Abstract
Die zystische Fibrose (CF) oder Mukoviszidose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, die auf einem Defekt des CFTR-Gens beruht. Dies führt zu einer Funktionsstörung des gleichnamigen Chlorid-Ionen-Kanals der Zellmembran und zu einer Viskositätserhöhung von Sekreten diverser Drüsenzellen. Meist manifestiert sich die zystische Fibrose entweder unmittelbar nach der Geburt als Mekoniumileus oder im frühen Lebensalter in Form von rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden und/oder von Fettstühlen und Gedeihstörungen. Milde Krankheitsverläufe, meist infolge einer Restaktivität des Chloridkanals, können auch erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.
Durch die erhöhte Viskosität des Sekrets im Respirationstrakt wird die Besiedlung mit resistenten Keimen begünstigt. Die Kombination aus chronischer Entzündung und rezidivierenden Infektionen führt langfristig häufig zu einem Lungenemphysem und zu einer progredienten respiratorischen Insuffizienz. Die Ausprägung der respiratorischen Symptomatik ist dabei meist ausschlaggebend für die Prognose. Infolge der CF-bedingten fortschreitenden Pankreasschädigung kommt es zunächst zu einer Maldigestion mit Fettstühlen und Dystrophie (exokrine Pankreasinsuffizienz), im Verlauf zu einem CF-assoziierten Diabetes mellitus (endokrine Pankreasinsuffizienz). Eine Viskositätssteigerung des biliären Sekrets führt zu einer Fettleber und progredienten Leberzirrhose, im Verlauf ggf. mit portaler Hypertension. Bei Männern besteht meist eine Sterilität durch Obliteration der Vasa deferentia; Frauen können Kinder bekommen, wenn ihr Gesundheitszustand es zulässt.
Seit September 2016 gehört die zystische Fibrose in Deutschland zu den im Neugeborenen-Screening erfassten Erkrankungen. Bei Nachweis eines erhöhten immunreaktiven Trypsins muss eine Bestätigungsdiagnostik mit Schweißtest und schließlich Mutationsanalyse erfolgen. Es erfolgt eine symptomatische Therapie entsprechend der Klinik. Für bestimmte Mutationen wurden in den letzten Jahren kausale Therapieansätze zugelassen (CFTR-Modulatoren). Bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf werden häufig Leber- und/oder Lungentransplantationen notwendig. Die Lebenserwartung eines Neugeborenen mit zystischer Fibrose liegt aktuell bei 53 Jahren.
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Epidemiologie
- Inzidenz: 1/3.300–1/4.800 Neugeborene in Deutschland [1][2][3]
- Aktuell leben in Deutschland ca. 8.000 Betroffene und es gibt ca. 200 Neuerkrankungen pro Jahr (Stand 2017) [4]
- Zweithäufigste hereditäre Stoffwechselkrankheit der europäischen Bevölkerung (nach der Hämochromatose)
- Alter
- I.d.R. Diagnosestellung im 1. Lebensjahr (überwiegend durch das Neugeborenenscreening) [5]
- Gelegentlich (milde Verlaufsform) auch >18. Lebensjahr
- Lebenserwartung: Im Median 53 Jahre [6]
- Aktuell sind >50% der CF-Patienten in Deutschland >18 J. [4]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Genetik [1]
- Mutation des CFTR-Gens auf dem langen Arm des Chromosoms 7
- Kodiert für das gleichnamige Chloridkanalprotein CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)
- Über 2.000 verschiedene Mutationen in sechs Mutationsklassen
- Konsequenzen einzelner Mutationen
- Beeinträchtigung der CFTR-Synthese und/oder -Funktion
- Vorzeitiges Stoppcodon (Insertion, Deletion, Nonsense-Mutation)
- Beteiligung invarianter Nukleotide GT/AG intronischer Spleißstellen
- Deletion von einem oder mehreren Exons
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Heterozygote Anlageträger haben ein gesundes und ein mutiertes CFTR-Allel und sind klinisch gesund
-
Heterozygotenfrequenz in Europa: ca. 4% (1:25)
- Berechnung der Heterozygotenfrequenz nach dem Hardy-Weinberg-Gesetz
- Assoziation: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen [4]
Mutationsklassen
Mutationsklasse I (ca. 10% aller CF-Patienten)
- Mechanismus: Defekte mRNA („premature stopcodon”) → Fehlende Proteinproduktion → Kein Chloridtransport möglich
- Mutationen (Auswahl): G542X, W1282X, R553X, CFTRdele2,3, 1717-1G→A, 2183AA→G, R1162X, 2143delT, 2184delA, 621+1G→T, 3659delC, 1078delT, 3905insT, E60X, 2184insA
- Therapieansatz: CFTR-Modulatoren
Mutationsklasse II (ca. 90% aller CF-Patienten)
- Mechanismus: Gestörte Prozessierung („trafficking defect”) → Intrazellulärer enzymatischer Abbau des Proteins → Kein/wenig Protein erreicht die Zelloberfläche → Chloridtransport gestört
- Mutationen (Auswahl): ΔF508, N1303K, M1101K, I507del, G85E, E92X, L206W
- Mutation ΔF508 (DeltaF508) : Häufigste Mutation in Deutschland und bei Menschen mit nordeuropäischer Abstammung [9] (ca. 70% der CF-Allele, ΔF508-Homozygotie bei ca. 50% der CF-Betroffenen ) [5]
- Mutation ΔF508 (Deletion von 3 Basenpaaren im CFTR-Gen) → Auslassung der Aminosäure Phenylalanin (F) an Position 508 des CFTR-Proteins → Fehlfaltung des CFTR-Proteins → Verminderte Anzahl an Kanälen, deren Funktion zudem beeinträchtigt ist
- Therapieansatz: CFTR-Modulatoren
- Ivacaftor/Lumacaftor
- Ivacaftor/Tezacaftor
- Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor
- Mutation ΔF508 (DeltaF508) : Häufigste Mutation in Deutschland und bei Menschen mit nordeuropäischer Abstammung [9] (ca. 70% der CF-Allele, ΔF508-Homozygotie bei ca. 50% der CF-Betroffenen ) [5]
Mutationsklasse III (ca. 4% aller CF-Patienten)
- Mechanismus: Regulations- und Aktivierbarkeitsstörung → Gestörtes Öffnen des Kanals („gating defect”)
- Mutationen (Auswahl): G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N, S549R
- Therapieansatz: CFTR-Modulatoren
Mutationsklasse IV (ca. 4% aller CF-Patienten)
- Mechanismus: Verminderte Leitfähigkeit („conductance defect”) → Reduzierter Chlorid-Ionen-Fluss
- Mutationen (Auswahl): R117H, R334W, D1152H, D579G, R117C, P67L
- Therapieansatz: CFTR-Modulatoren
Mutationsklasse V
- Mechanismus: Reduzierte Synthese („splicing defect”) → Reduzierte Anzahl funktionierender Kanäle
- Mutationen (Auswahl): 2789→5GA, 3849+10kbC→T, 3272-26A→G, 711+3A→G, A455E
- Therapieansatz: CFTR-Modulatoren
- Ivacaftor/Tezacaftor
Mutationsklasse VI
- Mechanismus: Instabilität des Proteins („accelerated turnover”) → Reduzierte Halbwertszeit der Kanäle in der Zellmembran
- Mutation (Auswahl): 4326deITC, 4279insA
- Therapieansatz: Bisher keine erfolgreichen Ansätze
Die Mutationsklassen I und II werden auch als „Minimalfunktionsmutationen“ bezeichnet, da sie eine sehr minimale CFTR-Funktion zur Folge haben, während man die Mutationsklassen IV, V und VI auch „Restfunktionsmutationen“ nennt, da hier immerhin noch eine gewisse CFTR-Funktion vorliegt! [11]
Etwa jeder 25. Mensch in Deutschland ist Träger eines defekten CFTR-Gens!
