratentorieller bzw. spinaler Läsionen (in McDonald-Kriterien 2017 berücksichtigt)
Liquordiagnostik
- Stellenwert zur Diagnosestellung
- Kann bei Nachweis oligoklonaler Banden den MRT-Nachweis einer zeitlichen Dissemination ersetzen
- Stützt V.a. chronisch-entzündliche Ätiologie
- Wesentlich für Differenzialdiagnose
- Prognostischer Wert
- Parameter
- Zytologie, Albumin-, Lactat- sowie IgG-, IgA- und IgM-Bestimmungen mit Reiber-Diagramm
- Nachweis oligoklonaler IgG-Banden
- Antikörper-Synthese-Indizes (ASI) für Masern, Röteln und Varizella-Zoster-Viren
- Falls in Blutuntersuchung positiv: Borrelien-Serologie und Treponema-Pallidum-Hämagglutinations-Assay (TPHA)
- Befunde [13]
- Normale Zellzahl oder leichte lymphomonozytäre Pleozytose
- Aktivierte Lymphozyten und/oder Plasmazellen (bei ca. 50% der Patient:innen)
- Albumin bzw. Gesamtprotein gelegentlich leicht erhöht (jeweils bei ca. 10 %)
- Glucose und Lactat normwertig
-
Intrathekale, persistierende Immunglobulinsynthese (in 90% der Fälle IgG, bei 60% Zwei-Klassen-Reaktion mit zusätzlichem Vorkommen von IgM, sehr selten als Drei-Klassen-Reaktion mit IgG, IgM und IgA)
- Qualitativer Nachweis: Oligoklonale Banden in isoelektrischer Fokussierung (intrathekale Vermehrung einer IgG-Subfraktion) bei 95–97% der MS-Patient:innen
- Quantitativer Nachweis: Reiber-Diagramm stellt relativen Anteil des intrathekal gebildeten IgG am Liquor-Gesamt-IgG dar
- Fehlender Nachweis bei MS-Verdacht: Wiederholung der Untersuchung im Verlauf [13]
- Positive MRZ-Reaktion: Nachweis der intrathekalen Synthese von Antikörpern gegen Masern, Röteln und/oder Varizella-Zoster-Viren
Blut- und Urindiagnostik
Die Blut- und Urindiagnostik dient nicht direkt der Diagnosestellung einer MS, sondern vielmehr dem Ausschluss (oder der Bestätigung) von Differenzialdiagnosen der MS. Laut aktueller DGN-Leitlinie werden diese Untersuchungen – mit Ausnahme von Borrelien-Serologie und TPHA – nur noch bei konkretem klinischen V.a. eine Differenzialdiagnose empfohlen. Aus Sicht der AMBOSS-Redaktion lässt sich dies nicht zwanglos in Einklang bringen mit der Aussage in derselben Leitlinie, dass es sich bei der MS um eine Ausschlussdiagnose handele. [3]
- Indikation: Im Wesentlichen aus differenzialdiagnostischen Erwägungen
- Obligat gemäß DGN-Leitlinie
- Borrelien-Serologie
- Treponema-Pallidum-Hämagglutinations-Assay (TPHA)
- Weitere häufig bestimmte Parameter
- Basislabordiagnostik (großes Blutbild, CRP, Elektrolyte, Leberparameter, Nierenretentionsparameter, Blutzucker)
- Vitamin B12
- Rheumafaktor
- Antinukleäre Antikörper (ANA)
- Anti-Phospholipid-Antikörper
- Anti-ds-DNA-Antikörper
- Lupus-Antikoagulans
- Angiotensin-konvertierendes Enzym (ACE)
- Urinstatus
- Weitere, im individuellen Fall sinnvolle Parameter
- Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (cANCA und pANCA)
- ENA-Profil
- Autoantikörper gegen Aquaporin-4
- HIV-Serologie
- HTLV-1-Serologie
- Langkettige Fettsäuren
- Mykoplasmen-Serologie
- Methylmalonsäure
Neurophysiologische Diagnostik
- Stellenwert
- Typische Befunde können eine MS-Diagnose untermauern oder die Diagnosesicherheit erhöhen
- In Einzelfällen als Verlaufsparameter
- Befund: Latenzverlängerungen infolge Demyelinisierung im Verlauf bei Mehrzahl der Patient:innen (insb. VEP und SEP)
- Visuell evozierte Potenziale (VEP)
- Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP)
- Motorisch evozierte Potenziale (MEP): Kortikale Stimulation eines Muskels; Verzögerung/fehlende Reizantwort bei Läsion der Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis)
- Akustisch evozierte Potenziale (AEP)
McDonald-Kriterien (revidierte Fassung von 2017) [11]
Die McDonald-Kriterien ermöglichen nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen (mittels Bildgebung, Labor- und Liquordiagnostik) die Diagnosestellung der Multiplen Sklerose.
