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Herpes zoster

Letzte Aktualisierung: 10.11.2023

Abstracttoggle arrow icon

Dem Herpes zoster (Gürtelrose oder häufig verkürzt Zoster) liegt die Reaktivierung einer Varizelleninfektion zugrunde, da das Virus nach einer Primärinfektion im Kindesalter (in Form von Windpocken) lebenslang in den Hirn- und Spinalganglien persistiert. Eine Reaktivierung kann durch Stress oder Immunschwäche ausgelöst werden und tritt als schmerzhafte unilaterale und dermatombezogene Hautrötung mit Bläschen in Erscheinung. Durch den Einsatz von antiviralen Medikamenten (insb. Aciclovir) kommt es i.d.R. zu einer folgenlosen Ausheilung. Mögliche Komplikationen sind eine Enzephalitis oder insb. bei älteren Menschen eine (oft lebenslang anhaltende) schmerzhafte Post-Zoster-Neuralgie.

Befällt das Virus die Hirnnerven, kann es beim Zoster ophthalmicus zu Visusverlust und beim Zoster oticus zu Fazialisparese und Schwerhörigkeit kommen. In diesen Fällen ist eine schnelle Einleitung der antiviralen Therapie besonders wichtig.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Vorkommen: Weltweit
  • Lebenszeitprävalenz: ca. 50%
  • Inzidenz [1][2]
    • 75:100.000 Kinder <10 Jahre pro Jahr
    • 1000:100.000 Erwachsene pro Jahr
  • Alter: In jedem Alter möglich, insb. Menschen >50 Jahre betroffen

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Erreger: Varizella-Zoster-Virus (VZV) = Humanes Herpesvirus 3 (HHV-3)
  • Reservoir: Mensch (einzig bekanntes Reservoir)
  • Primärinfektion: Windpocken mit lebenslangem Persistieren des Virus in den Spinal- bzw. Hirnganglien
  • Reaktivierung: Herpes zoster infolge einer (oft passageren) Immunschwäche
  • Übertragung: Nur Schmierinfektion (Kontakt zu erregerhaltigem Bläscheninhalt: direkt von Mensch zu Mensch oder indirekt über Gegenstände)
    • Personen, die keine Windpockenerkrankung durchgemacht und keine Impfung erhalten haben, können angesteckt werden und an Windpocken erkranken
    • Herpes zoster bekommt man nie durch Ansteckung, sondern immer durch Reaktivierung einer vorangegangenen VZV-Infektion (Windpocken) oder VZV-Impfung
    • Eine diaplazentare Übertragung auf das Ungeborene erfolgt bei Herpes zoster der Schwangeren nicht
  • Infektiosität: Von Exanthembeginn bis etwa 5–7 Tage danach („bis das letzte Bläschen verkrustet ist“)
  • Mögliche Auslöser einer Immunschwäche und damit einer Reaktivierung

Kein Zoster ohne vorherige Windpockenerkrankung oder VZV-Impfung!

Pathophysiologietoggle arrow icon

  • Erstinfektion in Form von WindpockenWahrscheinlich gelangt das Virus neurogen von der Haut in die Hirn- und Spinalganglien → Lebenslanges Verbleiben in den Ganglien → Reaktivierung bei (passagerer) Immuninsuffizienz → Viren gelangen über die sensiblen Nerven an die Hautoberfläche, vermehren sich dort und verursachen am entsprechenden Dermatom den Herpes zoster in Form multipler uniformer Bläschen
  • Warum bei der Reaktivierung nur bestimmte Dermatome betroffen sind, ist derzeit nicht geklärt

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

  • Zoster sine herpete: Fehlen von Läsionen
  • Zoster duplex: Beidseitiger Befall bzw. Überschreiten der Mittellinie
  • Zoster gangraenosus: Nekrotisieren der Läsionen
  • Zoster generalisatus: Generalisierte Läsionen, ggf. sekundär hämatogene Streuung und Organmanifestationen
  • Zoster ophthalmicus: Zoster des Auges mit Befall des N. ophthalmicus
  • Zoster oticus: Zoster des Ohrs, ggf. mit Befall des N. vestibulocochlearis und/oder N. facialis
  • Zoster genitalis: Zoster im Genitalbereich mit Befall von regionalen Nerven

Der Zoster generalisatus ist ein fakultatives kutanes paraneoplastisches Syndrom; die Malignomsuche wird daher dringend empfohlen!