Siehe auch: Kausale CF-Therapie mit CFTR-Modulatoren
Pathophysiologie
- Pathophysiologie bei Fehlfunktion der CFTR-Ionenkanäle
- Mutation des CFTR-Gens → Gestörte Funktion oder Fehlen des membranständigen cAMP-abhängigen Chloridkanals CFTR → Gestörter Transport der Chloridionen von intra- nach extrazellulär → Viskositätssteigerung des Sekrets exkretorischer Zellen → Schleimadhäsion → Chronische Entzündungen → Organschädigung
- CFTR-Funktion ist abhängig von [8]
- Leitfähigkeit (Conductance) der Kanäle
- Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) der Kanäle
- Anzahl der Kanäle auf der Zelloberfläche
- Zusätzlich Interaktion des CFTR mit anderen Ionenkanälen, insb. membranständigen Natriumkanälen (ENaC) → Verstärkte Natriumabsorption [2][9]
- Organspezifisch [9][12]
- Im bronchopulmonalen System: Erhöhte Viskosität und veränderte Elektrolytzusammensetzung des Schleims → Reduzierte mukoziliäre Clearance → Schleimadhäsion → Chronische Infektion → Chronische Entzündung → Freisetzung von Proteasen und Oxidanzien → Organschädigung
- Im Schweiß zeigt sich dagegen ein erhöhter NaCl-Gehalt (siehe: Schweißtest)
Symptome/Klinik
Symptome nach Organsystem [4]
Respirationstrakt
- Progrediente Leistungsschwäche
- Chronischer produktiver Husten
- Rezidivierende obstruktive Bronchitiden mit exspiratorischem Giemen und Brummen sowie ggf. feuchten Rasselgeräuschen
-
Rezidivierende Infekte mit charakteristischen Erregern
- Initial Haemophilus influenzae und Staphylococcus aureus, später gramnegative Problemkeime wie Pseudomonas aeruginosa oder Burkholderia cepacia
- Viren
- Pilze, insb. ABPA (allergische bronchopulmonale Aspergillose; ca. 10% der CF-Patienten)
- Chronische bronchopulmonale Entzündung
- Hämoptysen
- Bronchiektasen
- Lungenemphysem
- Pneumothorax
- Respiratorische Insuffizienz → Thoraxdeformitäten, Kyphoskoliose, Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger
- Chronische Sinusitis und Polyposis nasi
Pankreas und Gastrointestinaltrakt
- Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Postnatal: Verzögerter Mekoniumabgang oder Ausbleiben des Mekoniumabgangs (Mekoniumileus, siehe: Komplikationen)
- Aufgetriebenes Abdomen
- Maldigestion mit dadurch bedingten massiven, übelriechenden Fettstühlen und Gedeihstörungen
- Eventuell Rektumprolaps
- Pankreatitis
- Pankreopriver Diabetes mellitus
- Gastroösophagealer Reflux, Magenentleerungsstörung
- Distales intestinales Obstruktionssyndrom
Gallengang und Leber
- Verlängerter Neugeborenenikterus
- Cholestase, Cholezystolithiasis
- Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
- Leberverfettung (sonografisch erhöhte Echogenität) bis hin zur biliären Zirrhose (<10% der Fälle)
Niere und Harnwege
- Harninkontinenz (30–70% aller weiblichen CF-Patienten) [4]
- Nephritis und Niereninsuffizienz
Herz-Kreislauf-System
Schweißdrüsen
- Verminderte Rückresorption von Chlorid-Ionen → Salziger Schweiß , ggf. Salzverlustsyndrom im Säuglingsalter
Keimdrüsen
- Verzögerte Pubertätsentwicklung
- ♂: Sterilität durch obstruktive Azoospermie
- ♀: Verminderte Fertilität
Weitere Symptome
- Osteoporose (>30%)
- Dermatitis (insb. im Kindesalter)
- Depression (25%)
- CF-Arthropathie
Klinik der zystischen Fibrose: Manifestationen nach Alter und Organsystem [2][9]
Kriterien der infektbedingten pulmonalen Exazerbation [13]
Akute Verschlechterung von mind. 2 der folgenden Symptome (mit Notwendigkeit einer zusätzlichen Antibiotikatherapie)
- Sputummenge oder -farbe
- Husten
- Atemnot
- Lungenfunktionsstörung um >10% und/oder radiologische Veränderungen
- Gewichtsverlust
- Schwäche und Krankheitsgefühl
Diagnostik
Diagnosekriterien für eine CF (nach S2-Konsensus-Leitlinie: „Diagnose der Mukoviszidose“) [14]
Für die Diagnosestellung muss mindestens einer der folgenden diagnostischen Hinweise und eine nachgewiesene CFTR-Funktionsstörung vorliegen.
- Diagnostische Hinweise
- Positives Neugeborenenscreening
- oder Geschwister mit Diagnose einer CF
- oder mindestens ein klinischer Hinweis auf eine CF
- Nachweis einer CFTR-Funktionsstörung
- Pathologischer Schweißtest (Chlorid ≥60 mmol/L) in mind. zwei unabhängigen Messungen
- oder Nachweis von zwei CF-verursachenden CFTR-Mutationen (in trans) [15][16]
- oder apparativer Nachweis einer charakteristischen Abnormalität der CFTR-Funktion mittels nasaler Potenzialdifferenzmessung (NPD) oder intestinaler Kurzschlussstrommessung (ICM)
Diagnosekriterien für eine CF-assoziierte Erkrankung (nach S2-Konsensus-Leitlinie: „Diagnose der Mukoviszidose“) [14]
Eine CF-assoziierte Erkrankung wird dann diagnostiziert, wenn mindestens eine der folgenden klinischen Diagnosen isoliert vorliegt und 1–2 CFTR-Mutationen nachgewiesen werden, die Diagnosekriterien für eine CF aber nicht erfüllt sind!
- Klinische Diagnosen
- Obstruktive Azoospermie
- oder chronische Pankreatitis
- oder disseminierte Bronchiektasen
- CFTR-Mutationen
- Zwei CFTR-Mutationen (unabhängig vom Schweißtest)
- oder eine CFTR-Mutation und ein Schweißtest mit Chlorid ≥30–59 mmol/L
Pränatale Diagnostik bei CF
-
Mutationsanalyse aus Chorionzotten oder Fruchtwasser [14]
- Indikation: Elterliche CF (gezielte Untersuchung bei direkten Nachkommen)
- Maternale Zellkontamination ausschließen (durch polymorphe Marker)
- Entsprechend der Herkunft wird auf bestimmte Mutationen getestet
- Siehe auch: Mutationsanalyse bei CF
- Sonografie: Echoreicher Darm
Mutationsnachweise können zu Schwangerschaftsabbrüchen führen, unter der fehlerhaften Annahme, der Fötus sei von einer CF betroffen. Deshalb ist eine differenzierende Untersuchung und eingehende Beratung der Eltern extrem wichtig!
CF-Neugeborenenscreening (IRT-PAP-DNA-Protokoll in Deutschland) [17]
- 1. Stufe: IRT-Bestimmung
- 2. Stufe: PAP-Bestimmung bei auffälligem IRT-Wert
- 3. Stufe: DNA-Mutationsanalyse bei auffälligem PAP-Wert
- Siehe auch: CF-Neugeborenenscreening
Ausschluss- bzw. Konfirmationsdiagnostik bei CF
Pilocarpin-Iontophorese (Schweißtest) [17][18]
- Indikation: Diagnosesicherung der CF
- Prinzip: Messung der Chlorid-Ionen-Konzentration im Schweiß nach Stimulation der Schweißsekretion
- Voraussetzungen
- ≥3. Lebenstag, besser ≥14. Lebenstag
- In den ersten sechs Lebenswochen können sich auch bei gesunden Kindern erhöhte Werte zeigen → Erst Werte >90 mmol/L pathologisch
- Gute Hydratation des Patienten, kein Ödem oder Ekzem der betroffenen Stelle
- Bilaterale Durchführung
- Wiederholung des Tests an einem anderen Tag
- ≥3. Lebenstag, besser ≥14. Lebenstag
- Durchführung (durch CF-Zentren oder CF-Spezialisten)
- Haut reinigen
- An zwei kleinen Hautarealen am Unterarm Pilocarpin auftragen (Gelscheiben oder in Lösung getränkte Tupfer)
- Zwei Elektroden anbringen und schwachen Gleichstrom applizieren (ca. 5 min) [19]
- Elektroden entfernen und Sammelschnecke auf der stimulierten Haut befestigen (Sammelzeit ca. 30 min)
- Schweißmindestmenge: ≥1 g/m2 Sammelfläche pro Minute Sammelzeit
- Mindestmenge für Macroduct-System®: 15 μL
- Mindestmenge für Gibson-Cooke-System: 71 μL bei Filterpapier mit einem Durchmesser von 5,5 cm
- Chloridmessung mittels manueller oder coulometrischer Titration
- Auswertung
- Leitfähigkeit: Nur zu Screeningzwecken zu verwenden!
- Chlorid-Ionen-Konzentration: Einzig zulässiger Parameter (im Rahmen des Schweißtests) zur Diagnosesicherung
- <30 mmol/L: CF unwahrscheinlich
- 30–59 mmol/L: Grenzbereich → Wiederholung des Schweißtests, ggf. DNA-Mutationsanalyse
- ≥60 mmol/L: CF wahrscheinlich → Wiederholung des Schweißtests
- Bei 2 pathologischen Befunden ≥60 mmol/L: Beweisend für eine CF → DNA-Mutationsanalyse zur Therapieauswahl
- Sensitivität ca. 96%, Spezifität ca. 99%
- Qualitätskontrolle
- Kontrolle der Anzahl unzureichender Schweißstimulationen
- Kontrollproben bei der Chloridbestimmung
- Erfahrung des Personals
Die alleinige Bestimmung von Natrium und/oder der Leitfähigkeit sind obsolet! Zur Diagnosesicherung muss immer die Chlorid-Ionen-Konzentration gemessen werden!