Definitionen
- Kriterien der örtlichen Dissemination (Entwicklung von MS-Läsionen in unterschiedlichen ZNS-Regionen)
- Im MRT: Mind. eine T2-hyperintense Läsion an mind. 2 MS-typischen Lokalisationen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal) oder
- Klinisch: Zweiter Schub, eine andere Lokalisation betreffend
- Kriterien der zeitlichen Dissemination (Entwicklung von MS-Läsionen im zeitlichen Verlauf)
- Im MRT
- Gleichzeitiger Nachweis von Gadolinium-anreichernden und nicht-anreichernden Läsionen oder
- Verlaufs-MRT mit einer neuen T2-hyperintensen und/oder Gadolinium-anreichernden Läsion oder
- Im Liquor: Nachweis isolierter oligoklonaler Banden oder
- Klinisch: Zweiter Schub
- Im MRT
McDonald-Kriterien der schubförmig-remittierenden MS
McDonald-Kriterien der schubförmig-remittierenden MS | ||
---|---|---|
Schübe | Klinisch objektivierbare Läsion(en) | Erforderliche Zusatzbefunde |
≥2 | ≥2 |
|
1 |
| |
1 | ≥2 |
|
1 |
|
McDonald-Kriterien der primär progredienten MS
- Klinische Progression >1 Jahr (retrospektiv oder prospektiv) plus
- 2 von 3 weiteren Kriterien
- Nachweis der örtlichen zerebralen Dissemination: ≥1 zerebrale T2-hyperintense Läsion(en) in mind. einem der folgenden Areale
- Infratentoriell
- Kortikal bzw. juxtakortikal
- Periventrikulär
- Nachweis der örtlichen spinalen Dissemination: ≥2 spinale T2-hyperintense Läsionen
- Positiver Liquorbefund: Nachweis liquorspezifischer oligoklonaler Banden
- Nachweis der örtlichen zerebralen Dissemination: ≥1 zerebrale T2-hyperintense Läsion(en) in mind. einem der folgenden Areale
Durch die revidierten McDonald-Kriterien ist die Diagnosestellung (und damit ggf. auch der Therapiebeginn!) einer MS nun früher möglich als zuvor. Diese erhöhte Sensitivität geht aber zu Lasten der Spezifität, sodass dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen eine besonders große Bedeutung zukommt! [3]
Klinische Scoring-Instrumente
Expanded Disability Status Scale (EDSS) [14]
- Erfasst systematisch den Schweregrad der Behinderung bei MS im Hinblick auf die Gehstrecke und in acht Funktionssystemen (FS, s.u.)
- Skala (Ordinalskala) mit EDSS-Werten zwischen 0 (keine neurologischen Defizite) und 10 (Tod infolge MS)
- Bis 3,5: Volle Gehfähigkeit
- 4,0–6,5: Eingeschränkte Gehfähigkeit (ggf. mit Hilfsmitteln)
- 7,0: Weitgehende Immobilität und Bindung an den Rollstuhl
- Weltweite Verwendung in Klinik (sollte bei jeder Vorstellung erhoben werden) und im Rahmen von Studien
- Funktionssysteme (FS)
- Pyramidenbahn
- Kleinhirn
- Hirnstamm
- Sensorium
- Zerebrale Funktion
- Sehstörungen
- Blasen- und Mastdarmstörungen
- Sonstige
- Gradierung
- Grad 0: Normal
- Grad 1: Abnorme Zeichen ohne Behinderung
- Grad 2: Leichte Behinderung
- Grad 3: Mäßige Beeinträchtigungen
- Grad 4: Ausgeprägte Beeinträchtigungen
- Grad 5: Maximale Behinderung
- Nachteile
- Schwerpunkt auf Gehfähigkeit
- Armfunktion, Kognition und Fatigue unzureichend abgebildet
Expanded Disability Status Scale (EDSS) | |
---|---|
EDSS-Wert | Behinderung |
0,0 |
|
1,0 |
|
1,5 |
|
2,0 |
|
2,5 |
|
3,0 |
|
3,5 |
|
4,0 |
|
4,5 |
|
5,0 |
|
5,5 |
|
6,0 |
|
6,5 |
|
7,0 |
|
7,5 |
|
8,0 |
|
8,5 |
|
9,0 |
|
9,5 |
|
10,0 |
|
Weitere Instrumente
- Multiple Sclerosis Functional Composite (MSFC)
Pathologie
- Neuropathologische Kennzeichen der MS
- Inflammation
- Demyelinisierung
- Remyelinisierung
- Neurodegeneration
- Gliöse Vernarbung
- Pathologischer Befund während des Schubes: Lymphozytäre Infiltrate und Markscheidenabbau durch Makrophagen (Fettkörnchenzellen) in den Entmarkungs- bzw. Demyelinisierungsherden
Differenzialdiagnosen
Entzündlich-demyelinisierende Erkrankungen