Zoster ophthalmicustoggle arrow icon

Definition

Epidemiologie

  • Alter: In jedem Alter möglich, meist zwischen 40 und 60 Jahren
  • Risikofaktor: Immunschwäche

Klinik

  • Reduzierter Allgemeinzustand und Fieber
  • Typische Hauteffloreszenzen und starke Schmerzen im Innervationsgebiet, insb. Stirn, Nasenrücken und Nasenspitze
    • Ggf. Hutchinson-Zeichen: Herpetiforme Hautläsion im Bereich der Nasenspitze als Erstsymptom eines Herpes zoster
  • Reduzierte Sensibilität des betroffenen Areals, ggf. auch der Hornhaut
  • Schwere intraokulare Manifestationen möglich, bspw. Uveitis, Iritis, Konjunktivitis, Keratitis, Sehnervenentzündung

Die Effloreszenzen von Herpes zoster, Zoster oticus und Zoster ophthalmicus haben das gleiche Erscheinungsbild!

Spezifische Diagnostik

Therapie

Komplikationen

Ein Zoster ophthalmicus kann zum Visusverlust auf der betroffenen Seite führen!

Zoster oticustoggle arrow icon

Definition

Epidemiologie

  • Alter: In jedem Alter möglich, vermehrt >40 Jahre
  • Geschlecht: >

Klinik

Die Effloreszenzen von Herpes zoster, Zoster oticus und Zoster ophthalmicus haben das gleiche Erscheinungsbild!

Spezifische Diagnostik

Therapie

Komplikationen

Ein Zoster oticus kann zu Hörverlust und bleibenden Fazialisparesen auf der betroffenen Seite führen!

Diagnostiktoggle arrow icon

  • Typische Anamnese und Klinik i.d.R. ausreichend [1][2][4]
  • Ggf. Diagnosesicherung
    • Erregernachweis mittels PCR
    • Antigennachweis aus Bläschensekret/Abstrich (Objektträgerpräparat luftgetrocknet, unfixiert)
    • Serologie

Bei Herpes generalisatus oder rezidivierendem Herpes zoster sollten ein Malignom und ein Immundefekt (z.B. HIV) ausgeschlossen werden!

Therapietoggle arrow icon

Therapieziele

Symptomatische Therapie des Herpes zoster

Antivirale Therapie des Herpes zoster [5]

Eine antivirale Therapie kann bei rechtzeitigem Beginn den Krankheitsverlauf verkürzen (schnelleres Abheilen der Hautläsionen und Abklingen der Schmerzsymptomatik)!

Therapie des Herpes zoster bei Kindern [1]

  • Standardtherapie: Aciclovir p.o.
  • Bei Immunsuppression, schweren Verläufen oder Komplikationen : Aciclovir i.v.

Therapie des Herpes zoster bei Immunsuppression, schweren Verläufen oder Komplikationen [8]

Zusätzliche Medikamente bei schweren Verläufen [5]

Bei Superinfektion

  • Systemische Antibiotikatherapie, bspw. mit Cefuroxim p.o. [1]
    • Erwachsene
    • Kinder 1 Monat–12 Jahre

Salicylate sind bei einer Varizelleninfektion im Kindes- und Jugendalter immer kontraindiziert, da in diesem Zusammenhang das Risiko eines Reye-Syndroms erhöht ist!

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Post-Zoster-Neuralgietoggle arrow icon

Definition [8][9]

  • Persistierende Schmerzen (>3 Monate) nach Abheilung der Hauteffloreszenzen

Epidemiologie

  • Häufigkeit: 10–15% aller Fälle mit Herpes zoster
  • Alter: Bis zu 50% aller Fälle betreffen ältere Menschen (>60 Jahre), bei Kindern selten

Klinik

Diagnostik [10]

  • Klinik und entsprechende Anamnese mit stattgehabter Herpes-zoster-Erkrankung
  • Bei Zoster sine herpete: Diagnose erschwert, daher apparative Diagnostik zur Abklärung
    • Liquoruntersuchung
    • Spinale MRT mit Suche nach Kontrastmittelanreicherung (entzündliche Reaktion)

Therapie [5][11]

Therapieziele

  • Schmerzreduktion
  • Verbesserung von Schlaf- und Lebensqualität
  • Erhaltung von Sozialleben und Arbeitsfähigkeit

Medikamentöse Therapie der Post-Zoster-Neuralgie

Zusätzliche nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten

Prognose [5]

  • Persistieren häufig >1 Jahr, lebenslanger Verlauf möglich
  • Bei ca. 30% der Betroffenen ist die Schmerztherapie nicht effektiv

Prognosetoggle arrow icon

  • Insgesamt gute Prognose, in 70% der Fälle folgenlose Ausheilung, bei 10% Post-Zoster-Neuralgie [2]
  • Rezidivierende Verläufe kommen vor, sind aber eher selten
  • Bei Zoster generalisatus: Letale Verläufe möglich
  • Bei Zoster-Enzephalitis: Schlechte Prognose, Residualschäden häufig

Präventiontoggle arrow icon

Zoster-Impfung [12]

Gegen Varizellen oder Herpes zoster geimpfte Personen haben ein geringeres Risiko, einen Herpes zoster zu entwickeln; eine Erkrankung ist allerdings auch trotz Impfung möglich.