DNA-Mutationsanalyse bei CF [14]
- Indikation: Diagnosesicherung, Therapieplanung und gezielte Untersuchung von Familienmitgliedern
- Schritt 2 nach dem Schweißtest im Rahmen der Konfirmationsdiagnostik (bei Chlorid-Ionen-Konzentration ≥60 mmol/L)
- Bei Verdacht auf eine CFTR-assoziierte Erkrankung parallel zum Schweißtest
- Schritt 3 nach PAP beim Neugeborenenscreening (bei PAP ≥Grenzwert)
- Im Rahmen der Neugeborenendiagnostik bei Nachkommen von CF-Patienten
- Schritt 2 nach dem Schweißtest im Rahmen der Konfirmationsdiagnostik (bei Chlorid-Ionen-Konzentration ≥60 mmol/L)
- Vorgehen
- Aufklärung der Eltern bzw. Patienten
- Anbieten einer humangenetischen Beratung vor der Durchführung; dringend bei auffälligem Befund
- Bei positivem Befund sollte (falls noch nicht geschehen) immer ein Schweißtest durchgeführt werden, auch um Probenverwechslungen auszuschließen
- Mutationsanalyse bei dringendem CF-Verdacht
- Je nach Herkunft des Patienten existieren länderspezifische Empfehlungen zur Analytik (Orientierung am vorherrschenden Mutationsspektrum)
- Deutsche Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, N1303K, G551D, CFTRdele2,3 (21kb), R347P, 1717-1G>A, 3849+10kbC->T
- Nachweis von ca. 90% der CF-Allele möglich
- Ca. 81% Homozygotie für eine CF-auslösende CFTR-Mutation oder Compound-Heterozygotie für zwei verschiedene CF-auslösende CFTR-Mutationen
- Ca. 18% Compound-Heterozygotie für eine der häufigsten CFTR-Mutationen und eine durch diesen Test nicht detektierbare Mutation
- Ca. 1% kein Nachweis einer der häufigsten CFTR-Mutationen
- Nachweis von ca. 90% der CF-Allele möglich
- Schweizer Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, 3905insT, 1717-1G>A, N1303K, W1282X, 2347delG
- Österreichischer Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, R1162X, G551D, CFTRdele2,3 (21kb), 457 TAT>G
- Andere Länder: Häufig Komplettuntersuchung indiziert, da sonst nur ca. 45% der CFTR-Mutationen nachgewiesen werden
- Bei türkischen CF-Patienten liegt bspw. nur in 15%–25% eine F508-Mutation vor (häufig heterogen) vs. 70% bei deutschen CF-Patienten
- Weiterführende Mutationsanalyse (Komplettuntersuchung): Bei Nachweis von nur einer oder keiner CFTR-Mutation
- Sequenzierung der gesamten kodierenden Sequenz inklusive flankierender Intronsequenzen
- Suche nach größeren Deletionen oder Insertionen
- Suche nach bekannten häufigen Intronmutationen wie 3849+10KbC->T
- Detektionsrate ca. 99%, bei CFTR-assoziierten Erkrankungen deutlich niedriger
- Heterozygotentestung als prädiktive Testung bei Verwandten des Patienten
- Bei Nachkommen: Ggf. Testen der homozygoten oder compound-heterozygoten Mutation(en) mittels Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion
- Bei minderjährigen Geschwistern: Immer Schweißtest, ggf. Mutationsanalyse, wenn klinischer Befund auffällig, aber Schweißchloridwert ≤59 mmol/L
- Bei gesunden Eltern oder gesunden erwachsenen Geschwistern eines CF-Patienten: Testen der homozygoten oder compound-heterozygoten Mutation(en) → Nachweis bzw. Ausschluss einer Heterozygotie
- Bei weiter entfernten Verwandten: Ggf. zusätzliches Testen von weiteren häufigen Mutationen → Ausschluss einer familiär erhöhten Heterozygotenwahrscheinlichkeit
- Einige Mutationen kommen häufig bei CF-assoziierten Erkrankungen vor, bedingen aber nur selten eine klassische CF
- Bspw. R117H(7T)-Allel
Bei der Mutationsanalyse muss immer die Herkunft des Patienten berücksichtigt werden!
Potenzialdifferenzmessung (Elektrophysiologie) [14]
- Definition: Messung transepithelialer Potenzialdifferenzen von Nasenschleimhaut (NPD) und Rektumschleimhaut (ICM)
- Indikation: Diagnosesicherung bei Unklarheit nach Durchführung von Schweißtest und Mutationsanalyse (nur in Einzelfällen)
- Durchführung immer in einem Zentrum, nach standardisiertem Protokoll
- Zentrumsunabhängige Referenzwerte existieren bisher nicht
- Aussagekraft
- Grundlagen
- Bei Gesunden
- Natriumtransport: Natrium wird mittels elektrochemischem Gradienten an luminaler Seite der Mukosazelle aufgenommen und an basolateraler Membran mithilfe der Na/K-ATPase gegen Kalium ausgetauscht
- Chloridtransport an der apikalen Membran über
- cAMP-regulierten Chloridkanal (Glykoprotein des CFTR-Gens: Bei CF defekt)
- Calcium-abhängigen Kanal (bei CF normal funktionsfähig; kann Teile der defekten Chloridsekretion kompensieren)
- Bei CF: Transepitheliale Ionentransportstörung, insb. der Chlorid- und Natriumkanäle
- Transepitheliale Potenzialdifferenz = Durch Ionentransportvorgänge messbare (in Bezug auf die Submukosa lumennegative) Spannung, gemessen in Millivolt (mV)
- Bei Gesunden
- Durchführung der nasalen Potenzialdifferenzmessung
- In-vivo-Potenzialdifferenz: 2 Messungen zwischen Katheter im unteren Nasengang und kutaner Referenzelektrode
- 1. Messung in Ruhe:Werte von CF-Patienten stärker negativ als die von Gesunden
- 2. Messung nach Einbringen von Natriumkanalblockern (z.B. Amilorid) in den unteren Nasengang
- Bei Gesunden: Stimulation der Chloridsekretion über die cAMP-gesteuerte Signalübermittlung → Zunahme der lumennegativen Potenzialdifferenz
- Bei CF-Patienten: Ausbleiben dieser Reaktion
- Nicht anzuwenden bei jungen Kindern oder Vorliegen von Nasenpolypen oder Rhinitis
- In-vivo-Potenzialdifferenz: 2 Messungen zwischen Katheter im unteren Nasengang und kutaner Referenzelektrode
- Durchführung der rektalen Potenzialdifferenzmessung
- Ergänzender Wert zur CFTR-Funktionsmessung
- Rektoskopische Entnahme von oberflächlichen, 2–3 mm großen Rektumschleimhautbiopsien aus intakter Mucosa
- Ex-vivo-Potenzialdifferenz: Messung an Rektumbiopsaten in einer modifizierten Ussing-Kammer nach pharmakologischer Stimulation der CFTR-Chloridkanäle
- Messung der transepithelianen Potenzialdifferenz
- Messung des transepithelianen Widerstands
- Probenentnahme in allen Altersgruppen schmerzfrei, ggf. unter Sedierung möglich
- Sehr geringes Risiko, ggf. reversible oberflächliche Schleimhautblutung
Weitere diagnostische Verfahren
Körperliche Untersuchung und Anamnese
- Siehe: Klinik der Mukoviszidose
Mikrobiologische Sputumuntersuchung [13]
- Indikation: Frühzeitiges Erfassen von bakterieller Besiedlung und Pseudomonas-Erstinfektion
- Immer bei Diagnosestellung der CF
- Routineuntersuchungen
- Alle 2–4 Wochen bei Kleinkindern
- Mind. 6× pro Jahr bei Erwachsenen
- Bei Exazerbationen
- Siehe: Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
Labordiagnostik
- Indikation: Beurteilung der Krankheits- bzw. Entzündungsaktivität und des Substitutionsbedarfs
- (Differenzial‑)Blutbild, CRP, AST, ALT
- Ggf. hämolytische Anämie
- Niedrige Serumspiegel für fettlösliche Vitamine E, D, K, A . , Zink und Selen, ggf. AP
- Hyponatriämie und hypochlorämische Alkalose
- Hypoproteinämie und Hypalbuminämie
Stuhldiagnostik [20]
- Indikation: Erfassen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz
-
Verminderter Pankreaselastasegehalt im Stuhl [17]
- ELISA: Pankreaselastase <200 μg/dL → Exokrine Pankreasinsuffizienz (Normalwert >200 μg/dL)
- Ursachen für falsch-positive Ergebnisse: Flüssiger Stuhl, Obstipation, Mekonium
- Untersuchungsintervall
- Immer bei Diagnosestellung
- Wiederholung im Alter von 1 Jahr
- Stuhlfettanalyse [21]
- Durchführung
- Stuhlsammlung über 3–5 Tage, Analyse im Labor
- Fettresorptionskoeffizient = (Fettaufnahme in g – Fettausscheidung in g) ÷ Fettaufnahme in g × 100
- Auswertung: >7 g Fett pro Tag jenseits des Säuglingsalters → Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Durchführung
Oraler Glucosetoleranztest (oGTT) [21]
- Indikation: Frühes Erkennen einer diabetischen Stoffwechsellage
- Routineuntersuchung jährlich ab dem 10. Lebensjahr
- Bei gestörter Glucosetoleranz: Halbjährlich
- Nicht geeignet als Screening-Methode sind die Bestimmung des HbA1c oder die Glucosebestimmung im Urin!