Neuromyelitis optica (NMO, Dévic-Syndrom) / Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)
- Entität Neuromyelitis optica (NMO) mittlerweile in Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) aufgegangen
- Epidemiologie: Selten; insb. Frauen betroffen
- Pathophysiologie: Chronisch-entzündliche Erkrankungsgruppe des ZNS mit Aquaporin-4-Antikörper-vermittelter Zerstörung von Astrozyten
- Symptome: I.d.R. schubförmiger Verlauf
- Optikusneuritis (gelegentlich beidseitig): Visusstörungen, retrobulbäre Schmerzen
- Myelitis: Häufig hochgradige sensomotorische Defizite
- Ggf. andere/weitere Symptome bei Beteiligung von Hirnstamm, Area postrema, Zwischenhirn und/oder Großhirn
- Diagnostik: Gemäß Diagnosekriterien der NMOSD
-
cMRT: In der Regel keine/wenige Läsionen, Läsionen in MS-untypischer Lokalisation und Konfiguration
- Ggf. langstreckige entzündliche Veränderungen des N. opticus
- Ggf. Veränderung anderer betroffener Areale (etwa Hirnstamm)
- Spinales MRT: Ggf. langstreckige Rückenmarksläsion (≥3 Wirbelkörpersegmente)
- Liquordiagnostik
- Serologie: Aquaporin-4-Antikörper im Serum (70% positiv)
-
cMRT: In der Regel keine/wenige Läsionen, Läsionen in MS-untypischer Lokalisation und Konfiguration
- Differenzialdiagnose
- Therapie
- Schubtherapie: Hochdosierte Glucocorticoide, ggf. Plasmapherese
- Immunmodulatorische Therapie
- Zugelassen bei Aquaporin-4-AK-positiven NMOSD: Eculizumab, Satralizumab, Inebilizumab
- Off-Label-Therapie: Rituximab, Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Tocilizumab
- Prognose: Häufig inkomplette Remission nach Schüben, schnellere Behinderungsakkumulation als bei MS
Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM, auch akute demyelinisierende Enzephalomyelitis)
- Epidemiologie: Selten, insb. im Kindes- und jungen Erwachsenenalter auftretend
- Ätiologie
- Parainfektiös: Nach viralen und bakteriellen Infektionen
- Selten nach Impfungen
- Pathophysiologie: Autoimmunvermittelte Demyelinisierung des Gehirns und/oder Rückenmarks
- Symptome: I.d.R. monophasischer Verlauf
- Allgemeinsymptome: Fieber, Kopfschmerzen
- Subakut auftretende Enzephalopathie mit Bewusstseinsstörungen (bis zum Koma), Reizbarkeit, epileptischen Anfällen
- Polyfokale Defizite (etwa Optikusneuritis, Hirnnervenausfälle, Paresen, Aphasie)
- Sonderform mit oft letalem Verlauf: Akute hämorrhagische Leukenzephalomyelitis
- Diagnostik
-
cMRT: Bilaterale asymmetrische Läsionen insb. der weißen Substanz
- Läsionsgröße variabel (punktförmig bis sehr groß)
- T1: Hypointens
- T2: Hyperintens
- T1 mit KM: Variable Kontrastmittelanreicherung (flächig, ringförmig, unvollständig ringförmig, punktförmig), nicht obligat
- DWI: Periphere Diffusionsrestriktion möglich
- Spinales MRT: Konfluierende intramedulläre Läsionen bei einem Teil der Betroffenen
- Liquor: Ggf. mäßige mononukleäre Pleozytose, Gesamtprotein↑, oligoklonale Banden i.d.R. negativ
-
cMRT: Bilaterale asymmetrische Läsionen insb. der weißen Substanz
- Therapie
- Hochdosierte Glucocorticoide
- Eskalationstherapie: Plasmapherese, Cyclophosphamid oder intravenöse Immunglobuline
- Prognose: Häufig vollständige Remission innerhalb von Wochen bis Monaten
- Letale Verläufe möglich (bis zu 10%)
Infektionskrankheiten
- Neurolues/Neurosyphilis
- Chronische Neuroborreliose
- HIV-Infektion
- Tropische spastische Paraparese/HTLV-assoziierte Myelopathie
Metabolische Störungen
Systemische Autoimmunerkrankungen
Eine ZNS-Beteiligung ist bei zahlreichen Multisystemerkrankungen möglich; die Symptome können teilweise mit denen einer Multiplen Sklerose vereinbar sein. Auch die Bildgebung und/oder Liquordiagnostik kann im Einzelfall eine MS imitieren.