Weitere Maßnahmen [2]

  • Abdecken der Läsionen, insb. im Beisein von Dritten, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren
  • Kein Kontakt zu Neugeborenen, Schwangeren, Menschen mit fehlender Immunität oder mit Immunschwäche
  • Ausschluss aus Gemeinschaftseinrichtungen für mind. 7 Tage bzw. bis alle Effloreszenzen verkrustet sind, Wiederzulassung ohne ärztliches Attest möglich
  • Im Krankenhaus: Isolierung und Handschuh-Kittel-Pflege bis das letzte Bläschen verkrustet ist

Meldepflichttoggle arrow icon

  • Arztmeldepflicht
    • Nach InfKrankMV und IfSGMeldeVO (nur in Brandenburg und Sachsen )
      • Namentliche Meldepflicht nur bei Krankheits- oder Todesfällen
  • Labormeldepflicht
    • Nach § 7 IfSG
    • Nach IfSGMeldpflV ST 2005 (nur in Sachsen-Anhalt )
    • Nach ThürIfKrMVO (nur in Thüringen )

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Herpes zoster (Video frei verfügbar)

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Patienteninformationentoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

B02.-: Zoster [Herpes zoster]

Zoster-Meningitis und -Enzephalitis, Polyneuropathie bei Zoster

Affektion von Auge und Ohr bei Zoster

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. S2k-Leitlinie Therapie der idiopathischen Fazialisparese (Bell's Palsy).Stand: 31. März 2017. Abgerufen am: 31. Januar 2017.
  2. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 6 . Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2013, ISBN: 978-3-131-44716-6.
  3. Antiinfektiva, Leitlinien für die Therapie und Prophylaxe.Stand: 1. Juli 2009. Abgerufen am: 17. Januar 2017.
  4. Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose), RKI-Ratgeber für Ärzte.Stand: 29. August 2017. Abgerufen am: 22. März 2017.
  5. Herold: Innere Medizin 2017. Herold 2016, ISBN: 3-981-46606-3.
  6. Rote-Hand-Brief zu brivudinhaltigen Arzneimitteln: Potenziell tödliche Toxizität von Fluoropyrimidinen bei der Anwendung kurz vor, gleichzeitig mit oder innerhalb von 4 Wochen nach Ende der Behandlung mit Brivudin.Stand: 13. Mai 2020. Abgerufen am: 13. Mai 2020.
  7. S2k-Leitlinie Opportunistische Infektionen bei erwachsenen HIV-infizierten Patienten, Therapie und Prophylaxe.Stand: 12. September 2014. Abgerufen am: 17. Januar 2019.
  8. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie.Stand: 24. Mai 2019. Abgerufen am: 5. Mai 2022.
  9. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2021.
  10. Epidemiologisches Bulletin Nr. 50/2018.
  11. Epidemiologisches Bulletin Nr. 36/2017.
  12. Beier:Empfehlungen der SIKO zur Durchführung von Schutzimpfungen im Freistaat SachsenIn: KVS-Mitteilungen. Nummer: 02, 2019, p. 12-15.
  13. Zostavax® Fachinformation.Stand: 1. November 2018. Abgerufen am: 21. Oktober 2020.
  14. Bialas, Sittig: Leitfaden Schmerzmedizin. Elsevier 2021, ISBN: 978-3-437-06233-9.
  15. S1-Leitlinie Diagnostik neuropathischer Schmerzen.Stand: 1. September 2012. Abgerufen am: 22. März 2017.
  16. S1-Leitlinie Pharmakologisch nicht interventionelle Therapie chronisch neuropathischer Schmerzen.Stand: 1. September 2015. Abgerufen am: 22. März 2017.
  17. Mumenthaler, Mattle: Neurologie. 12. Auflage Thieme 2008, ISBN: 978-3-133-80012-9.
  18. Masuhr, Neumann: Duale Reihe Neurologie. 6. Auflage Thieme 2007, ISBN: 978-3-131-35946-9.
  19. Suerbaum et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 8. Auflage Springer 2016, ISBN: 978-3-662-48677-1.
  20. Epidemiologisches Bulletin Nr. 34/2017.Stand: 24. August 2017. Abgerufen am: 8. November 2017.
  21. Epidemiologisches Bulletin Nr. 34/2018.

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