Sonografie
- Indikation: Beurteilung abdomineller Auffälligkeiten
- Immer bei Diagnosestellung der CF
- Routineuntersuchung jährlich
- Mögliche Befunde
- Hepatomegalie und erhöhte Echogenität
- Echoreiches Pankreas
- Echoreiche verdickte Darmwand
Thorakale Bildgebung
- Indikation: Pulmonale Exazerbation sowie V.a. Pneumonie, Erguss oder Pneumothorax
- Ggf. Routineaufnahmen, Zeitintervall nicht genau festgelegt
-
Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahme
- Bei Erstbesiedelung bzw. Erstinfektion
- High-Resolution-CT (HRCT) oder MRT
- Frühes, sensitiveres Erfassen möglicher struktureller pulmonaler Veränderungen
- Abzuwägen sind altersabhängige Faktoren wie eine Sedierung zur Durchführung und die Strahlenbelastung gegenüber der therapeutischen Konsequenz
- „Lung Clearance Index“ (LCI) mit Gasauswaschmethode
- Zeit- und kostenintensiv (nur in wenigen Mukoviszidosezentren verfügbar)
- Frühe Hinweise auf eine Belüftungsstörung einzelner Lungenareale
Bei Kindern mit positivem IRT und grenzwertigen Befunden im Schweißtest ohne Mutationsnachweis oder Auffälligkeiten des PAP sollten regelmäßige Kontrollen erfolgen, da eine phänotypische CF auch nach asymptomatischer Kleinkindzeit auftreten kann! Hier liegt meist eine Mutation mit Restaktivität des CFTR vor! [9]
Indikationen für Konfirmations- bzw. Ausschlussdiagnostik bei CF
Positives Neugeborenenscreening [2]
- Siehe auch: CF-Sekundärprävention
Alle Geschwister eines CF-Patienten [2]
- 25% Risiko aufgrund der autosomal-rezessiven Vererbung
- Auch asymptomatische Geschwister sollten untersucht werden!
Typische klinische CF-Symptome [2]
- Im Neugeborenenalter
- Mekoniumileus
- Darmatresie
- Volvulus
- Verlängerter Neugeborenenikterus
- Im Kindesalter
- Hypochlorämische Alkalose ohne Erbrechen (Salzverlustsyndrom)
- Beidseitige chronische Rhinosinusitis mit/ohne Nasenpolypen
- In jedem Alter
- Husten, Auswurf oder pfeifende Atemgeräusche >3 Monate
- Persistierende Auffälligkeiten im Röntgen-Thorax
- Persistierender Bakteriennachweis im Sputum
- Trommelschlägelfinger
- Fokale biliäre oder multilobuläre Leberzirrhose
- Obstruktive Azoospermie
Kontrolluntersuchungen bei CF
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen mit eingehender Beratung sind wesentlich für einen günstigen Krankheitsverlauf bei Patienten mit zystischer Fibrose. Dabei kommt ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Physiotherapeuten, Ernährungsberatern, Sozialpädagogen, Psychotherapeuten und spezialisierten Pflegekräften zum Einsatz. Die Eltern und Patienten sollten dabei möglichst genau über die Erkrankung, Pathophysiologie, Organbeteiligungen, Komplikationen, Therapiemöglichkeiten, Genetik, Hygiene und Prognose aufgeklärt werden, da dies zu einem besseren Verständnis und einer höheren Compliance beiträgt. [2]
- Mindestens alle 3 Monate
- Körperliche Untersuchung und Anamnese
- Erheben von Länge und Gewicht (im Kindesalter mit Perzentilenkurven)
- Lungenfunktionsuntersuchung, am besten mittels Bodyplethysmografie – sobald altersbedingt möglich, i.d.R. ab 3 Jahren
- „Lung Clearance Index“ (LCI) mit Gasauswaschmethode, möglich ab dem Säuglingsalter
- Mikrobiologische Untersuchung, am besten Sputum, alternativ Rachenabstrich
- Mindestens jährlich
- Oraler Glucosetoleranztest (oGTT), ab dem 10. Lebensjahr
- Abdomensonografie
- Labordiagnostik: CRP, GOT, GPT, fettlösliche Vitamine (A, E, D, K), Zink, Selen, Pseudomonas-aeruginosa-Antikörper-Titer mittels ELISA
- Regelmäßig: Röntgen-, MRT- oder CT-Thorax
Infektiologische Diagnostik
CF: Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
- Indikation: Frühzeitiges Erfassen von bakterieller Besiedlung und Pseudomonas-Erstinfektion
- Immer bei Diagnosestellung einer CF
- Routineuntersuchungen
- Alle 2–4 Wochen bei Kleinkindern
- Mind. 6× pro Jahr bei Erwachsenen
- Bei Exazerbationen
- Durchführung: Wenn möglich immer in Spezialzentren und morgens
- Ggf. Probenentnahme zuhause und Transport zum Labor
Tiefe respiratorische Proben
- Spontanes bzw. induziertes Sputum
- Inhalation eines β2-Mimetikums zur Bronchodilatation (bspw. Salbutamol als Dosieraerosol oder Feuchtinhalat)
- Anschließend Inhalation mit 3 mL einer 3–7%igen NaCl-Lösung (hypertone Kochsalzlösung)
- Expektoration in ein steriles Probengefäß
- Tiefer Rachenabstrich (sog. Hustenabstrich)
- Bronchoalveoläre Lavage (BAL)
- Probenentnahme aus Atemwegssekreten im Rahmen einer Bronchoskopie
- Transfer in ein steriles Probengefäß
Oberflächliche respiratorische Proben
- Tiefer Nasenabstrich
- Nasale Lavage
Pseudomonas-aeruginosa-Diagnostik (PA-Diagnostik)
Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
- Bei allen CF-Patienten [13]
- Routinemäßig mind. 6× pro Jahr sowie bei Exazerbation
- Bei Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis: Resistenztestung von
- Piperacillin, Ceftazidim, Meropenem, Tobramycin, Ciprofloxacin, Colistin
- Alternativ : Piperacillin-Tazobactam, Cefepim, Gentamicin, Amikacin, Aztreonam, Fosfomycin, Doripenem
- Bei chronischer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa [22]
- Routinemäßig mind. 4× pro Jahr sowie bei Exazerbation mit Resistenzbestimmung im Hinblick auf 3- und 4-MRGN-Pseudomonas-aeruginosa
-
Resistenztestung konventionell mittels Agardiffusion oder E-Test
- Piperacillin, Ceftazidim, Cefepim, Imipenem, Meropenem, Tobramycin, Ciprofloxacin, Colistin
- Alternativ : Piperacillin-Tazobactam, Gentamicin, Amikacin, Aztreonam, Fosfomycin, Levofloxacin
Pseudomonas-aeruginosa-Antikörpertiter mittels ELISA im Serum
- Indikation
- Bei allen CF-Patienten: 1× pro Jahr; bei erfolgreicher Eradikationstherapie nach drei Monaten und dann wieder jährlich [13]
- Bei chronischer Infektion: Bei Erstnachweis und ein Jahr nach Eradikationstherapie, anschließend nicht mehr [22]
- Bewertung: Titer >1/500 (positiv) → Hinweis auf Kolonisation oder Infektion mit Pseudomonas aeruginosa
Diagnose einer Pseudomonas-aeruginosa-Erstbesiedelung mittels PCR
- Indikation: Nur bei nicht-expektorierenden Säuglingen und Kleinkindern
Weiterführende Diagnostik
- Immer
Bewertung eines Pseudomonas-aeruginosa-Nachweises
- Pseudomonas-aeruginosa-Erstnachweis: Erstmaliger Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Atemwegssekreten
- Intermittierende Infektion: Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in <50% der Proben aus Atemwegssekreten (mind. 6 pro Jahr) in den letzten 12 Monaten
- Chronische Infektion: Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in ≥50% der Proben aus Atemwegssekreten (mind. 6 pro Jahr) innerhalb der letzten 12 Monate