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Die Behandlung der Multiplen Sklerose umfasst drei Therapiesäulen:
- Schubtherapie der Multiplen Sklerose
- Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose
- Symptomatische Therapie der Multiplen Sklerose
Schubtherapie der Multiplen Sklerose
- Ziel: Schnelle Symptomrückbildung
- 1. Wahl: Glucocorticoid-Hochdosistherapie für 3–5 Tage (Methylprednisolon 500–1.000 mg/d i.v.) ; ggf. mit oralem Ausschleichen des Glucocorticoids
- Bei therapierefraktärer Schubsymptomatik : Eskalationstherapie mit höherer Glucocorticoid-Dosis , oder verlängerte Therapie für bis zu 10 Tage, ggf. mit oralem Ausschleichen
- 2. Wahl: Plasmaseparation (mittels Plasmapherese oder Immunadsorption) bei
- Therapierefraktärer Schubsymptomatik nach Glucocorticoid-Eskalationstherapie
- Primärer Kontraindikation gegen Glucocorticoid-Hochdosistherapie (siehe auch: Glucocorticoide)
Allgemeine Therapiehinweise zur Glucocorticoid-Hochdosistherapie
- I.d.R. stationär (bei Erst- und Eskalationstherapie zwingend)
- Durchführung nach Infektausschluss (Routinelabordiagnostik, Urinstatus) und ggf. nach Ausschluss einer Tuberkulose mittels Röntgen-Thorax (falls im letzten Jahr noch nicht erfolgt)
- EDSS erheben (wie bei jeder Vorstellung von MS-Patient:innen)
- Protonenpumpenhemmer zur Magenulcus-Prophylaxe, etwa Omeprazol
- Medikamentöse Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (bei Thromboserisiko)
Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose
Allgemeines [3][15]
- Grundprinzip: Immunmodulatorische Stufentherapie
- Indikation
- Alle Patient:innen, bei MS und KIS
- Zuwarten nur in Ausnahmefällen
- Ziele
- Reduktion der Schubfrequenz
- Verringerung der Krankheitsaktivität (MRT)
- Verzögerung der Krankheitsprogression
- Erhalt der Lebensqualität
- Wirkstoffe
- Immunmodulatoren und Immunsuppressiva
- Siehe: Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose – Wirkstoffe
- Sonderfall PPMS: Nur ein zugelassener Wirkstoff (Ocrelizumab)
- Off-Label-Therapien: Vierteljährliche Glucocorticoid-Hochdosistherapie; Mitoxantron
- Therapieauswahl
- Nach Verlaufsform und Krankheitsaktivität (sowohl klinisch als auch in der MRT-Bildgebung)
- Nach weiteren Patientenfaktoren (Begleiterkrankungen, Familienplanung, Nebenwirkungsspektrum und eventuelle Kontraindikationen, Präferenz bei Applikationsform und -frequenz)
- Vergleichende Untersuchungen zwischen den einzelnen Therapieoptionen liegen kaum vor
- Praktische Anwendung
- Keine Kombinationstherapien (außer im Rahmen der Schubbehandlung mit Glucocorticoid-Hochdosistherapie)
- Zahlreiche Therapien sehen ausgedehnte Vor-, Begleit- und Nachuntersuchungen vor [3][15]
- Bei der Umstellung von Therapien sind ggf. Wartezeiten zu beachten [3][15]
Therapiealgorithmus je nach Verlaufsform
Je nach Verlaufsform unterscheiden sich die Therapieoptionen. Für die Auswahl der Wirkstoffe bei RRMS unterteilt die aktuelle DGN-Leitlinie die Substanzen nach aufsteigender Wirkstärke in Kategorie 1, 2 und 3.
Verlaufsmodifizierende MS-Therapie – Therapiealgorithmus je nach Verlaufsform [3] | ||
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Verlaufsform | Indikation | Wirkstoff-Auswahl |
Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS) und Demyelinisierendes Ereignis unklarer Signifikanz |
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Klinisch isoliertes Syndrom (KIS/CIS) |
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Schubförmig remittierende MS (RRMS oder erster Schub) |
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Sekundär progrediente MS (SPMS) |
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Primär progrediente MS (PPMS) |
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Wirksamkeitskategorien [3] * Kategorie 1 = Relativ schwache Wirksamkeit, Schubraten-Reduktion von 30–50% im Vergleich zu Placebo; Wirkstoffe: Dimethylfumarat, Diroximelfumarat [21], Glatirameracetat, β-Interferone, Teriflunomid ** Kategorie 2 = Mittlere Wirksamkeit, Schubraten-Reduktion von 50–60% im Vergleich zu Placebo; Wirkstoffe: Cladribin, Fingolimod, Ozanimod, Ponesimod [19] *** Kategorie 3 = Hohe Wirksamkeit, Schubraten-Reduktion von >60% im Vergleich zu Placebo; Wirkstoffe: CD20-Antikörper (Ocrelizumab, Rituximab (Off-Label Use)), Alemtuzumab, Natalizumab, Ofatumumab) [17] |
Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose – Wirkstoffe (Disease Modifying Therapies, DMT) [3][15]
- Wirkstoffe in alphabetischer Reihenfolge
Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose – Wirkstoffe | ||||
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Substanz | Wirkmechanismus | Applikationsform und Dosierung | Indikation | Unerwünschte Arzneimittelwirkung (Auswahl) |
Alemtuzumab (z.B. Lemtrada®) [22] |
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Azathioprin (Generika) |
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Rekombinante β-Interferone, IFN-β [25][26][27][28] [29] |
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Cladribin (z.B. Mavenclad®) [30] |
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Cyclophosphamid (z.B. Endoxan®) |
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Dimethylfumarat (z.B. Tecfidera®) [32] |
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Diroximelfumarat (Vumerity®) [34] |
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Fingolimod (z.B. Gilenya®) [35] |
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Glatirameracetat (z.B. Copaxone®, Generikum) [38] |
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Mitoxantron (Generika) [39] |
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Natalizumab (z.B. Tysabri®) [40] |
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Ocrelizumab (Ocrevus®) [41] |
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Ofatumumab (Kesimpta®) [15][16][17][42] |
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Ozanimod (Zeposia®) [43] |
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Ponesimod (Ponvory®) [18][19][44] |
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Siponimod (Mayzent®) [45] |
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Teriflunomid (z.B. Aubagio®) [46] |
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Symptomatische Therapie der Multiplen Sklerose
Symptomatische Therapie der multiplen Sklerose
- Physiotherapie
- Medikamentöse symptomatische Therapie
- Antispastische Therapie: Baclofen (oral), Tizanidin, Cannabinoide, in Einzelfällen auch Botulinumtoxin A und intrathekales Baclofen
- Verbesserung der Gehfähigkeit: Fampridin/4-Aminopyridin (nicht erstattungsfähig!) [3][47]
- Ergotherapie
- Logopädie
- Ausdauertraining niedriger bis mäßiger Intensität
- Psychotherapie
- Hilfsmittelversorgung
Spastik
- Regelmäßige Physiotherapie
- Bei unzureichendem Ansprechen auch ergänzende medikamentöse Therapie
- Langsame, individuelle Titrierung
- Mittel der 1. Wahl
- Weitere Antispastika
- Cannabinoide: Δ9-Tetrahydrocannabinol + Cannabidiol (Sativex®)
- Indikation: Symptomverbesserung bei mittelschwerer bis schwerer Spastik, bei unzureichendem Ansprechen auf andere Antispastika
- Bei Nichtansprechen (häufig, bis zu 60% der Fälle!) nach 1 Monat: Therapieende
- Botulinumtoxin A
- Intramuskuläre Injektion (Off-Label Use)
- Indiziert bei schwerer lokaler Spastik ohne Ansprechen auf andere Antispastika
- Baclofen (intrathekal): Applikation über Baclofen-Pumpe, in Einzelfällen bei nicht anders beherrschbarer Spastik
- Triamcinolon (intrathekal)
- Regelmäßige intrathekale Gabe von Volon A® (Off-Label Use)
- In Einzelfällen indiziert bei ausgeprägter Para- bzw. Tetraspastik
- Cannabinoide: Δ9-Tetrahydrocannabinol + Cannabidiol (Sativex®)
Gehfähigkeit
- Verbesserung der Gehfähigkeit: Fampridin/4-Aminopyridin
- Reversibler Kaliumkanalblocker → verbesserte Impulsweiterleitung in demyelinisierten Axonen
- Indikation: Multiple Sklerose (alle Verlaufsformen) mit EDSS von 4–7
- Absetzen bei ausbleibender Verbesserung der Gehstrecke um mind. 20% nach zwei Wochen
Fatigue
- Ausdauertraining niedriger bis mäßiger Intensität
- Widerstandstraining
- Keine gute Datenlage für medikamentöse Therapie [5]
Blasenstörung
- Verhaltenstherapie
- Beckenbodentraining, EMG-Biofeedback
- Intermittierender Selbstkatheterismus
- Anticholinergika
Sexuelle Dysfunktion
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Erektile Dysfunktion: PDE-5-Hemmer (etwa Sildenafil)
- Lubrikationsstörungen: Gleitmittel
Prognose
- Individueller Verlauf nicht vorhersagbar
- Prognostisch eher günstige Faktoren (weitere prognostische Faktoren: s.u.) [5]
- Beginn vor dem 35. Lebensjahr [48][49][50]
- Monosymptomatischer Beginn mit sensiblen Symptomen
- Gute Remission nach erstem Schub
- Prognostisch eher günstige Faktoren (weitere prognostische Faktoren: s.u.) [5]
- Behinderung
- Nach 15 Jahren: 50% der Patient:innen mit Gehhilfe [51]
- Nach 25 Jahren [52]
- Ein Drittel der Patient:innen nicht mehr gehfähig, zwei Drittel nicht mehr arbeitsfähig
- Keine/geringe Behinderung: 10% der Patient:innen
- Lebenserwartung: Durchschnittlich 6–7 Jahre reduziert [53][54]
Prognostische Faktoren [5]
Prognostisch eher günstige Faktoren | Prognostisch eher ungünstige Faktoren | ||
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Beginn | Zeitpunkt [48][49][50] |
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Symptomatik |
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Schübe | Dauer |
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Rückbildung |
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Klinische Befunde |
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Diagnostische Befunde | Bildgebung |
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Elektrophysiologie |
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Besondere Patientengruppen
Die Multiple Sklerose im Kindes- und Jugendalter (pädiatrische Multiple Sklerose) unterscheidet sich klinisch z.T. von der Erkrankung des Erwachsenen. Zur verlaufsmodifizierenden Therapie stehen weniger Optionen zur Verfügung. Auch im Rahmen einer Schwangerschaft bei Multipler Sklerose sind in den verschiedenen Phasen (Kinderwunsch, Schwangerschaft, Stillzeit) zahlreiche therapeutische Besonderheiten und Einschränkungen zu beachten.