- Pseudomonas-aeruginosa-negativer Patient bzw. erfolgreiche Eradikation: Kein Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in 6 konsekutiven Proben aus Atemwegssekreten über 12 Monate und negativer Pseudomonas-aeruginosa-Antikörpertiter
Differenzialdiagnosen
Je nach Symptom kommen verschiedene Differenzialdiagnosen infrage:
- Mekoniumileus: M. Hirschsprung
- Pulmonale Symptomatik: Rezidivierende obstruktive Bronchitis/Asthma
- Chronische Sinusitis: Allergische Rhinitis/Sinusitis, Ziliendyskinesie
- Gedeihstörung: Maldigestion anderer Ursache
- Infektanfälligkeit: Immundefizienzsyndrom
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Therapieziele
- Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwartung
- Insb. Stabilisierung von Lungenfunktion und Körpergewicht
Symptomatische Basistherapie bei CF
Empfohlene Therapiereihenfolge [22]
- Kurzwirksame Bronchodilatatoren
- Sekretmobilisierung
- Physiotherapie
- Langwirksame Bronchodilatatoren (ggf. in Kombination mit Steroiden)
- Ggf. inhalative Antibiotika
Bei pulmonaler Manifestation
- Sekretolyse
- Kurzwirksame β-Sympathomimetika, insb. Salbutamol (jedes Alter)
- Für weitere Dosierungen siehe auch: Salbutamol inhalativ
- Bei Unverträglichkeit von β-Sympathomimetika: Anticholinergika, insb. Ipratropiumbromid
- Mannitol inhalativ
- Zugelassen ab 18 J. [2]
- Mannitol-Initialdosistest: Immer vor Behandlungsbeginn, um eine Hyperreaktivität gegen Mannitol auszuschließen
- Vorbereitung
- 5–15 min vor Initialdosis: FEV1- und SpO2-Messung
- 1 min später: Inhalation mit bronchodilatierendem Medikament (z.B. 1 Hub Salbutamol)
- Durchführung des Mannitol-Initialdosistests
- 1. Erneute Messung der FEV1- und SpO2-Ausgangswerte
- 2. Inhalation von 40 mg Mannitol (1 Kapsel zu 40 mg) unter SpO2-Überwachung
- 3. Inhalation von 80 mg Mannitol (2 Kapseln zu je 40 mg) unter SpO2-Überwachung
- 4. Inhalation von 120 mg Mannitol (3 Kapseln zu je 40 mg) unter SpO2-Überwachung, Messung von FEV1
- 5. Inhalation von 160 mg Mannitol (4 Kapseln zu je 40 mg) unter SpO2-Überwachung, Messung von FEV1
- 6. Erneute Messung von FEV1 15 min nach Testende
- Vorbereitung
- Dornase alpha inhalativ
- Zugelassen ab 5 J. für CF-Patienten, deren forcierte Vitalkapazität (FVC) >40% beträgt [2]
- Kinder und Erwachsene <21 J.
- Erwachsene ≥21 J.
- Zugelassen ab 5 J. für CF-Patienten, deren forcierte Vitalkapazität (FVC) >40% beträgt [2]
-
Hypertone (3–7%ige) Kochsalzlösung inhalativ (z.B. MucoClear®)
- NaCl 3%: Zugelassen ab Geburt
- NaCl 6%: Zugelassen und erstattungsfähig ab dem 6. Lebensjahr [2]
- Zu beachten
- Insb. bei kleinen Säuglingen kann es zu einer übermäßigen Reaktion mit konsekutiver Verengung der Bronchien kommen, dann ist die Behandlung unverzüglich abzubrechen
- Nach der Inhalation sollte, wenn möglich, eine aufrechte Haltung eingenommen werden, um das Abhusten des Schleims zu erleichtern
- Aus hygienischen Gründen sollten vorzugsweise kleine Ampullen à 5–10 mL verschrieben werden
- β-Sympathomimetika, insb. Salmeterol und Formoterol in Kombination mit Glucocorticoiden (zugelassen ab 4 J., Off-Label Use auch bei Kleinkindern möglich )
- Kinder <4 J.
- Kinder 4–16 J.
- Kinder >16 J. und Erwachsene
- Nicht empfohlen werden Acetylcystein, Carbocystein, Ambroxol oder Glutathion
- Kurzwirksame β-Sympathomimetika, insb. Salbutamol (jedes Alter)
- Physiotherapie : Sporttherapie, Klopfmassage, Atemtherapie (insb. autogene Drainage )
- Antibiotische Therapie
- Nur bei Hinweisen auf eine bakterielle Besiedelung/Infektion
- Beim ersten Nachweis von Pseudomonas aeruginosa hat eine Eradikation höchste Priorität [9]
- Siehe auch: Therapie von Atemwegsinfektionen bei CF
- Bei progredienter respiratorischer Insuffizienz
- O2-Langzeittherapie
- Ultima Ratio: Lungentransplantation
Bei oberen Atemwegssymptomen
- Zur Entfernung von Sekret und Krusten: Nasendusche
- Bei Obstruktion oder Polyposis nasi: Cortison-Nasenspray, bspw. Mometason
- Kinder 3–12 J.
- Kinder >12 J. und Erwachsene
Bei exokriner Pankreasinsuffizienz
- Ausgewogene hochkalorische Ernährung mit Beachtung der Fettqualität (ausreichende Zufuhr an ungesättigten und Omega-3-Fettsäuren)
-
Magensaftresistente Pankreasenzyme p.o. zu jeder Mahlzeit in individuellen Dosierungen [2]
- Lipase
- Allgemeine Richtdosis
- Dosierung Kinder <4 J.
- Dosierung Kinder ≥4 J.
- Dosierung Jugendliche und Erwachsene
- Lipase
- Substitution von fettlöslichen Vitaminen A, D, K und E, ggf. Calcium, Zink, Selen
- Vitamin A
- Kinder 0–1 J.
- Kinder >1–3 J.
- Kinder 4–6 J.
- Kinder 7–10 J.
- Kinder 11–17 J.
- Erwachsene
- Zu beachten [23]
- Kontraindiziert bei Hypervitaminose A, erhöhtem Hirndruck, Therapie mit Retinsäure oder deren Derivaten sowie bei Überempfindlichkeit gegen Vitamin A, Erdnuss, Soja oder sonstige Bestandteile
- Bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter ohne zuverlässigen Konzeptionsschutz und Möglichkeit einer Schwangerschaft: Maximaldosis nicht überschreiten (max. Einzeldosis 3.000 IE Vitamin A bzw. 0,9 mg Retinol-Äquivalente, max. Tagesdosis 8.000 IE Vitamin A bzw. 2,4 mg Retinol-Äquivalente)
- Vitamin D (jedes Alter)
- Vitamin E (zugelassen ab Geburt für reife Neugeborene; keine Zulassung für Frühgeborene)
- Kinder ab 3 kgKG
- Kinder ab 4 kgKG
- Kinder ab 5 kgKG
- Kinder ab 6 kgKG
- Kinder ab 7 kgKG
- Kinder ab 8 kgKG
- Kinder ab 9 kgKG
- Kinder ab 10 kgKG
- Kinder ab 15 kgKG
- Erwachsene
- Vitamin K
- Kinder <1 J. Nur bei Bedarf
- Kinder 1–8 J.: Nur bei Bedarf!
- Kinder >8 J.: Nur bei Bedarf!
- Vitamin A
Bei endokriner Pankreasinsuffizienz (Diabetes mellitus)
- Insulintherapie nach Schema [4] (siehe: Diabetes mellitus)
Bei Leberbeteiligung
-
Ursodeoxycholsäure p.o.
- Kinder 1 Mon.–18 J.
- Kinder 20–29 kgKG
- Personen 30–39 kgKG
- Personen 40–49 kgKG
- Erwachsene 50–59 kgKG
- Erwachsene 60–69 kgKG
- Erwachsene 70–79 kgKG
- Erwachsene 80–89 kgKG
- Erwachsene 90–99 kgKG
- Erwachsene 100–109 kgKG
- Erwachsene >110 kgKG
- Nicht anzuwenden bei akuter Cholezystitis, Choledochus- oder Zystikusverschluss, Gallenkoliken, röntgendichten und kalzifizierten Gallensteinen sowie Überempfindlichkeit gegenüber Gallensäuren oder sonstigen Bestandteilen
- Reduzieren bzw. Abbruch der Behandlung bei Dekompensation der Leberzirrhose, zunehmendem Juckreiz oder starken Diarrhöen
- Laborkontrolle von GOT, GPT und γGT alle 4 Wochen in den ersten 3 Monaten, anschließend alle 3 Monate
Bei Osteoporose
- Bisphosphonate p.o. (zugelassen ab 18 J.)