Kinder und Jugendliche (pädiatrische Multiple Sklerose)
Unterschiede zur Erkrankung des Erwachsenen [15][55][56][57]
- Symptomatik
- Kindesalter: Häufig polysymptomatische und schwere Erstmanifestation
- Jugendalter: Ähnliche Erstmanifestation wie bei Erwachsenen
- Verlauf: Fast ausschließlich schubförmig
- Hohe Schubfrequenz und größere Läsionslast
- Symptomrückbildung schneller und häufiger ohne Residualsymptomatik
- Therapie: Weniger Optionen zur verlaufsmodifizierenden Therapie
Epidemiologie
- Selten (3–7% aller MS-Fälle) [15]
- Inzidenz [58]
- Altersgruppe der unter Zehnjährigen: 0,09 Fälle/100.000 Personen pro Jahr
- Altersgruppe der 14–15-Jährigen: 2,6 Fälle/100.000 Personen pro Jahr
Klinische Verlaufsformen [15][57]
- Definitionen siehe: MS-Verlaufsform
- Dominanz schubförmiger Verlaufsformen
- Klinisch isoliertes Syndrom (KIS/CIS)
- Schubförmig remittierende MS (RRMS)
- Sekundär progrediente MS (SPMS): Übergang nach 10–20 Jahren
- Primär progrediente MS (PPMS): Sehr selten
Symptome/Klinik [57]
- Kindesalter
- Jugendalter
- Meist monosymptomatische Erstmanifestation (ähnlich wie bei Erwachsenen)
- Optikusneuritis
- Sensibilitätsstörungen
- Paresen
Diagnostik [55]
- Diagnosestellung: Gemäß McDonald-Kriterien
- Nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen
- Nachweis der Demyelinisierung mit örtlicher und zeitlicher Dissemination
- Cave: Ereignis mit multifokaler Symptomatik und Enzephalopathie wird nicht als Schub gewertet, da es nur unzureichend von einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis (ADEM) abgrenzbar ist!
- Erforderliche Diagnostik
- MRT (mit Kontrastmittel) von Kopf und Rückenmark: Umschriebene, T2-hyperintense Läsionen der weißen Substanz (vergleichbar jenen bei Erwachsenen)
-
Liquordiagnostik
- Basisparameter
- Oligoklonale Banden
- MRZ-Reaktion
- Evozierte Potenziale (MEP, SEP, VEP, AEP)
- Ophthalmologische Diagnostik
- Visustestung
- Augenmotilitätstestung
- Fundoskopie
- Perimetrie
- Optische Kohärenztomografie (OCT)
- Blut (insb. aus differenzialdiagnostischen Erwägungen)
- Sonografie der Harnblase (bei spinalen Läsionen oder V.a. Blasenentleerungsstörung)
Differenzialdiagnosen
- Akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM)
- Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen
- Je nach Präsentation müssen u.a. Infektionen (Neuroborreliose), Neurosarkoidose, Vaskulitiden und Tumoren (Lymphome, Astrozytome) differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden
Therapie [15][55]
Schubtherapie der pädiatrischen Multiplen Sklerose
- 1. Wahl
-
Glucocorticoid-Hochdosistherapie für 3–5 Tage mit Methylprednisolon i.v. , ggf. mit oralem Ausschleichen des Glucocorticoids
-
Protonenpumpenhemmer zur Magenulkus-Prophylaxe (Off-Label Use, zugelassen für andere Indikationen ab jeweils 1 Jahr)
- Esomeprazol (zugelassen ab 1 Jahr)
- Oder Omeprazol (zugelassen ab 1 Jahr) [59]
- Medikamentöse Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (bei Thromboserisiko)
- Enoxaparin (zugelassen zur Thromboseprophylaxe für Jugendliche ab Tanner II bei Immobilisation)[59]
- Bei geringem bis mittlerem Risiko (Teilimmobilisierung)
- Bei hohem Risiko (komplette Immobilisierung)
- Enoxaparin (zugelassen zur Thromboseprophylaxe für Jugendliche ab Tanner II bei Immobilisation)[59]
-
Protonenpumpenhemmer zur Magenulkus-Prophylaxe (Off-Label Use, zugelassen für andere Indikationen ab jeweils 1 Jahr)
- Wiederholung der Glucocorticoid-Hochdosistherapie bei therapierefraktärer Schubsymptomatik
-
Glucocorticoid-Hochdosistherapie für 3–5 Tage mit Methylprednisolon i.v. , ggf. mit oralem Ausschleichen des Glucocorticoids
- 2. Wahl: Plasmaseparation (mittels Plasmapherese oder Immunadsorption)
- Indikation
- Primäre Kontraindikation gegen Glucocorticoid-Hochdosistherapie (siehe auch: Glucocorticoide)
- Therapierefraktäre Schubsymptomatik nach Glucocorticoid-Eskalationstherapie
- Indikation
Verlaufsmodifizierende Therapie der pädiatrischen Multiplen Sklerose
- Milde/moderate Verlaufsform
- Indikation: Therapiebeginn nach Diagnosestellung
- Wirkstoffe
- Zulassung ab 2 Jahre
- Interferon-β-1a s.c. (Rebif®)
- Zulassung ab 12 Jahre
- Glatirameracetat (Copaxone®)
- Interferon-β-1b s.c. (Betaferon®, Extavia®)
- Interferon-β-1a i.m. (Avonex®)
- Zulassung ab 2 Jahre
- Aktive/hochaktive Verlaufsform
- Indikation
- Mind. 1 Schub im letzten Jahr unter Basistherapie und neun T2-hyperintense Läsionen oder eine Kontrastmittel-anreichernde Läsion in cMRT
- Mind. 2 Schübe mit Behinderungsprogression im letzten Jahr und mind. 1 Kontrastmittel-anreichernde Läsion oder deutliche Zunahme T2-hyperintenser Läsionen in cMRT (Voraufnahme max. 1 Jahr alt)
- Wirkstoffe
- Zulassung ab 10 Jahren: Fingolimod
- SPMS: Siponimod
- RRMS: Ozanimod
- Indikation
Prognose
- Günstigerer Verlauf im Hinblick auf Schubrückbildung als beim Erwachsenen
- Mit Erwachsenen vergleichbare Behinderung wird durchschnittlich 10 Jahre früher erreicht (durch früheren Krankheitsbeginn)
Multiple Sklerose bei Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit
Vorbemerkungen [15]
- Schwangerschaft beeinflusst den langfristigen Krankheitsverlauf nicht negativ
- Erkrankungsrisiko des Kindes bei einem erkrankten Elternteil: Ca. 2%
- Keine verlaufsmodifizierende Therapie ist für Schwangere oder Stillende zugelassen
- Einzelne Wirkstoffe können im Off-Label Use verwendet werden
- Unzureichende Datenlage zur Sicherheit der Therapien in der Schwangerschaft
Kinderwunsch [3][15][60]
- Fertilität: Nicht von Erkrankung beeinflusst
- Künstliche Befruchtung: Möglicherweise erhöhte Schubrate, nicht kontraindiziert
- Konzeption vorzugsweise in Phase geringer Krankheitsaktivität
- Kein Schwangerschaftsabbruch aufgrund laufender verlaufsmodifizierender Therapie
Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Mütter)
Multiple Sklerose und Kinderwunsch - Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Mütter) | ||
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Wirkstoff | Vorgehen | |
Alemtuzumab |
| |
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Cladribin |
| |
Dimethylfumarat |
| |
Fingolimod |
| |
| ||
Mitoxantron |
| |
Natalizumab |
| |
Ocrelizumab |
| |
Teriflunomid |
|
Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Väter)
- Therapie bei Kinderwunsch möglich
- Therapieende erforderlich
- Mitoxantron: 6 Monate vor geplanter Zeugung, eventuell Kryokonservierung von Spermien vor Therapiebeginn erwägen
- Sonstiges
- Teriflunomid: Geringes Risiko der mütterlichen Exposition
Schwangerschaft [3][15][60]
- Schubtherapie: Bei schwerem Schub Glucocorticoid-Hochdosistherapie für 3–5 Tage
- Strenge Indikationsstellung!