Immer zusätzlich bei Frauen
- Regelmäßiges Beckenbodentraining zur Vermeidung einer Harninkontinenz
- Interdisziplinäre Beratung und Begleitung im Hinblick auf Familienplanung
- Vorbereitende und unterstützende Maßnahmen für geplante Schwangerschaften
- Vermeidung ungeplanter Schwangerschaften
Interdisziplinäre Betreuung
- Sozialpädagogische Anbindung
- Psychotherapeutische Betreuung von Betroffenen und Bezugspersonen
- Bei terminaler Erkrankung: Anbindung an ein Palliativteam [4]
Ein stabiles Körpergewicht ist insb. deshalb wichtig, weil untergewichtige Patienten eine schlechtere Prognose haben als normalgewichtige!
Therapie von Atemwegsinfektionen bei CF (nach S3-Leitlinie: „Lungenerkrankung bei Mukoviszidose") [13]
- Erreger: Insb. Pseudomonas aeruginosa und/oder Burkholderia cepacia
- Im Kindesalter auch Staphylococcus aureus und Haemophilus influenzae
- Kalkulierte antibiotische Therapie
- Tobramycin inhalativ [9] (zugelassen ab 6 Monaten)
- oder Colistin inhalativ + Ciprofloxacin p.o.
- Colistin inhalativ
- plus Ciprofloxacin p.o. (zugelassen für jedes Alter)
- Die erste Inhalation mit Antibiotika sollte aufgrund des Bronchokonstriktionsrisikos in einer Klinik oder Praxis erfolgen; zudem wird eine Lungenfunktionsprüfung vor und nach der Inhalation empfohlen
- Bei Säuglingen und Kleinkindern <3 J. wird für die Inhalationstherapie eine Maske verwendet.
- Zur Verbesserung der pulmonalen Deposition sollte so früh wie möglich auf ein Mundstück umgestellt werden
- Bei Therapieversagen oder Exazerbation: Intravenöse Pseudomonas-wirksame Antibiotikakombination
- I.d.R. Aminoglykosid + Acylaminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Aminoglykosid + Cephalosporin der 3. Generation (Gruppe 3b)
- Aminoglykosid, bspw. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- oder Tobramycin i.v. plus Ceftazidim i.v.
- oder Tobramycin i.v. plus Meropenem i.v.
- I.d.R. Aminoglykosid + Acylaminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Aminoglykosid + Cephalosporin der 3. Generation (Gruppe 3b)
Kausale Therapieansätze bei CF
Kausale CF-Therapie mit CFTR-Modulatoren
CFTR-Modulatoren beeinflussen im Gegensatz zur symptomatischen Basistherapie die Funktionsstörung direkt, sodass sie bereits nach einer kurzen Anwendungsdauer zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik führen. Die CFTR-Modulatoren beheben jedoch nicht den genetischen Defekt, sodass bei Absetzen der Therapie die Symptome wieder zunehmen, was eine lebenslange Einnahme notwendig macht. Während CFTR-Korrektoren den richtigen „Zusammenbau“ der Ionenkanäle in der Zelle fördern, aktivieren CFTR-Potenziatoren die Kanäle, verbessern die Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) und sorgen dadurch für eine Verstärkung des Chlorid-Ionenflusses durch die Kanäle.
CFTR-Potenziatoren
- Wirkweise: Verbesserung der Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) → Verstärkung des Chlorid-Ionenflusses durch die Kanäle
- Ivacaftor (Kalydeco®) [24]
- Zulassung : Ab 4 Monaten und min. 5 kg Körpergewicht für bestimmte Gating-Mutationen (Klasse III): G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N und S549R sowie R117H-Mutation (Mutationsklasse IV)
- Erstzulassung
- Seit 2012 Zulassung für Mutation G551D
- Seit 2014 erweiterte Zulassung für 8 weitere Mutationen der Klasse III: G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N, S549R
- Seit 2015 erweiterte Zulassung für R117H-Mutation (Mutationsklasse IV)
- Im Verlauf wurde die Zulassung schrittweise auf immer jüngere Personen erweitert
- Darreichungsform: Filmtabletten , Granulat
- Dosierung
- Kinder ≥5 bis <7 kgKG
- Kinder ≥7 bis <14 kgKG
- Personen 14 bis <25 kgKG
- Personen ≥25 kgKG
- Zu beachten
- Nicht zu verwenden bei Unverträglichkeit einer der Inhaltsstoffe
- Schwangerschaft: Anwendung nicht empfohlen
- Stillzeit: Strenge Nutzen-Risiko-Abwägung
- Dosisanpassung
- Bei schwerer und mäßiger Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse C und B) Dosisanpassung notwendig
- Bei leichter Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse A) keine Dosisanpassung erforderlich
- Mit Vorsicht zu verwenden bei Kreatinin-Clearance <30 mL/min
- Bei leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung erforderlich
- Bei gleichzeitiger Therapie mit CYP3A-Inhibitoren Dosisanpassung notwendig
- Bei schwerer und mäßiger Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse C und B) Dosisanpassung notwendig
- Versäumte Dosis
- Bei ≤6 Std. seit versäumter Morgen-/Abenddosis: Dosis sofort nachholen und nächste Dosis regulär einnehmen
- Bei >6 Std. seit versäumter Morgen-/Abenddosis: Dosis nicht nachholen, sondern bis zur nächsten planmäßigen Dosis warten
- Ivacaftor bedingt CYP3A-Induktion: Zahlreiche Wechselwirkungen
- Verkehrstüchtigkeit ggf. beeinträchtigt durch Schwindel
- Nebenwirkungen
- Schwerwiegende: Bauchschmerzen und Transaminasenanstieg
- Weitere: Kopfschmerzen, Schmerzen im Mund-Rachen-Raum, Infektion der oberen Atemwege, verlegte Nasenatmung, Pharyngitis, Diarrhö, Schwindel, Ohrenschmerzen, Tinnitus, Hautausschlag, Bakterien im Sputum, benigne Brusttumoren, Hypoglykämie
- Bei Kindern: Möglicherweise nicht-kongenitale Linsentrübung ohne Beeinträchtigung des Sehvermögens
- Kontrolluntersuchungen
CFTR-Korrektoren
- Wirkweise: Einfluss auf die Faltung und Reifung des CFTR-Proteins → Verminderte intrazelluläre Proteolyse und verlängerte Verweilzeit in der Membran
- Kombinationstherapie: CFTR-Korrektoren sind nur in Kombination mit dem CFTR-Potenziator Ivacaftor zugelassen
- Lumacaftor/Ivacaftor (Orkambi®) [25]
- Zulassung : Ab 2 Jahre für homozygote ΔF508-CFTR-Mutation
- Darreichungsform: Filmtabletten , Granulat
- Dosierung
- Kinder 2–5 J. <14 kgKG
- Kinder 2–5 J. ≥14 kgKG
- Kinder 6–11 J.
- Personen ab 12 J.
- Anwendungshinweise siehe: Ivacaftor
- Anders als bei Ivacaftor sind hormonelle Kontrazeptiva evtl. nicht wirksam
- Zu beachten siehe: Ivacaftor
- Nebenwirkungen siehe: Ivacaftor
- Kontrolluntersuchungen siehe: Ivacaftor
- Anders als bei Ivacaftor: Regelmäßige Blutdruckkontrollen
- Tezacaftor/Ivacaftor (Symkevi®) [26]
- Zulassung : Ab 6 Jahre für
- Homozygote ΔF508-CFTR-Mutation
- Oder eine ΔF508-CFTR- plus eine Restfunktionsmutation: P67L, R117C, L206W, R352Q, A455E, D579G, 711+3A→G, S945L, S977F, R1070W, D1152H, 2789+5G→A, 3272-26A→G und 3849+10kbC→T
- Darreichungsform: Filmtabletten
- Dosierung
- Kinder 6 bis <12 J. <30 kgKG
- Kinder 6 bis <12 J. ≥30 kgKG
- Personen ≥12 J.
- Zu beachten siehe: Ivacaftor
- Nebenwirkungen siehe: Ivacaftor
- Kontrolluntersuchungen siehe: Ivacaftor
- Zulassung : Ab 6 Jahre für
- Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor (Kaftrio®) [27][28][29]
- Zulassung : Personen ab 6 J.
- Darreichungsform: Filmtabletten
- Dosierung
- Kinder 6 bis <12 J. <30 kgKG
- Kinder 6 bis <12 J. ≥30 kgKG
- Personen ≥12 J.