- Aufgrund möglicher teratogener Wirkung (Lippen-Kiefer-Gaumensegel-Spalte) Anwendung vorzugsweise erst nach dem 1. Trimenon
- Geringes Risiko einer intrauterinen Wachstumsretardierung (insb. bei mehrfacher Anwendung)
- Alternative zur Glucocorticoid-Eskalation: Plasmaseparation (mittels Plasmapherese oder Immunadsorption)
- Verlaufsmodifizierende Therapie: I.d.R. nicht notwendig, Fortführung im Einzelfall möglich
- Einzige zugelassene Substanz: β-Interferon
- Als Off-Label-Therapie unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung möglich
- Intravenöse Immunglobuline: Ggf. individueller Heilversuch bei sehr hoher Schubaktivität
Geburt [3][15][60]
- Die Erkrankung hat keine Auswirkung auf den Geburtsvorgang
- Keine Kontraindikation gegen etwaige Periduralanästhesie
- Keine grundsätzliche Sectio caesarea erforderlich
Stillzeit [3][15][60]
- Stillen beeinflusst die Schubrate wahrscheinlich nicht negativ (möglicherweise sogar protektiver Effekt)
- Alleiniges Stillen sollte für 6 Monate angestrebt werden
- Schubtherapie: Glucocorticoid-Hochdosistherapie für 3–5 Tage
- Verlaufsmodifizierende Therapie
- Anwendung in Einzelfällen nach Risiko-Nutzen-Abwägung
- β-Interferon (einzige zugelassene Substanz)
- Glatirameracetat
- Kontraindiziert
- Alemtuzumab
- Cladribin
- Dimethylfumarat
- Fingolimod
- Mitoxantron
- Ocrelizumab
- Teriflunomid
- Fehlende Daten
- Anwendung in Einzelfällen nach Risiko-Nutzen-Abwägung
- Intravenöse Immunglobuline: Ggf. individueller Heilversuch bei sehr hoher Schubaktivität
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir dir Videos zum Einprägen relevanter Fakten an. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung zur schnelleren Wiederholung. Eine Übersicht über alle Videos findest du in dem Kapitel Meditricks.
Teil 1 (frei verfügbar)
Teil 2
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
AMBOSS-Podcast zum Thema
Multiple Sklerose: Paradigmenwechsel in Forschung und Therapie (Juli 2022)
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
G35.-: Multiple Sklerose [Encephalomyelitis disseminata]
- Inklusive: Multiple Sklerose:
- disseminiert
- generalisiert
- Hirnstamm
- Rückenmark
- o.n.A.
- Die folgenden fünften Stellen sind bei den Subkategorien G35.1–G35.3 zu benutzen:
- 0: Ohne Angabe einer akuten Exazerbation oder Progression
- 1: Mit Angabe einer akuten Exazerbation oder Progression
- G35.0: Erstmanifestation einer multiplen Sklerose
- G35.1-: Multiple Sklerose mit vorherrschend schubförmigem Verlauf
- G35.2-: Multiple Sklerose mit primär-chronischem Verlauf
- G35.3-: Multiple Sklerose mit sekundär-chronischem Verlauf
- G35.9: Multiple Sklerose, nicht näher bezeichnet
G36.-: Sonstige akute disseminierte Demyelinisation
- Exklusive: Postinfektiöse Enzephalitis und Enzephalomyelitis o.n.A. (G04.8)
- G36.0: Neuromyelitis optica [Devic-Krankheit]
- Demyelinisation bei Neuritis nervi optici
- Exklusive: Neuritis nervi optici o.n.A. (H46)
- G36.1: Akute und subakute hämorrhagische Leukoenzephalitis [Hurst]
- G36.8: Sonstige näher bezeichnete akute disseminierte Demyelinisation
- G36.9: Akute disseminierte Demyelinisation, nicht näher bezeichnet
G37.-: Sonstige demyelinisierende Krankheiten des Zentralnervensystems
- G37.0: Diffuse Hirnsklerose
- Encephalitis periaxialis
- Schilder-Krankheit
- Exklusive: Adrenoleukodystrophie [Addison-Schilder-Syndrom] (E71.3)
- G37.1: Zentrale Demyelinisation des Corpus callosum
- G37.2: Zentrale pontine Myelinolyse
- G37.3: Myelitis transversa acuta bei demyelinisierender Krankheit des Zentralnervensystems (Myelitis transversa acuta o.n.A.)
- Exklusive: Multiple Sklerose [Encephalomyelitis disseminata] (G35.‑), Neuromyelitis optica [Devic-Krankheit] (G36.0)
- G37.4: Subakute nekrotisierende Myelitis [Foix-Alajouanine-Syndrom]
- G37.5: Konzentrische Sklerose [Baló-Krankheit]
- G37.8: Sonstige näher bezeichnete demyelinisierende Krankheiten des Zentralnervensystems
- G37.9: Demyelinisierende Krankheit des Zentralnervensystems, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.