- Zu beachten siehe: Ivacaftor
- Anders als bei Ivacaftor: Versäumte Dosis von Kaftrio
- Bei ≤6 Std. seit versäumter Morgen-/Abenddosis: Dosis sofort nachholen und nächste Dosis regulär einnehmen
- Bei >6 Std. seit versäumter Morgendosis: Dosis sofort nachholen und Abenddosis nicht einnehmen (nächste Morgendosis wieder regulär einnehmen)
- Bei >6 Std. seit versäumter Abenddosis: Dosis nicht nachholen, sondern nächste Morgendosis planmäßig einnehmen
- Anders als bei Ivacaftor: Versäumte Dosis von Kaftrio
- Nebenwirkungen siehe: Ivacaftor
- Kontrolluntersuchungen siehe: Ivacaftor
CFTR-Korrektoren sind nur in Kombination mit dem CFTR-Potenziator Ivacaftor zugelassen!
CFTR-Amplifier (derzeit in Erprobung) [30]
- Wirkweise: Verbesserung der CFTR-Proteintranslation → Mehr unreifes Protein intrazellulär
Mutationsagnostische CF-Therapie (in Erprobung) [31]
- Definition: Mutationsunabhängige Therapieansätze, die allen CF-Patienten zur Verfügung stehen könnten
- Mögliche Therapieansätze
- Gentherapie
- CRISPR/Cas9
- Bypass-Therapie
- Aktivierung alternativer Chloridkanäle
- Epitheliale Natriumkanal-(ENaC‑)Blocker: Steigerung der Atemwegshydrierung → Verbesserung der mukoziliären Clearance [32]
Vorgehen bei Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis bzw. -Infektion
Prozedere bei Pseudomonas-aeruginosa-Antikörpernachweis im Serum
- Ohne Exazerbation
-
Mikrobiologische Untersuchung aus Sputum bzw. tiefem Rachenabstrich, wenn nötig bronchoalveoläre Lavage (BAL) oder Nasenspülung
- Bei negativem mikrobiologischem Befund: Wiederholung der Antikörpertestung nach 3 Monaten
- Bei mikrobiologischem Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis: Antibiotikatherapie (Siehe: Prozedere bei Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis in respiratorischen Proben)
-
Mikrobiologische Untersuchung aus Sputum bzw. tiefem Rachenabstrich, wenn nötig bronchoalveoläre Lavage (BAL) oder Nasenspülung
- Mit klinischer Exazerbation: Immer Antibiotikatherapie! (Siehe: Prozedere bei Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis in respiratorischen Proben)
Prozedere bei Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis in respiratorischen Proben [13]
- Immer Antibiotikatherapie!
- Ohne klinische Exazerbation
- Colistin inhalativ plus Ciprofloxacin p.o. über 3 Wochen
- oder Tobramycin inhalativ über 4 Wochen
- Bei unmöglicher Inhalation: i.v.-Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Siehe auch: Therapie von Atemwegsinfektionen bei CF - Intravenöse Pseudomonas-wirksame Antibiotikakombination
- Mit klinischer Exazerbation
- Initial i.v.-Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Siehe auch: Therapie von Atemwegsinfektionen bei CF - Intravenöse Pseudomonas-wirksame Antibiotikakombination
- Anschließend Colistin inhalativ plus Ciprofloxacin p.o. über 3 Wochen
- oder Tobramycin inhalativ über 4 Wochen
- Initial i.v.-Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Nach erfolgter Therapie: Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
- Bei persistierendem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis: Fortsetzen der Therapie mit Colistin inhalativ plus Ciprofloxacin p.o. über 3 Monate
- Bei negativem Befund : Kontrolluntersuchung von Atemwegssekret nach 4 Wochen und Pseudomonas-aeruginosa-Antikörpertiter nach 3 Monaten
- Bei erfolgreicher Eradikation: Regelmäßige Kontrollen von respiratorischen Proben und Pseudomonas-aeruginosa-Antikörpertiter jährlich
- Bei erfolgloser Eradikation: Zweiter Therapieversuch
- i.v.-Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Siehe auch: Therapie von Atemwegsinfektionen bei CF - Intravenöse Pseudomonas-wirksame Antibiotikakombination
- oder Colistin inhalativ hochdosiert plus Ciprofloxacin p.o. hochdosiert über 3 Wochen
- oder Tobramycin inhalativ hochdosiert über 4 Wochen
- i.v.-Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
Nach dem zweiten erfolglosen Versuch einer Antibiotikatherapie spricht man von einer chronischen(!) Pseudomonas-aeruginosa-Infektion!
Vorgehen bei chronischer Pseudomonas-aeruginosa-Atemwegs-Infektion
Symptomatische Basistherapie bei CF und chronischer Pseudomonas-aeruginosa-Infektion [22]
- Generell entspricht die symptomatische supportive Therapie der von CF-Patienten ohne chronische PA-Infektion, ggf. ist eine Intensivierung sinnvoll
- Zusätzlich zu erwägen sind
- Ibuprofen hochdosiert (Spitzenspiegel 50–100 mg/L)
- Azithromycin oral als Dauertherapie (zusätzlich zur inhalativen Suppressionstherapie) [2]
- Nicht empfohlen bei der chronischen PA-Infektion sind inhalative oder systemische Glucocorticoide
Pseudomonas-aeruginosa-Suppressionstherapie bei CF [2]
- Indikation: Chronische Pseudomonas-aeruginosa-Infektion der Atemwege bei CF-Patienten
- Inhalative Antibiotikatherapie
- Aztreonam (zugelassen ab 6 J.)
- Colistin (zugelassen ohne Alterseinschränkung)
- Kinder <2 J.
- Kinder ≥2 J. und Erwachsene
- Tobramycin (zugelassen ab 6 J.)
- Levofloxacin (zugelassen ab 18 J.)
- Zu beachten
- Antibiotika nur in speziell zugelassenen Inhalationsgeräten inhalieren, siehe Leitlinie
- Bei Infektion der unteren Atemwege: Wenn möglich immer Inhalation über Mundstück; bei Infektion auch der oberen Atemwege: Inhalation über Maske
- Bei Säuglingen und Kleinkindern <3 J.: Verwendung einer Maske
- Erste Antibiotikainhalation in einer Klinik oder Praxis empfohlen aufgrund des Risikos einer Bronchoobstruktion, optimalerweise mit Lungenfunktionsprüfung vor und nach der Inhalation
- In der Schwangerschaft: Inhalative Antibiotikatherapie nur im Ausnahmefall
- In der Stillzeit: Nur Aztreonamlysin zugelassen
- Je nach Ausmaß der Lungenerkrankung: Regelmäßige oder symptomorientierte i.v.-antibiotische Therapie
- β-Lactam-Antibiotika, bspw. Ceftazidim i.v. plus Aminoglykoside, bspw. Tobramycin i.v.
- Alternative Kombinationen
- Meropenem plus Tobramycin
- Ceftazidim plus Amikacin
- Meropenem plus Amikacin
- Weitere Dosierungen siehe Leitlinie „Lungenerkrankung bei Mukoviszidose", Modul 2
- Basistherapiemaßnahmen werden zusätzlich zur i.v.-antibiotischen Therapie fortgeführt, lediglich inhalative Antibiotikatherapie und mögliche orale Dauertherapie mit Azithromycin sollten pausiert werden
- Bei klinischer Exazerbation: Zusätzlich orale Pseudomonas-wirksame Antibiotikatherapie
-
Ciprofloxacin
- Kinder und Jugendliche <50 kg
- Erwachsene >50 kg
- Levofloxacin: Nur bei Erwachsenen
- Je nach Zustand des Patienten kann auch eine Kombination aus oraler und i.v.-antibiotischer Therapie erfolgen
-
Ciprofloxacin
Bei jedem CF-Patienten mit chronischer Pseudomonas-aeruginosa-Infektion der unteren Atemwege ist eine inhalative Suppressionstherapie indiziert!
Bei jeder pulmonalen Exazerbation eines CF-Patienten mit bekannter chronischer Pseudomonas-aeruginosa-Infektion erfolgt immer zusätzlich zu einer Suppressionstherapie eine orale Antibiotikatherapie!
Komplikationen
Mekoniumileus
- Definition: Darmverschluss durch Verklebung mit zähem Mekonium
- Ätiologie: Obstruktion durch
- Abnorme Konsistenz des Darminhalts, insb. Mekoniumpfropfsyndrom und exokrine Pankreasinsuffizienz bei Mukoviszidose
- Innervationsstörungen des Darms mit veränderter Peristaltik, insb. Morbus Hirschsprung und neuronale intestinale Dysplasie (NID)
- Stenosen, Atresien oder Lageanomalien des Darms, bspw. Non- und Malrotation , Volvulus und Pankreas anulare
- Klinik
- Ausbleiben des Stuhlgangs beim Neugeborenen
- Geblähtes Abdomen, Erbrechen
- Diagnostik
- Pränatal: Sonografie (ggf. bereits ab der 18. SSW)
- Postnatal: Röntgen-Abdomen im Hängen (mit Kontrastierung des Darms)
- Geblähter Dünndarm, Verengung im Ileum, Mikrokolon
- Neuhauser-Zeichen (sog. „soap-bubbles")
- Aufgrund klebriger Stuhlbeschaffenheit oft keine Spiegel
- Differenzialdiagnosen
- M. Hirschsprung
- Darmatresie
- Small left colon syndrome
- Therapie
- Unkomplizierter Mekoniumileus: Isoosmotische Kontrastmitteleinläufe
- Ggf. Antibiotikatherapie i.v.
- Ggf. Flüssigkeits- und Elektrolytgabe i.v.
-
Bei Perforation oder Volvulus: Chirurgische Intervention mit Entleeren des Mekoniums, Ileostomie und ggf. Darmresektion
- Präoperativ
- Nasogastrische Ablaufsonde
- Flüssigkeits- und Elektrolytgabe i.v.
- An Vitamin K denken!
- Antibiotikatherapie i.v.
- Präoperativ
- Unkomplizierter Mekoniumileus: Isoosmotische Kontrastmitteleinläufe
Distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) [33]
- Definition: Obstruktion im terminalen Ileum und proximalen Kolon durch eingedickten Darminhalt jenseits des Neugeborenenalters
- Ätiologie: Pathophysiologie nicht eindeutig geklärt
- Fettreiche Mahlzeit, ballaststoffarme Kost
- Unzureichende Substitution von Pankreasenzymen
- Fieber, Dehydratation und Erbrechen
- Epidemiologie: Ca. 6% der CF-Patienten
- In 20% chronischer Verlauf (bei nur partieller Obstruktion)
- Klinik: Starke kolikartige rechtsseitige Unterbauchschmerzen und Stuhlverhalt
- Erbrechen
- Geblähtes Abdomen
- Abwehrspannung
- Stuhlwalze im rechten Unterbauch
- Diagnostik
- Sonografie: Verdickte Darmwand und aufgetriebene Darmschlingen im Bereich des rechten Unterbauches
- Röntgen-Abdomen: Verdichtung und Darmlumenerweiterung im rechten Unterbauch
- Differenzialdiagnosen
- Therapie
- Wenn möglich konservativ: Isoosmotisches Polyethylenglycol p.o. und/oder rektal in großen Mengen
- Ultima ratio: Chirurgische Intervention
- Prävention: Behandlung von Obstipation bei CF-Patienten, regelmäßige Anpassung der Pankreasenzymsubstitution
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Prognosebestimmend: Insb. pulmonale Manifestation
- Schlechtere Prognose bei Vorliegen eines Diabetes mellitus
- Durchschnittliche Lebenserwartung: Im Median 53 Jahre [6]
- Betroffene Männer sind meist infertil, betroffene Frauen können Kinder bekommen
CF-Neugeborenenscreening
Dreistufiges CF-Neugeborenenscreening in Deutschland [17]
- Bestimmung des immunreaktiven Trypsins (IRT, kann bis zum 28. Lebenstag erfolgen)
- IRT <99,0. Perzentile → Negatives Screening → Bei unauffälligem Kind keine weitere Diagnostik nötig
- IRT ≥99,0. Perzentile → Messung von Pankreas-assoziiertem Protein (PAP), bei PAP ≥Grenzwert → DNA-Analyse der 31 häufigsten CF-Mutationen in Deutschland, bei Nachweis von 1–2 Mutationen → Positives Screening → Schweißtest
- IRT >99,9. Perzentile → Positives Screening → Keine PAP oder DNA-Analyse, sofort Schweißtest am folgenden Werktag
Konfirmationsdiagnostik
- Bei positivem Screeningergebnis: Immer(!) Schweißtest zum Ausschluss bzw. zur Sicherung der Diagnose
- Am besten direkt am folgenden Werktag in einem CF-Zentrum
- Bei Bestätigung einer CF im Schweißtest: DNA-Mutationsanalyse aller Betroffener, bei denen noch keine Analyse erfolgt ist [18]
- „cystic fibrosis screen positive, inconclusive diagnosis“ (CFSPID): Chloridgehalt 30–60 mmol/L plus Nachweis nur einer Mutation in der DNA-Analyse [1]
- Diagnosesicherung mittels Messung der Chloridkanalfunktion
- Bei Patienten jeden Alters: Rektumschleimhautbiopsie („intestinal current measurement“, ICM)
- Bei Patienten ≥6 J.: Nasale Potenzialdifferenzmessung (NPD)
- Diagnosesicherung mittels Messung der Chloridkanalfunktion
Ursachen für falsch-negative Screening-Ergebnisse (IRT)
- Pankreassuffiziente Patienten
- Fehlende enterale Ernährung zum Zeitpunkt des Screenings
- Schon intrauterin erfolgte Zerstörung des Pankreasgewebes
- Nicht im Screening enthaltene CF-Mutationen
Ursachen für falsch-positive Screening-Ergebnisse (IRT)
- Stress unter der Geburt
- Niedriges Geburtsgewicht
- Frühgeburtlichkeit
Bei Kindern mit CF-verdächtigen klinischen Symptomen sollte auch bei negativem Screeningergebnis immer ein Schweißtest durchgeführt werden!
Besonderheiten für die Praxis [18]
- CF ist die erste Erkrankung, die seit Inkrafttreten des Gendiagnostikgesetzes 2010 neu aufgenommen wurde
- Unbedingt vor der Untersuchung: Ärztliche Aufklärung der Eltern und schriftliche Einverständniserklärung
- Nachteile
- Ärztliche Aufklärung notwendig: Hebammen dürfen nicht aufklären
- Liegt keine Einverständniserklärung bei Durchführung des Screenings vor, muss eine erneute Blutentnahme erfolgen
- Mögliche Konsequenzen
- Zweite Blutentnahme wird nicht angeboten oder durch die Eltern abgelehnt
- Gesamtes Neugeborenenscreening wird nach hinten verschoben
- Andere Stoffwechselerkrankungen, die einer Diagnosestellung in den ersten Lebenstagen bedürfen, werden zu spät festgestellt
- Gesamtes Screening wird vergessen und gar nicht durchgeführt
- Information über positiven Screeningbefund erhält der Einsender (meist die Geburtsklinik), der die Eltern benachrichtigt
- Initial erfahren die Eltern nicht, welcher Parameter im Screening auffällig war
- I.d.R. haben Eltern viel Informationsbedarf und sollten durch einen Kinder- oder Jugendarzt beraten werden
- Bis zum Nachweis oder Ausschluss der Diagnose sollten die betreuenden Ärzte das Kind im Auge behalten
- Wird ein positives Screeningergebnis bestätigt, kann der Befund der Mutationsanalyse beim Screeninglabor angefordert werden, was die Diagnosestellung beschleunigt
Exkurs: CF-Neugeborenenscreening international [15][18]
- In vielen Ländern schon seit Jahren durchgeführt
- IRT-DNA-Protokoll (bspw. in der Schweiz und in Tschechien)
- 1. Stufe IRT-Bestimmung, 2. Stufe DNA-Mutationsanalyse bei auffälligem IRT-Wert
- IRT-IRT-Protokoll (bspw. in Österreich und Russland)
- 1. Stufe IRT nach Geburt und nach 21 Tagen bei allen Neugeborenen
- IRT-DNA-IRT-Protokoll (bspw. in Großbritannien)
- 1. Stufe IRT-Bestimmung, 2. Stufe DNA-Mutationsanalyse bei auffälligem IRT-Wert, 3. Stufe IRT-Bestimmung bei unauffälliger Mutationsanalyse
- IRT-PAP-DNA-Protokoll (bspw. in Deutschland)
- 1. Stufe IRT-Bestimmung, 2. Stufe PAP-Bestimmung bei auffälligem IRT-Wert, 3. Stufe DNA-Mutationsanalyse bei auffälligem PAP-Wert
Patienteninformationen
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Mukoviszidose – Aus Perspektive einer Ärztin und Risikopatientin (Februar 2021)
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Mukoviszidose
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- E84.-: Zystische Fibrose
- Inklusive: Mukoviszidose
- E84.0: Zystische Fibrose mit Lungenmanifestationen
- E84.1: Zystische Fibrose mit Darmmanifestationen
- Distales intestinales Obstruktionssyndrom
- Mekoniumileus bei zystischer Fibrose† (P75*)
- Exklusive: Mekoniumileus bei ausgeschlossener zystischer Fibrose (P76.0)
- E84.8-: Zystische Fibrose mit sonstigen Manifestationen
- E84.9: Zystische Fibrose, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.